Israelische Armee:
Abbas könnte mehr gegen den Terror tun
Nachrichtenartikel von Amos Harel, Ha'aretz,
14.01.2005
Übersetzung Daniela Marcus
Die israelische Verteidigungsarmee (IDF) ist
enttäuscht von der Haltung des kürzlich gewählten Vorsitzenden der
palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmoud Abbas (Abu Mazen),
gegenüber den palästinensischen Terrororganisationen.
"Abu Mazen muss die Dinge sofort in die Hand
nehmen", sagte ein ranghoher Offizier des israelischen Generalstabs
gestern gegenüber Ha'aretz. "Vor den Wahlen sagten die Palästinenser
uns, er würde versuchen, Ruhe über den Dialog zu erreichen. Dies
funktionierte jedoch nicht. Mittlerweile sind die Wahlen vorbei,
doch der Terror geht weiter wie gewöhnlich, und die PA hat noch
nichts getan." Diese Aussagen wurden vor dem Anschlag am
Donnerstagabend gemacht.
Angesichts der Vorfälle in den Territorien, die
sich in den letzten Tagen ereignet hatten und angesichts des
Selbstmordanschlages am Karni-Übergang, scheint es, dass Abbas’
Wahlsieg keinen bedeutenden Einfluss hat. Abbas warb für seine Wahl
unter anderem mit dem Argument, die bewaffnete Intifada habe versagt
und es sei nötig, wieder diplomatische Beziehungen zu Israel
aufzunehmen.
Die IDF hat ihrerseits das Vordringen in
Territorium der PA wieder aufgenommen, nachdem sie dieses wegen der
Wahl in den Territorien unterbrochen hatte. Während mehrerer
Operationen zur Gefangennahme von Terroristen wurden seit der Wahl
zwei bewaffnete Hamasmänner bei Ramallah getötet, und bei einem
Zwischenfall in Tul Karm wurde ein Fatahmann getötet, der auf einen
Polizeioffizier geschossen hatte.
Ein anderer ranghoher IDF-Offizier sagte: "Unsere
größte Sorge ist, dass die Welt Abu Mazen das Argument abkaufen
wird, er sei zu schwach um gegen den Terror vorzugehen. Wir können
nicht Monate lang warten bis er handelt. Die Zeit für entschiedene
Statements seinerseits ist gekommen. Diese Erwartung haben wir auch
für den palästinensischen Sicherheitsmechanismus, der bereit ist zu
handeln, jedoch auf Befehle des PA-Vorsitzenden wartet."
Der Offizier äußerte sein Vertrauen, dass ein
entschiedener Standpunkt des neuen Vorsitzenden fähig sein werde,
Ruhe in die Territorien zu bringen und die Terrororganisationen –vor
allem Hamas- zwingen werde, ihre Anschläge zu beenden.
"Die PA hat nun den Weg des Dialogs mit der Hamas
über eine Feuerpause eingeschlagen, doch dieser Weg wird nicht in
Höchstgeschwindigkeit beschritten", fügte der Offizier hinzu.
Israel verlangt nicht unbedingt, dass die PA eine
Welle der Verhaftungen oder der Konfiszierung von Waffen durchführt.
Die IDF ist jedoch der Meinung, Abbas könne gewisse Schritte
unternehmen.
Militärische Quellen sagen, Abbas solle z. B.
einen klaren Befehl aussprechen, die Hetze in offiziellen Medien der
PA zu beenden. Er sollte das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit
verbieten. Und er sollte das Abschießen von Kassam-Raketen
verhindern.
"Die Wahlen sind vorbei. Nun ist es Zeit zu
handeln", sagte der ranghohe IDF-Offizier. "Bisher wurde nichts
getan. Doch es ist klar, dass wir nicht eine Anzahl von Wochen ruhig
warten können, während die Kassam-Raketen weiter auf uns fallen."
Die relative Vorsicht, mit der Israel seine
offensiven Operationen im Gazastreifen vornimmt ist von einem Faktor
abhängig: die Kassam-Raketen verursachen vergleichsweise geringe
Verletzungen und Schäden. Die IDF ist jedoch in Vorbereitung auf
eine massive Operation gegen Raketen- und Granatbeschuss, sollte
diese nötig sein.
Während diplomatischer Gespräche mit der PA haben
Israels Vertreter versucht, Abu Mazen zu ermutigen, bald die
Verantwortung über einige –eventuell sogar alle- Westbankstädte zu
übernehmen. IDF-Offizielle haben diesen Vorschlag zum Teil
unterstützt, obwohl es Offiziere gibt, die der Meinung sind, es sei
zu gefährlich, den palästinensischen Sicherheitsorganisationen eine
zu hohe Herausforderung aufzuerlegen und dadurch deren Versagen zu
riskieren.
Ein anderer Vorschlag von eben diesen Offizieren
läuft darauf hinaus, den Palästinensern zunächst einfachere Aufgaben
zu übertragen, ohne ihnen die Kontrolle über die Städte geben. Unter
den Aufgaben, die sie vorschlugen, waren die Umsetzung des Verbotes,
Waffen in der Öffentlichkeit zu tragen, und der Aufbau eines
funktionieren Justizsystems.
hagalil.com
14-01-2005 |