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Kompromiss ohne Partner

Der saudi-arabische Verhandlungsvorschlag könnte zu einer Deeskalation des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern beitragen. Trotz der jüngsten Anschlagserie.

von andré anchuelo

Der Krieg zwischen Israel und den Palästinensern nimmt immer heftigere Formen an. Nachdem die nationalistischen und islamistischen Palästinenserorganisationen noch Mitte Februar von Terroranschlägen auf Zivilisten abzurücken schienen, starben bereits zwei Wochen später bei Attentaten in Jerusalem und Tel Aviv wieder 22 Menschen. Verantwortlich waren neben den radikal-islamistischen Organisationen Hamas und Jihad auch Einheiten der mit Yassir Arafats Fatah verbundenen al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden und Tanzim-Milizen.

Ein Ende des Terrors ist nicht in Sicht. Samstagnacht wurden bei einem Selbstmordattentat vor dem Moment-Café in Jerusalem mindestens elf Israelis getötet. Gleichzeitig ging der palästinensische Guerillakrieg in der Westbank und im Gaza-Streifen weiter. Ziel der Attacken waren neben israelischen Soldaten auch dort wieder israelische Zivilisten.

Doch auch die Aktionen der israelischen Armee werden immer härter. Beim Vorrücken in mehrere palästinensische Ortschaften und Flüchtlingslager im Westjordanland kamen allein am vergangenen Freitag fast 50 Menschen ums Leben. Der Anteil der Zivilisten unter den Ermordeten wächst beständig. So starben innerhalb von zwei Wochen weit über 100 Menschen, Israelis und Palästinenser. Nach Angaben der israelischen Tageszeitung Ha'aretz sind damit seit Beginn der so genannten Al-Aqsa-Intifada mehr als 1 000 Palästinenser ums Leben gekommen. Auf israelischer Seite sind mehr als 300 Opfer zu beklagen.

Auch fällt es der israelischen Armee immer schwerer, bei ihren Angriffen zwischen Kombattanten und Zivilisten klar zu unterscheiden. Dass bei der Offensive auch die Insassen von Krankenwagen des Roten Halbmondes getötet bzw. verletzt wurden und in Tulkarem ein Uno-Mitarbeiter ums Leben kam, löste selbst in Washington Widerspruch aus: »Zivilisten sollten nicht zu Zielen werden«, sagte US-Außenamtssprecher Richard Boucher. »Den Palästinensern den Krieg erklären und denken, man könne das Problem lösen, indem man prüft, wie viele Palästinenser man töten kann, führt meiner Meinung nach zu nichts«, kritisierte US-Außenminister Colin Powell entsprechende Äußerungen des israelischen Premiers Ariel Sharon. Dieser hatte im israelischen Fernsehen gesagt, dass man den Palästinensern einen sehr schweren Schlag versetzen müsse, bevor man über Frieden reden könne.

Inzwischen diskutieren in- und ausländische Beobachter der israelischen Politik, ob Sharons Strategie nicht eher von Strategielosigkeit geprägt ist oder ob man vielmehr Israels Regierungschef wörtlich nehmen muss: Das hieße, wie auch Powells Kritik suggeriert, in absehbarer Zeit neue Verhandlungen aufzunehmen, davor aber noch ein paar Rechnungen zu begleichen.

Für die erste Möglichkeit spricht einiges. So fragen sich inzwischen selbst israelische Konservative, ob Sharon irgendein langfristiges Ziel verfolgt. Auch der US-Thinktank Stratfor meint, dem Ex-General gingen die Optionen aus und er müsse sich bald für eine klarere Strategie entscheiden. Anderenfalls würde er bald sein Amt verlieren.

Denn die Vertreter beider Flügel seiner Koalition treiben ihn immer weiter in die Enge. Seine Koalitionspartner von der extremen Rechten fordern offensiver als je zuvor, die Autonomiegebiete komplett zurückzuerobern und Yassir Arafat loszuwerden - auf welche Weise auch immer. Sharon dürfte klug genug sein zu erkennen, dass diese Option einem militärischen wie auch außenpolitischen Alptraum gleichkäme. Die vollständige Wiederbesetzung von Westbank und Gaza würde schließlich nur der fortschreitenden Libanisierung Vorschub leisten. Und mit der Entmachtung des Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) würde man auch die USA gegen sich aufbringen - von Brüssel, Berlin und Paris ganz zu schweigen.

Angesichts dessen ist der wiederholte Raketenbeschuss von Teilen des PA-Hauptquartiers in Ramallah, in dem Arafat weiterhin mehr oder weniger festsitzt, mehr als gewagt. So schlug letzte Woche eine israelische Rakete an einer Stelle des Gebäudekomplexes ein, die nur 15 Meter entfernt von Arafats Büro lag, der sich dort gerade zu einem Treffen mit dem EU-Nahost-Gesandten Miguel Moratinos aufhielt.

Währenddessen bringt auch der linke Flügel seiner Koalition Sharon weiter in Bedrängnis. Die Forderungen nach einem Ausstieg aus der Regierung werden in der Labor-Partei immer lauter. Zwar konnte der derzeitige Labor-Vorsitzende, Verteidigungsminister Benyamin Ben-Eliezer, vorerst einen entsprechenden Beschluss abwenden. Doch die Gegner eines Regierungsverbleibs haben begonnen, ihre Kräfte zu sammeln. Vor allem der Parteilinke Yossi Beilin und der wichtigste Vertreter der Bewegung für einen einseitigen israelischen Rückzug aus dem größten Teil der besetzten Gebiete, Chaim Ramon, werden wohl nicht mehr lange zusehen, wie ihre Partei bei Umfragen an Bedeutung verliert.

