Kommentar von Alan M.
Dershowitz: Stellt Arafat vor Gericht
Haaretz, 02.09.2002
Übersetzung von Daniela Marcus
Gesetzesvorschriften verlangen, dass Mörder vor Gericht gestellt werden. Yassir
Arafat ist ein kaltblütiger, vorsätzlicher Mörder. Die logische Konsequenz wäre,
dass ihm der Prozess gemacht wird. Der unbestreitbare Beweis für Arafats
Beihilfe zu Mord findet sich bereits im Jahr 1973, als palästinensische
Terroristen bei einem diplomatischen Empfang in Saudi-Arabiens Botschaft in der
sudanesischen Hauptstadt Khartum zwei amerikanische und einen belgischen
Diplomaten als Geiseln nahmen.
Der amerikanische Geheimdienst hörte ein Gespräch zwischen Yassir Arafat in
Beirut und Khalil al-Wazir im Fatah-Büro in Khartum mit. Nach den Worten von
James Welch, einem amerikanischen Geheimdienstbeamten, der das Gespräch
verfolgte, war Arafat direkt in diese Operation, die den Codenamen "Nahr
al-Bard" (Kalter Fluss) trug, verwickelt.
Die amerikanische Regierung hat unwiderlegbare Beweise dafür, dass Yassir Arafat
persönlich die Ermordung der drei Diplomaten angeordnet hat, nachdem die
Amerikaner sich geweigert hatten, der Forderung der palästinensischen
Terroristen nachzukommen, die da lautete, Sirhan Sirhan, den Mörder Robert
Kennedys zu befreien. Einer der Diplomaten war der zu dieser Zeit ranghöchste
afrikanisch-amerikanische Beamte im Auslandsdienst. Die Diplomaten wurden in den
Keller der Botschaft gebracht und dort so brutal zu Tode gefoltert, dass die
zuständigen Ermittlungsbeamten hinterher nicht sagen konnten, "was schwarz und
was weiß war".
Zwei Monate später zollte Arafat diesem Mord während eines privaten Abendessens
mit Rumäniens Diktator Nicolae Ceausescu seine Anerkennung. General Ion Mihai
Pacepa, hochrangiger Beamter des rumänischen Geheimdienstes, der sich später in
die USA absetzte, war ebenfalls Gast bei diesem Abendessen. Anfang des Jahres
2002 schrieb Pacepa einen Artikel für das Wall Street Journal, in dem er
aussagte, dass Arafat damals "aufgeregt mit seiner Khartum-Operation prahlte".
Gemäß General Pacepa beanspruchte Arafat für sich auch den Verdienst für das
Massaker an israelischen Sportlern während der Olympischen Spiele im Jahr 1972.
Dies sind nur einige von den vielen Opfern –Amerikanern, Israelis und anderen-,
des Paten des palästinensischen Terrors. Wie Osama bin Laden hat auch Arafat es
deshalb auf Juden abgesehen, weil sie eben Juden sind. Zu seinen Zielen gehörten
sowohl Menschen in Europa, die sich zum Gebet in Synagogen versammelt hatten,
wie auch Kinder in Kindergärten und Schulbussen. Arafats Morden geht bis heute
weiter, genauso wie seine heuchlerische Verurteilung dieser Morde.
Man kann sich vielleicht vorstellen, wie viele unschuldige Zivilisten durch die
Schiffsladung iranischer Waffen, die von den Israelis Anfang diesen Jahres
gefunden worden war, getötet worden wären. General Pacepa schrieb im Wall Street
Journal: "Yassir Arafat ist und bleibt der gleiche blutige Terrorist, den ich
während meiner Jahre an der Spitze des rumänischen Auslandsgeheimdienstes so gut
kannte." Diese Schlussfolgerung wurde durch viele Dokumente, die von den
israelischen Verteidigungsstreitkräften während der Operation "Schutzschild"
gefunden worden waren, bestätigt.
Jeder erfahrene Ankläger, der Zugang zu den Beweisen hat –von denen manche
gegenwärtig in amerikanischen, israelischen und europäischen Geheimdienstakten
unter Gewahrsam gehalten werden- könnte einen öffentlichen Mordprozess gegen
Yassir Arafat auslösen. Wenn man die verschiedenen Optionen für Israel
betrachtet –Verbannung Arafats, weitere Verhandlungen mit ihm, sogar gezielte
Ermordung-, dann wurde der rechtlichen Option -Arafat wegen Mordes zu verhaften
und ihn mit Rechtsanwälten und Zeugen seiner Wahl vor ein öffentliches Gericht
zu stellen- bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Der Grund, warum diese Option bisher nicht ernsthaft in Betracht gezogen wurde,
ist die praktische Angst, dass eine solche Gerichtsverhandlung noch mehr Terror
und noch mehr Geißelnahmen durch Palästinenser verursachen könnte, weil diese
versuchen könnten, Arafat durch derlei Aktionen frei zu bekommen. Außerdem
könnte Arafat durch solch eine Gerichtsverhandlung für die Palästinenser -und
vielleicht auch für einige Europäer- zum Märtyrer werden.
Am Ende muss die israelische Regierung die schwere Entscheidung treffen, ob man
Arafat vor Gericht stellen soll oder nicht, indem sie die öffentliche
Verantwortung gegen die praktischen Schwierigkeiten, Gerechtigkeit zu erreichen,
abwägt. Wäre ich ein Israeli, würde ich trotz der Risiken eine öffentliche
Gerichtsverhandlung empfehlen. Die Welt sollte die unwiderlegbaren Beweise
sehen, dass Terror die Wahl der palästinensischen Autonomiebehörde ist und dass
Arafat persönlich für den Massenmord an unschuldigen Zivilisten verantwortlich
ist. Da heutzutage so viele europäische und amerikanische Akademiker nicht
bereit sind, Arafat als einen rassistischen Mörder zu betrachten, ist dies
besonders wichtig.
Ob Israel diese Option wählt oder nicht, eines ist auf alle Fälle
hundertprozentig sicher: ein fairer und öffentlicher Mordprozess gegen Arafat
würde definitiv mit dem Urteil "schuldig" enden.
Der Autor ist Professor für Rechtswissenschaft an der Harvard-Universität und
Autor zahlreicher Bücher. Kürzlich erschien "Why Terrorism Works: Understanding
the Threat, Responding to the Challenge" (Yale University Press, September
2002).
hagalil.com
02-09-02 |