Um mehr als nur Geld:
Suha Arafats Geschimpfe
Von Danny Rubinstein, Ha'aretz, 09.11.2004
Übersetzung Daniela Marcus
Suha Arafat war immer machthungrig. Sie war es
schon im Jahr 1989, als sie im Alter von 26 Jahren begann, in
Arafats Büro in Tunis zu arbeiten. Und sie blieb es auch während der
wenigen Jahre, die sie an der Seite des Ra'is verbrachte.
Mit ihrem hysterischen Aufruf über den arabischen
Sender Al Dschasira beglich Suha Arafat eine alte Rechnung und nahm
Rache an den Leuten –angeführt von Mahmoud Abbas (Abu Mazen)-, von
denen sie glaubt, sie wollen ihr die politische Macht an Arafats
Seite nehmen. Es war Mahmoud Abbas, der ihr die größte Demütigung
zufügte, als er sein Erscheinen bei den Feierlichkeiten im Weißen
Haus anlässlich der Unterzeichnung der Oslo-Vereinbarungen von ihrem
Fernbleiben abhängig machte. Sie fügte sich und nahm an den
Feierlichkeiten nicht teil. Und sie blieb auch vielen anderen
Veranstaltungen fern, wenn Abu Mazen oder eine der anderen ranghohen
Personen der palästinensischen Autonomiebehörde (PA) ihr Erscheinen
nicht billigte.
Suha Arafat wurde 1963 geboren. Somit ist sie 34
Jahre jünger als Jassir Arafat. Sie stammt aus einer christlichen
Familie. Ihr Vater war Daoud Tawil, ein wohlhabender Bankier, der
seine Geschäfte in der Westbank und in Jordanien tätigte. Ihre
Mutter Ramonda stammt aus der Hawa-Familie in Akko. Sie sind
bekannte Grundstückbesitzer in der Region von Haifa. Nach 1967 wurde
Ramonda in den Territorien politisch aktiv. Doch die Tatsache, dass
sich eine attraktive Frau wie sie in der Öffentlichkeit mit
Auslandskorrespondenten traf, verschaffte ihr in der traditionellen
palästinensischen Gesellschaft keinen guten Ruf. Sie wurde mehrere
Male von den Israelis verhaftet und wurde zum Medienstar. Ihre
Tochter Suha, die in Ramallah aufwuchs, kam unter den Einfluss der
politischen Aktivitäten, die ihre Mutter in den 1970er Jahren von
ihrer Nachrichtenagentur in Ostjerusalem aus dirigierte – eine
Nachrichtenagentur, die von der PLO beeinflusst war.
Im Alter von 18 Jahren wurde Suha zum Studium nach
Paris geschickt. Dort wohnte sie bei ihrer älteren Schwester, die
mit Ibrahim Souss, dem damaligen Gesandten der PLO in Frankreich,
verheiratet war. In den Jahren 1987 und 1988 traf Suha Jassir Arafat
mehrere Male. Sie half seinen Besuch in Paris im Jahr 1989 zu
organisieren. Danach ging sie nach Tunis, um in seinem Büro zu
arbeiten.
Bald begann das Gerede, wonach Arafat und Suha ein
Liebespaar seien. Im Sommer 1990 heirateten der 61jährige und die
27jährige heimlich. Die Christin Suha wurde Moslemin – "für
politische Zwecke", wie sie später sagte. Viele bemerkten zynisch,
dass sie ihr gestriges Statement bei Al Dschasira mit der
zweimaligen Aussage "Allahu akhbar" (Gott ist groß) beendete.
Nach allem, was man hört, war die Eheschließung
seltsam. Suha hofierte Arafat und initiierte die Beziehung und die
Trauung. Ihre Eltern waren dagegen, doch Arafat gab ihr nach.
Nachdem die meisten seiner Fatah-Gründungspartner getötet worden
oder eines natürlichen Todes gestorben waren oder sich von der
Revolution zurückgezogen hatten, fühlte er sich an der Spitze
einsam.
