Traumatischer Alltag:
Anschlag in Tel Aviv
26 Personen wurden bei der
Explosion verletzt, die sich gestern morgen am Busbahnhof von Sderot
Har-Zion im Süden Tel Avivs ereignet hatte. 17 von ihnen, darunter 3
Schwerverletzte und eine schwangere Frau, wurden ins Krankenhaus
Ichilow, 11 weitere Leichtverletzte wurden ins Krankenhaus Tel Hashomer
gebracht. Sieben weitere Personen wurden wegen Schocks ins
Wolfsson-Krankenhaus gebracht.
Der 29-jährige Sami Marsawa aus
Yaffo, der durch Splitter leicht am Bein verletzt und im
Ichilow-Krankenhaus behandelt wurde, war bereits bei dem Anschlag auf
den Bus der Linie 5 in der Dizengoff-Straße 1994 mit dem Leben davon
gekommen. "Das ist der zweite Anschlag, bei dem ich einfach Glück hatte.
Damals arbeitete ich im Café Kassit in der Dizengoff-Straße. Direkt
unter dem Dizengoff-Platz stieg ich aus dem Bus aus und die Explosion
ereignete sich einige Meter neben mir. Anscheinend ist es mein
Schicksal, Blute, Verletzte und Tote zu sehen."
Gestern morgen war er auf dem
Weg zur Arbeit am Busbahnhof. "Ich bin Araber und wohne in Yaffo, und
das betone ich. Ich bin politisch links-orientiert, und bis heute war
ich gegen den Trennzaun. Aber die Terroristen machen keinen Unterschied
zwischen Juden und Arabern. Nachdem ich gesehen habe, was bei dem
Anschlag geschehen ist, habe ich vor, einen Verein für den Zaunbau zu
gründen. Ich rufe alle arabischen Knessetmitglieder auf, ihr Amt
niederzulegen. So kann es nicht weitergehen."
Marsarwa, der in einem Bus der
Linie 42 saß, welcher sich hinter dem Bus der Linie 26 befand, neben dem
die Bombe explodierte, erzählte, dass er trotz seiner eigenen Verletzung
versuchte, anderen Verletzten vor Ort zu helfen. "Die schrecklichen
Bilder, die ich sah, werden mich noch lange verfolgen. Ich habe die
Schwerverletzte gesehen und versucht, sie zu retten und sie
wiederzubeleben, aber schnell war klar, dass sie stirbt. Dann kümmerte
ich mich um die schwangere Frau, die verletzt am Boden lag. Sie war
ungefähr im siebten Monat und stand unter Schock. Sie wusste gar nicht,
was mit ihr geschah. Ein Bein war völlig mit Blut überströmt."
Eyal Gazit, 33 Jahre alt aus
Givataim, Busfahrer der Linie 27, der in der Nähe des Anschlagsorts
vorbeifuhr, liegt mit leichten Verletzungen im Krankenhaus Tel Hashomer:
"Ich nahm Fahrgäste auf und verließ die Station um den Bus der Linie 26
zu überholen. Plötzlich hörte ich einen lauten Schlag und sah eine
schwarze Wolke. Die Fenster zersprangen und ich wusste, dass es ein
Anschlag war. Den Fahrgästen, die in Panik gerieten, sagte ich, dass sie
nicht aus dem Bus springen sollen und fuhr schnell bis zur nächsten
Kreuzung, denn ich befürchtete, dass es noch eine zweite Explosion gibt.
Dort öffnete ich dann die Türen. Ich habe mich an den Rippen und den
Ohren verletzt. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mal bei einem
Anschlag dabei sein würde. Es ist nicht meine Art Angst zu haben, aber
meine Familie hatte immer Angst davor."
Albina Natayew, 23 Jahre alt
und aus Tel Aviv, die bei dem Sicherheitsdienst einer Bank arbeitet,
erzählte, dass sie in einem Bus saß, der um 06:45 Uhr den Busbahnhof in
Richtung Ramat Aviv Gimmel verließ. "Ich saß mit meiner Tante auf dem
vorderen Sitz. Alle waren sehr ruhig, aber plötzlich hörten wir einen
lauten Schlag. Alle gerieten in Panik und flüchteten aus dem Bus. Gott
sei Dank wurde ich nur leicht verletzt, aber es gab Splitter. Draußen
fielen Menschen in Ohnmacht. Eine Frau war von Blut überströmt. Ich
versuche immer ganz vorne zu sitzen, um sehen zu können, wer einsteigt.
Ich habe nie gedacht, dass mir das passieren kann, nicht auf der Arbeit
und schon gar nicht auf dem Weg dorthin. Auch meine Tante wurde verletzt
und leidet unter Schock."
Rahamim Cohen, 63 Jahre alt,
aus Bat Yam, erzählte, dass er auf den Bus wartete, mit dem er jeden
Morgen zur Arbeit fährt: "Mit mir zusammen standen noch eine ältere Frau
und zwei Soldatinnen an der Station. Plötzlich gab es eine Explosion und
wir flogen von der Bank auf dem Bürgersteig der Station. Alle standen
unter Schock. Ich wurde von einem Splitter am Bein getroffen. Ich konnte
eine der Soldatinnen beatmen und in unserer Nähe war noch eine Verletzte
auf der Strasse und viele Soldaten kamen hinzu um zu helfen."
Dr. Micky Volk, der zuständige
Psychiater in der Abteilung für Traumageschädigte im Krankenhaus Shiba
in Tel Hashomer, sagte, dass trotz der diesmal leichten Verletzungen,
die seelischen Reaktionen der Verletzten nicht einfach sind. "Das Alter
der Verletzten reicht von 18 bis 54 Jahren. Jeder reagiert anders auf
einen Anschlag. Einer gefriert, wählt die Stille und zieht sich nach
innen zurück, andere stottern nach dem Anschlag und wieder andere werden
übermäßig redselig. Bei einem gewissen Prozentsatz der Verletzten
verschwinden die schweren seelischen Reaktionen auf den Anschlag nach
einigen Tagen, aber manche leiden auch noch lange Zeit danach unter dem
Trauma. Im Allgemeinen empfehle ich in den ersten Tagen viel Wärme und
Zuneigung durch die nächste Umgebung und danach sollte versucht werden,
wieder alle üblichen Tätigkeiten aufzunehmen, die man vor dem Anschlag
getan hat."
Quelle: y-net
© Botschaft des Staates Israel
hagalil.com
13-07-2004 |