Nach der Verhaftung:
Was passiert mit Barguti?
Vergangene Woche hat Israel den Fatah-Führer Marwan Barguti festgenommen. Er
gilt als möglicher Nachfolger Arafats und steht in engem Kontakt zur
Al-Aksa-Brigade, die für zahlreiche Selbstmordanschläge verantwortlich ist. Aber
was nun? Was macht man mit einem palästinensischen Extremistenführer?
Die meisten sind der Meinung, daß Israel Barguti weder liquidieren noch
ausweisen, sondern ihn vor Gericht stellen und gleichzeitig eine konkrete
Friedensinitiative starten sollte. So könne man die Devise "Terroristen treffen
wir im Gerichtssaal - palästinensische Politiker am Verhandlungstisch" klar
machen.
Gleichzeitig ist die Verhaftung Bargutis, dieser Symbolgestalt des
palästinensischen Kampfes, ein Erfolg der die militärischen Operationen der
vergangenen Wochen zu rechtfertigen scheint. Das belastende Material über
Arafat, über das Barguti zumindest nach israelischem Dafürhalten verfügt, ist
einer der Hauptgründe dafür, dass er bei der Aktion 'Schutzwall' ganz oben auf
der Fahndungsliste der Armee und des israelischen Geheimdienstes Shin-Beth
stand. Doch ob er auch sprechen wird, ist natürlich etwas anderes. Doch selbst
wenn Barguti keine Aussagen macht, die Arafat belasten, ist seine Verhaftung an
sich schon ein Erfolg, weil der Mann hinter den gesamten militanten Aktivitäten
der 'Tansim' in den letzten zwei Jahren stand.
Doch es gibt auch andere Überlegungen, denn eines ist klar: Es ist viel
leichter, einen militanten palästinensischen Führer zu verhaften als ihn wieder
loszuwerden. "Barguti sollte nicht nur vor Gericht gestellt werden. Wir müssen
einen Weg finden, seine Führungsposition zu neutralisieren, um ihn nicht
jahrelang in Israel behalten zu müssen", schreibt Dan Margalit in Maariv. Er
plädiert dafür, ihn einfach wieder nach Hause zu schicken, denn wenn er in
Israel bleibt, wird er zum permanenten Problem. Und außerdem: "Was ist ein
Tansim-Führer wert, der sich von den Juden das Leben schenken lässt? Und nicht
nur das: diese Juden haben auch noch die Frechheit, nicht einmal eine Belohnung
für ihn zu verlangen. Wer wird ihm auf palästinensischer Seite glauben, dass er
nicht heimlich einen Deal mit dem Shin-Beth gemacht hat? (...) Wenn man den
Anführer einer Terrorbande einfach nach Hause schickt und dadurch seine
Irrelevanz deutlich macht, ist das sogar eine raffinierte Art der Rache, die
auch diejenigen zufriedenstellen wird, die auf eine Rache nicht verzichten
wollen."
Die Verhaftung Bargutis ist in jedem Fall ein moralischer Schlag für die
Palästinenser, die sicherlich alles unternehmen werden, um sich dafür zu rächen.
Die Verhaftung wird nicht das Ende des palästinensischen Terrors und
insbesondere der Aktivitäten der 'Tansim' bedeuten, sondern den Kampf
langfristig eher anfachen.
aue / haGalil onLine 19-04-2002 |