Absichterklärungen:
Hamas setzt dem Terror Grenzen
Die radikale Organisation beabsichtigt offenbar, ihre Anschläge auf
israelische Siedlungen zu konzentrieren
Von Thorsten Schmitz
Die radikal-islamische
Palästinenserorganisation Hamas und weitere Fatah-Milizen erwägen
einen Stopp von Selbstmordattentaten und Anschlägen auf israelische
Zivilisten – in Israel. Das meldete die Zeitung Haaretz am Montag in
großer Aufmachung. Der arabisch-israelische Parlamentsabgeordnete
Ahmed Tibi, der über hervorragende Kontakte zu
Palästinenserpräsident Jassir Arafat verfügt, bestätigte den Bericht
im Rundfunk und fügte hinzu, bereits in "wenigen Tagen" könnten
Hamas, Al-Aksa-Brigaden oder der Islamische Dschihad ein
Anschlagsmoratorium für das israelische Kerngebiet verkünden.
Erst vor drei Wochen hatte das
spirituelle Hamas-Oberhaupt Scheich Ahmed Jassin einen Gewaltstopp
in Aussicht gestellt. Wegen der Tötung des Hamas-Führers Salah
Schehade durch einen israelischen Raketenangriff in Gaza-Stadt
jedoch war Hamas von dem Gewaltverzicht wieder abgerückt. Mitglieder
des paramilitärischen Hamas-Flügels haben in den vergangenen Wochen
verheerende Anschläge in Israel, im Westjordanland und im
Gaza-Streifen verübt und "rechtfertigten" diese mit Vergeltung für
die Liquidierung Schehades.
Haaretz berichtete, Hamas habe eingesehen, dass
die Anschläge in Israel dem „Ziel“ der Bewegung mehr geschadet als
genutzt hätten, daher solle künftig der „Kampf“ auf die seit dem
Sechs-Tage-Krieg von 1967 von Israel eroberten und annektierten
Gebiete beschränkt werden. Die im Westjordanland und im
Gaza-Streifen lebenden jüdischen Siedler – 200000 in etwa 160
Siedlungen – seien ein „legitimes“ Ziel für die Hamas, die auf einen
unabhängigen palästinensischen Staat hinwirkt.
Die Absichtserklärungen von Hamas haben – wenn sie
ernst gemeint sind – historischen Charakter: Denn bislang war das
Ziel von Hamas und Islamischem Dschihad nicht etwa die Befreiung der
Palästinensergebiete von israelischen Truppen und jüdischen
Siedlern, sondern die Zerstörung Israels. Schehade, der von Israel
für Dutzende Anschläge verantwortlich gemacht und als „Mann des
Todes“ charakterisiert wird, hatte jüngst erst gesagt: „Wir
bekämpfen die Juden nicht, weil sie Juden sind, sondern weil sie
unser Land besetzen.“ Dass Juden auf dem Gebiet des früheren
Palästina ihren Staat gegründet haben, kommt nach Auffassung der
radikal-islamischen Gruppen einer Entweihung des Bodens gleich.
Hamas kämpft für einen islamischen Staat auf dem Gebiet des heutigen
Israel. Wie der aussehen könnte, praktiziert Hamas in Teilen bereits
im Gaza- Streifen, wo die Gruppe ihren Sitz hat. Es gibt dort ein
Spaßverbot wie in Iran: Alkohol, Kino, Popmusik sind strikt
verboten. Der zu Beginn der ersten Intifada 1987 gegründeten Hamas
war bislang nicht an einem Kompromiss mit Israel gelegen. Hamas
verfügt besonders im dicht besiedelten und von Armut
gekennzeichneten Gaza-Streifen über eine große Popularität, auch
weil die Gruppe ein weit verzweigtes Netz von Schulen, Kindergärten,
Jugendcamps, Kliniken und öffentlichen Lebensmittelzuteilungen
unterhält. Seitdem auch die 100000 Angestellten der Autonomiebehörde
Jassir Arafats keine oder nur unregelmäßig Löhne erhalten, sind die
Hamas-Hilfen noch populärer. Nach Informationen aus dem CIA-Handbuch
erhält Hamas finanzielle Zuwendungen aus Saudi-Arabien, Libanon,
Syrien – und auch aus dem Irak.
hagalil.com
13-08-02 |