Diejenigen, die zurück geblieben waren, allen
voran Abu Mazen, lehnten den Gedanken einer Eheschließung Arafats ab
und leiteten eine Kampagne gegen Suha ein. Über Jahrzehnte hinweg
hatte sich die palästinensische Propagandamaschine um das Bild eines
kämpfenden, herumziehenden Helden ohne Heimat und gekleidet in
Lumpen gedreht. Durch dieses Bild sollten die Palästinenser
symbolisiert werden. Und nun war Arafat plötzlich mit einer jungen
blonden Frau verheiratet, die die neuste französische Mode trug. Als
ob das noch nicht genug wäre, war sie obendrein noch Christin, und
ihre Welt bestand nicht nur aus Kultur, sondern auch aus
Kaffeegesellschaften, Nachtclubs, Tanz und europäischen Stränden.
Die ehrgeizige Suha drängte sich der PLO-Führung
auf. Ihre Familie ließ die Tatsache der heimlichen Hochzeit an die
Medien durchsickern, weil sie das Gelächter und den Tratsch über die
Mätresse des Führers nicht mehr aushielt. Als Suha zu einem späteren
Zeitpunkt zu ihrer Ehe befragt wurde, gab sie zu, dass sie Arafat
hineingedrängt hatte. In einem seltenen gemeinsamen Interview, bei
dem er sagte, ihre Heirat sei Schicksal gewesen, warf sie
dazwischen: "Es war nicht Schicksal, es war Liebe."
Der Lebensstil des Ra'is wandelte sich nach der
Hochzeit kaum. Er verbrachte weiterhin den größten Teil seines
Lebens –inklusive der Nächte- in seinen Büros, entweder in Gaza oder
in Ramallah. Und Suha war gezwungen, sich den Forderungen der
ranghohen Palästinenser zu ergeben und sich von vielen politischen
Aktivitäten fernzuhalten.
Am 24. Juli 1995 wurde ihre Tochter Zahwa geboren,
benannt nach Arafats Mutter. Suha gebar das Kind in Paris. Sie
begann mehr und mehr Zeit in der französischen Hauptstadt zu
verbringen und sich von den Territorien fern zu halten.
Sie ging nicht zu Arafats 70. Geburtstagsfeier im
Jahr 1999. Der Bruch zwischen den beiden wurde öffentlich bekannt.
Es gab für die Krise in ihrer Beziehung auch einen finanziellen
Hintergrund, da sie in den Erhalt wirtschaftlicher Franchisen in der
PA für ihre Freunde verwickelt war.
Arafats Finanzberater, Mohammed Rashid, handelte
ein finanzielles Arrangement zwischen Arafat und seiner Frau aus,
was wiederum zum Bruch zwischen Suha und Rashid führte. Trotz der
Reden, nach denen sie Millionen verschwenden soll, fuhr Suha all die
Jahre fort zu klagen, dass das Geld, das sie erhielt, nicht genug
für die Führung ihres Haushalts sei. Bei einer Anzahl von
Gelegenheiten sagte sie, sie sei besorgt darüber, dass sie nach
Arafats Tod ohne einen Cent zurückbleiben werde.
Es ist schwer zu glauben, dass Suhas seltsames
Benehmen bezüglich Arafats Sterbebett nur mit Geld zu tun haben
soll. Mehr als alles andere kann es auch als die Rache einer Frau an
der PA-Führung verstanden werden, wegen all der Jahre, in denen Suha
von ihr verachtet worden war. Anscheinend geschah ihr Ausbruch genau
zu der Zeit, als sie erfuhr, dass Abu Mazen und weitere
Palästinenser, die sie so sehr hasst, auf ihrem Weg nach Paris
seien, um sie endgültig aus der Nähe des Ra'is zu entfernen.
hagalil.com
09-11-2004 |