Von Alain Finkielkraut (Schriftsteller, Philosoph, Professor an der École
polytechnique), Auszüge, Le Monde, 9.10.2001
"... Die Auftraggeber des frommen Gemetzels vom 11. September und deren
Bewunderer haben keineswegs die Sorge, dem Elend der Welt abzuhelfen
oder den Planeten zu schützen: der Treibhauseffekt ist die geringste
ihrer Sorgen. Sie hassen denn Westen nicht wegen des Hassenswerten oder
Betrüblichen an ihm, sondern wegen des Freundlichen, wegen des Besten an
ihm:
Die Zivilisation der Männer durch die Frauen und die Bindung zu
Israel.
(Herv. d. Ü.)
Das eingeschlossene Schicksal, das sie den Frauen auferlegen, die
Verachtung, in welcher sie sie halten, und die männliche Wüste ihres
Lebens macht diese nach Gott Verrückten verrückt: verrückt nach Gewalt,
verrückt nach Hass und Ressentiment gegen das europäische Händeln der
Geschlechter, gegen die Verführung, gegen die Gleichheit, gegen die
galante Konversation...
Mit der Forderung des Rückkehrrechts hat sich Yasser Arafat in die
Perspektive des allmählichen Aufgehen des jüdischen Staates in den Islam
gesetzt. Vielleicht ist es nicht zu spät. Vielleicht werden die
Protagonisten fähig sein oder gezwungen werden, sich der Logik der
Konfrontation zu entreißen, trotz der akkumulierten Verbitterung und dem
akkumulierten Misstrauen. Eins ist jedenfalls sicher: für die high tech
Fundamentalisten, die nichts so sehr wie die äußerste Eskalation
wünschen, verkörpert Amerika die Gefahr des Kompromisses, dh. den
Verzicht zugunsten des Friedens auf einen Teil Palästinas.
Daher ist es gelogen, wenn die Vehemenz des anti-amerikanischen
Ressentiments mit der ungebrochenen Unterstützung des Weißen Hauses für
die "faschistische", "kolonialistische" oder gar "völkermörderische"
Politik Israels erklärt und gerechtfertigt wird.
....Die Beladung des Namens Israel mit der Verantwortung für
Antisemitismus in seiner mörderischen Fassung sowie der Verantwortung
für den Terror, der auf amerikanischen Boden eingestürzt ist: soweit
sind wird jetzt; das ist das, was die Fortschrittlichkeit (le
progressisme) aus dem kritischen Denken getan hat..."