Debatte um eine Konferenz in Beirut:
Dialog mit der Hisbullah?
MEMRI Special Dispatch - 24. Februar 2004
In Beirut fand vom 17.-19.2. eine Konferenz mit
dem Titel „Die islamische Welt und Europa:
Vom
Dialog zum Verständnis“ statt. Eingeladen hatten das Deutsche
Orient-Institut, die Friedrich-Ebert-Stiftung, das britische Centre
for Study of Islam and Christian-Muslim Realtions (CSIC) und das
Consultative Center for Studies and Documentation (CCSD), ein
Thinktank der libanesischen Hisbullah, auf dessen Initiative die
Tagung stattfand.
Neben den örtlichen Organisatoren nahmen aus Deutschland
Nahost-Experten von der FES, der Stiftung Wissenschaft und Politik,
ein SPD-Parlamentarier sowie Uni-Professoren teil und diskutierten
unter anderem mit Vertretern der Hisbullah, wie Scheich Qasim oder
mit den der Hamas nahe stehenden islamistischen Vordenkern
Azzam Al-Tamimi) und Munir Shafiq.
Volker Perthes von der Stiftung Wissenschaft und
Politik räumte zwar ein, dass Vertreter der von den USA als
„terroristisch“ eingestuften Hisbullah überrepräsentiert gewesen
seien. Am Prinzip der Tagung hielt er aber fest: „Dialog ist ein
Prozess“. (www.derstandard.at/druck.asp?id=1574274). Im Gegensatz
dazu stieß die Tagung bei der Simon-Wiesenthal-Stiftung auf scharfe
Ablehnung. Die Stiftung rief zu Protesten bei Bundeskanzler Schröder
gegen die „Legitimierung antisemitischer Terroristen durch
Deutschland“ auf. Bereits am
vergangenen Mittwoch, dem zweiten Konferenztag, hatte die
libanesische Zeitung Daily Star den folgenden Bericht über die
Veranstaltung veröffentlicht:
„’Die Idee kam 2002 vom Thinktank der Hisbullah und wir haben sie
sehr begrüßt’“
„’Einen Dialog zu führen heißt, anderen zuzuhören und im Gegenzug
auf offene Ohren zu stoßen. Dabei sollten bestimmte Regeln
eingehalten werden: auf jegliche Gewalt zu verzichten und sich dem
Gegenüber respektvoll und höflich zu verhalten’, erklärte Manfred
Kropp vom Beiruter Orientinstitut [zur Einführung] einer Konferenz,
die den Dialog zwischen der islamischen Welt und Europa fördern
möchte. Die Tagung wurde von vier verschiedenen Gruppen organisiert,
was sich in der großen Bandbreite der Referenten niederschlägt. So
sitzen neben libanesischen und indonesischen Parlamentsmitgliedern
auch Akademiker verschiedener Fachbereiche und Universitäten auf dem
Podium im Beiruter Crowne Plaza Hotel.
Leslie Tramontini, wissenschaftliche Mitarbeiterin des
Orient-Instituts und Mitorganisatorin der Konferenz äußerte sich zu
den Schwierigkeiten, die vier verschiedenen Organisationen unter
einen Hut zu bringen: ‚Es wäre einfacher gewesen, wenn die Konferenz
nur durch eine Organisation ausgerichtet worden wäre.’ Außerdem
erklärte sie, dass sich die Hisbullah mit dem Vorhaben, die
Konferenz zu organisieren, zuerst an das Orient-Institut gewandt
habe: ‚Die Idee wurde 2002 vom Thinktank der Hisbullah entwickelt
und von uns sehr begrüßt. Wie könnten wir solch eine Idee nicht
begrüßen?’
In Deutschland hat die Veranstaltung inzwischen eine kontroverse
Debatte in Gang gesetzt. Ein Zeitungskommentator bezeichnete sie als
antisemitisch und kritisierte die Mitfinanzierung aus Mitteln der
deutschen Bundesregierung. Tramontini weist diesen Vorwurf zurück.
‚Es gab so viel positive Rückmeldung in Deutschland’, und in
Hinblick auf die Kritik sagte sie: ‚Ich halte das für reine
Polemik’. ‚Wir sind der Ansicht, dass es keinen Sinn hat, den Kopf
in den Sand zu stecken. Es muss einen Dialog geben.’
Die Konferenz beschäftigt sich mit Themen wie Demokratie, Widerstand
gegen die Besatzung, dem politischen Islam oder der amerikanischen
Außenpolitik, wobei die Abwesenheit amerikanischer Politiker oder
Wissenschaftler auffällig ist. Tramontini konstatiert, dass es
angesichts der Breite des Themas schwierig sei, jeden Aspekt zu
berücksichtigen. ‚Die islamische Welt ist groß und die europäische
ebenfalls. Da ist es unmöglich, alles einzubeziehen’, kommentierte
sie das Programm der nächsten zwei Tage. [...]
Samir Farah, Mitarbeiter der Friederich-Ebert-Stiftung, einer NGO,
die sich für Demokratie einsetzt und die Konferenz mitveranstaltet,
äußerte die Hoffnung, dass aus der Konferenz eine langfristige
Arbeitsgruppe entsteht: ‚Wir hoffen, dass es zu einer Art
Verständigung kommt und dass ein kontinuierliches Komitee gegründet,
welches den Dialog zwischen Islamisten und Europäern fördert’. Auch
Mohsen Salah, Mitglied des Thinktanks Consultive Center for Studies
and Documentation, welcher der Hisbullah nahe steht und die einzige
auf der Konferenz vertretene Organisation aus dem Libanon ist,
hofft, dass beide Seiten vielleicht eine neue Haltung zueinander
entwickeln könnten: ‚Wir versuchen einen neuen Ansatz. Wir versuchen
bestimmte Themen zu beleuchten, die beide Kultur- und
Bevölkerungskreise betreffen.’
Jamal al-Banna, Schriftsteller und jüngerer Bruder von Scheich
Hassan al-Banna, dem Gründer der Muslimbrüder, lobte den Geist der
Veranstaltung. ‚Ich glaube diese Konferenz ist sehr wichtig und
sollte eigentlich ein beständiges Bemühen sein. Es ist wichtig,
Brücken zwischen Islam und Christentum und Ost und West zu bauen,’
sagte Banna, der zur Demokratisierung referieren wird. ‚Eine
Konfrontation zwischen (Ost und West) bringt niemanden weiter. Es
ist ein schädliches Phänomen.’“
hagalil.com
24-02-2004 |