Derweil hat auch Sharon in den letzten Umfragen stark an Zuspruch eingebüßt. Inzwischen liegt er hinter seinem härtesten innerparteilichen Widersacher, Ex-Premier Benyamin Netanyahu.

Doch auch für die andere These - ein letztes heftiges Aufflammen der Kämpfe vor der Rückkehr an den Verhandlungstisch - gibt es gute Argumente. Sie ergeben sich hauptsächlich aus der gegenwärtigen politischen Gemengelage im Nahen Osten. Angesichts der dort zu erwartenden Fortsetzung ihres »Anti-Terror-Krieges« überprüfen die USA derzeit ihre Liste von Freunden und Feinden in der Region. Iran und Irak sind von George W. Bush offiziell zu Achsenmächten »des Bösen« erklärt worden.

Allerdings ist noch nicht ausgemacht, ob es sich im Falle des Iran nicht eher um einen Staat handelt, dem Washington den erhobenen Zeigefinger zeigt, der aber möglicherweise sogar kooperationsbereit ist (Jungle World, 8/02). Israel, Ägypten, Jordanien und einige kleinere Golfstaaten sind und bleiben enge Verbündete der USA. Syrien gilt schon länger als »Schurkenstaat«, steht aber aktuell nicht oben auf der Liste.

Übrig bleibt Saudi-Arabien, das den USA bislang als militärischer Verbündeter und zuverlässiger Öllieferant galt. Doch in der Folge des 11. September hat die Bush-Administration die Verbindungen des saudischen Regimes zu radikal-islamistischen Organisationen bis hin zum obskuren Verhältnis zu bin Ladens al-Qaida ins Visier genommen. Angesichts des allgemeinen politischen und ökonomischen Verfalls der Saud-Dynastie und der großen Popularität bin Ladens in seinem Herkunftsland ist auch die Sicherung des Ölflusses zunehmend in Frage gestellt.

Nicht zuletzt um den Zweifeln an der Verlässlichkeit Saudi-Arabiens entgegenzutreten, dürfte der regierende Kronprinz Abdullah Mitte Februar einen Vorschlag zur Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts gemacht haben, der seither als »saudischer Friedensplan« durch die Gazetten geistert. Inhaltlich besagt er nichts wesentlich Neues. Er stützt sich auf das seit der Uno-Sicherheitsratsresolution 242 bekannte Prinzip »Land gegen Frieden«. Demnach soll Israel für den Rückzug aus den 1967 besetzten Gebieten die diplomatische Anerkennung und Garantien für seine Sicherheit von den arabischen Staaten bekommen. Indessen hat Saudi-Arabien bereits klargemacht, dass Voraussetzung dafür eine Einigung zwischen Israelis und Palästinensern ist und man in Riad keineswegs vorhat, sich in derartige Verhandlungen einzumischen.

Trotzdem können die Reaktionen aus den USA und Israel sowie aus Ägypten und Jordanien als zurückhaltend und freundlich interpretiert werden. Der erste Schritt zum Imagewandel ist Abdullah damit gelungen.

Skeptisch bis ablehnend hingegen sind die Reaktionen aus Syrien, dem Irak, Iran und Libyen. Während sich Damaskus zunächst vor allem darum sorgte, ob auch die von Israel 1967 besetzten syrischen Golan-Höhen Bestandteil des Planes sind, sehen Libyen und vor allem der Irak in dem saudischen Vorschlag einen Verrat am antizionistischen Ideal. Dies wurde bei einem Treffen der arabischen Außenminister am vergangenen Wochenende in Kairo deutlich.

Trotz des altbekannten Inhalts kann die saudische Initiative aber möglicherweise noch mehr bewirken. Sie könnte den Kräften in der israelischen Gesellschaft und in Washington helfen, die einen auf Ausgleich basierenden Kompromiss zwischen Israelis und Palästinensern anstreben. Denn erstmals ist von einem bisher stramm antizionistisch in Erscheinung getretenen Regime die Unterstützung eines solchen Ausgleichs in Aussicht gestellt worden.

Das Weitere könnte jetzt die US-Regierung in die Wege leiten, die vergangenes Wochenende beide Konfliktparteien zur Umsetzung des Tenet-Planes aufforderte. Wenn George W. Bush in Kürze wieder seinen Unterhändler Anthony Zinni in die Region entsendet, muss er ein Fiasko wie bei dessen letzter Mission unbedingt vermeiden. Schließlich muss Bush auch in der arabischen Welt, in der die USA als proisraelisch gelten, Imagepflege betreiben.

So ist Ariel Sharon am vergangenen Freitag vermutlich nicht ganz freiwillig von seiner bislang nicht verhandelbaren Bedingung - sieben Tage absolute Waffenruhe - abgerückt. Ha'aretz zufolge handelte es sich dabei um eine »taktische Konzession« unter dem Druck der USA und von Verteidigungsminister Ben-Eliezer.

haGalil onLine 06-03-2002

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