"Der beste Deal unter diesen Umständen":
Gefangenenaustausch mit der Hisbollah
Verteidigungsminister
Mofaz: Es ist so wahrscheinlich wie noch nie, Informationen über den
Verbleib von Ron Arad zu erhalten
Von Haaretz Korrespondenten, dem Haaretz
Service und der Associated Press
"Israel ist seinem Ziel näher denn je,
Informationen über den Verbleib von Ron Arad zu erhalten." sagte
Verteidigungsminister Shaul Mofaz am Sonntag in Bezug auf das
Flugzeugbesatzungsmitglied, dessen Maschine im Oktober 1986 über dem
Libanon abgeschossen worden war und der nicht im Gefangenenaustausch
mit der Hisbollah eingeschlossen ist.
Mofaz sagte in einer Rede vor dem Industrieverband
in Tel Aviv, dass ungeachtet der Tatsache, dass der
Gefangenenaustausch mit der Hisbollah in den nächsten Tagen
vonstatten gehe, Israel nicht in seinen Anstrengungen nachlassen
werde, alle verschollenen Israelis nach Hause zu bringen.
"Das ist der beste Deal, den wir unter den
gegebenen Umständen bekommen konnten", sagte Mofaz. Er fügte hinzu,
dass trotz des hohen Preises, den Israel bezahlt, er der Familie von
Arad und den Einwohnern Israels in die Augen sehen könne und ihnen
sagen könne, wir haben alles Menschenmögliche versucht."
Sheikh Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der
Hisbollah, bestätigte Sonntag, dass die Übergabe am Donnerstag
stattfinden werde. Hisbollah wird den Geschäftsmann Elhanan
Tennenbaum und die Leichen von Omar Suwad, Benny Avraham und Adi
Avitan an Israel übergeben.
Berichte über den Abschluss dieser Phase des
Handels wurden Samstag durch Israel, Hisbollah und den deutschen
Vermittler Ernest Uhrlau bestätigt.
Nasrallah meinte, dass weitere Gespräche geplant
seien über die Freilassung von Samir Kuntar, der den israelischen
Polizisten Eliyahu Shahar und drei Mitglieder der Familie Haran
getötet hat. Diese werden im Anschluss an die erste Etappe des
Austauschs stattfinden.
"Nach Donnerstag und Freitag werden keine
libanesischen Gefangenen mehr in israelischen Gefängnissen
einsitzen." sagte Nasrallah Reportern in Beirut. "Aber damit ist es
noch nicht getan, und die zweite Etappe wird sehr wichtig sein."
Nasrallah gab bekannt, dass er ein Komitee zu
bilden gedenkt, das Informationen über Ron Arad und iranische
Diplomaten, die ebenfalls seit 1982 im Libanon verschollen sind,
beschaffen soll und dass weitere Gefangene in der zweiten Phase des
Austauschs freikommen würden.
"Jede positive Entwicklung im Fall Ron Arad wird
den Weg für weitere Entlassungen von Palästinensern und Arabern
ebnen", sagte er.
Früher am selben Tag sagte Premier Sharon, dass
die Regierung die "richtige, moralische und verantwortungsbewusste
Entscheidung" mit der Freilassung von über 30 Libanesen und 400
Palästinensern im Austausch für die angesprochenen Leichen der drei
Soldaten, die im Oktober 2000 gekidnappt worden waren und dem
erwähnten israelischen Geschäftsmann getroffen habe.
Israel wird 23 libanesische Häftlinge, unter ihnen
die Guerillaführer Mustafa Dirani und Abdel Karim Obeid, fünf Syrer,
drei Marokkaner, drei Sudanesen und einen Libyer entlassen.
Ebenso werden 400 Palästinenser freigelassen und
dem Libanon Informationen über den Verbleib von 24 libanesischen
Vermissten erteilt und die Leichen von 59 gefallenen Libanesen
übergeben. Karten der israelischen Armee über Minenfelder an der
Grenze werden ebenfalls ausgehändigt.
Laut Abkommen wird Kuntar, dessen angesprochene
vier Morde alle in Nahariya stattfanden, nur dann freikommen, wenn
Israel entscheidende Informationen über den Luftwaffensoldaten Arad
erhält.
Nasrallah sagte, dass die Suche nach Arad im
Interesse von Hisbollah liege. Er vertrat laut Israel Radio die
Auffassung, dass die zweite Phase des Deals wichtiger als die erste
sei.
Nasrallah ersuchte die gesamte arabische Welt, ihn
über Araber in israelischer Haft zu informieren, damit er ihre
Freilassung erwirken könne. Am Samstag versprach er Kuntars Familie,
dass er am 22. April freikommen werde. Am exakt gleichen Tag des
Jahres 1979 hatte Kuntar die drei Mitglieder der Familie Haran
ermordet.
Unterdessen präsentierte am Sonntag
Verhandlungsführer Brigadegeneral (der Reserve) Ilan Biran den
Ministern die Details des Austauschs. Die Kabinettsmitglieder waren
zwar schon telefonisch informiert, aber noch nicht um ihre
Zustimmung ersucht worden.
Das Kabinett stimmte mit 14 zu 3 dafür, noch zwei
weitere Gefangene freizulassen, deren Namen vorher noch nicht
abgesegnet worden waren, unter ihnen der Deutsche Stephan Smyrek,
der beschuldigt wird, als Islamist Anschläge auf Israel geplant zu
haben.
Israel wird am Dienstag eine Liste von 48
Gefangenen veröffentlichen, die es freizulasssen gedenkt, 48 Stunden
vor dem Austausch, um Petitionen vor dem Bundesgericht gegen den
Deal zu ermöglichen.
Israel wird die freigelassenen Gefangenen nach
Deutschland ausfliegen, und eine deutsche Maschine Tennenbaum und
die Leichen der Soldaten im Libanon abholen.
Vor dem Austausch wird Tennenbaum mit einem
deutschen Vertreter zusammentreffen und Israel wird Gebissabdrücke
und andere Gegenstände zur Identifizierung erhalten, um die
Identität der Leichen sicherzustellen. Sharon und Mofaz haben
beschlossen, eine Militärzeremonie zu Ehren der drei toten Soldaten
abzuhalten, die Rückkehr Tennenbaums wird dagegen nicht von
irgendeiner offiziellen Zeremonie begleitet.
Laut israelischen Quellen war eine grundsätzliche
Übereinkunft schon vor drei Wochen erzielt worden, als Hisbollah der
israelischen Forderung zustimmte, Kuntar nicht ohne Informationen
über Arad freizulassen.
Vorher waren die Verhandlungen im November
gescheitert, als sich Israel geweigert hatte, Kuntar gehen zu
lassen.
Das Kabinett hatte am 9. Oktober mit knapper
Mehrheit dem Austausch zugestimmt. Damals war auch die Freilassung
der schon erwähnten 400 Palästinenser und mehrerer Dutzend
Libanesen, Syrer, Marokkaner, Sudanesen und Libyer sowie die
Übergabe der libanesischen Leichen und Informationen über vermisste
Libanesen genehmigt worden.
Übersetzung H. Waldenberger
Anmerkung des Übersetzers: Der Text wurde leicht gekürzt, um
Redundanzen zu vermeiden
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26-01-2004 |