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al ahram - aegypten
MEMRI Special Dispatch – 09. Oktober 2002

Edward Said:
‘Arafat wird jetzt dazu gebracht, sich als ein vom Staat der Juden gejagter Jude zu fühlen’

Der US-amerikanisch-palästinenische Literaturwissenschaftler Edward Said veröffentlichte kürzlich einen Artikel in zwei überregional erscheinenden Zeitungen, in dem er Parallelen zwischen der Machtlosigkeit der europäischen Juden in den 40er Jahren und der palästinensischen Bevölkerung der Westbank und des Gazastreifen behauptet. Said ist mehrfach mit Artikeln an die Öffentlichkeit getreten, in denen er sich gegen Leugnungen des Holocaust aussprach. Seine Anerkennung des Holocaust als historische Tatsache begründet er auch damit, dass dieser eine Grundlage für  Forderungen der palästinensischen Bevölkerung darstelle, die er ‚als Opfer der Opfer’ des Holocaust bezeichnet.

Der Artikel, den er „Tiefpunkt der Machtlosigkeit“ übertitelte, erschien am 26.09.2002 auf Englisch in der ägyptischen Wochenzeitung al-Ahram Weekly sowie am 30.09.2002 auf Arabisch in der Londoner Tageszeitung al-Hayat. Die folgende Übersetzung basiert auf dem zuerst erschienenden englischen Text, der sich in einigen wenigen Formulierungen vom arabischen Text unterscheidet:

„Vor sechzig Jagen befanden sich die Juden Europas am Tiefpunkt ihrer kollektiven Existenz. Wie Vieh wurden sie in Waggons getrieben und aus ganz Europa von Nazi-Soldaten in Lager des Todes transportiert, in denen sie in Gasöfen systematisch vernichtet wurden. In Polen boten sie einigen Widerstand, in den meisten Orten aber verloren sie zuerst ihre Bürgerrechte, wurden aus ihren Berufen entlassen, zum offiziellen Feind ernannt, der vernichtet werden müsse - was sie dann auch wurden. In jeder erdenklichen Hinsicht waren sie das machtloseste Volk, das von Führern und Armeen, deren eigene Macht weit, weit größer war, als heimtückischer und potenziell überwältigender Feind behandelt wurde. In der Tat, allein die Idee, Juden seien eine Gefahr für die Macht von Ländern wie Deutschland, Frankreich und Italien, war absurd. Aber sie wurde akzeptiert, denn von ein paar Ausnahmen abgesehen drehten sich die meisten Länder Europas weg, als man sie abschlachtete. Es ist nur eine der Ironien der Geschichte, dass das Wort, was im grässlichen offiziellen Jargon des Faschismus am häufigsten zu ihrer Beschreibung verwendet wurde, das Wort ‚Terroristen’ war, so wie die Algerier und Vietnamesen später von ihren Feinden ‚Terroristen’ genannt wurden.

Jede menschliche Katastrophe ist anders, deswegen macht es keinen Sinn, nach Entsprechungen zwischen der einen und der anderen zu suchen. Aber es ist sicherlich richtig, dass die universelle Wahrheit über den Holocaust nicht nur darin besteht, es dürfe den Juden nie wieder widerfahren, sondern darin, dass es als grausame und tragische kollektive Bestrafung überhaupt keinem Volk passieren dürfe. Auch wenn es keinen Sinn macht, nach Entsprechungen zu suchen, so ist es doch sinnvoll, Analogien oder versteckte Ähnlichkeiten auszumachen, selbst wenn wir dabei die Dimensionen im Kopf behalten.

Ganz unabhängig von seiner realen Geschichte von Fehlern und Misswirtschaft wird Yasser Arafat jetzt dazu gebracht, sich als ein vom Staat der Juden gejagter Jude zu fühlen. Es lässt sich nicht bestreiten, dass die größte Ironie der Belagerung seines zerstörten Sitzes in Ramallah durch die israelische Armee darin besteht, dass sein Martyrium von einem psychopatischen Politiker, der für sich in Anspruch nimmt, das jüdische Volk zu repräsentieren, geplant und ausgeführt wird. Ich will diese Analogie nicht zu weit treiben, aber es ist richtig zu behaupten, dass die Palästinenser unter israelischer Besatzung heute ebenso machtlos sind, wie es die Juden in den 40er Jahren waren. Israels Armee, die Luftwaffe und die Marine, von den USA finanziell stark unterstützt, brachten Verwüstung über die völlig wehrlose zivile Bevölkerung der besetzten Westbank und des Gazastreifen.

Das letzte halbe Jahrhundert waren die Palästinenser ein enteignetes Volk, Millionen von ihnen Flüchtlinge, die meisten anderen unter einer 35jährigen Militärbesatzung, abhängig von der Gnade bewaffneter Siedler, die ihr Land systematisch stahlen und von einer Armee, die die Palästinenser zu Tausenden tötete. Tausende sind in Gefängnissen, Tausende verloren ihre Existenzgrundlage und wurden zum zweiten oder dritten Male zu Flüchtlingen, jeder von ihnen ohne Bürger- oder Menschenrechte.

Und dennoch behauptet Sharon, Israel kämpfe um sein Überleben gegen den palästinensischen Terrorismus. Gibt es etwas Groteskeres als diese Behauptung, während dieser geistig verwirrte Mörder der Araber seine F-16-Flugzeuge, seine Angriffshubschrauber und hunderte Panzer gegen unbewaffnete Menschen ohne jegliche Verteidigung geschickt?

Sie sind Terroristen, sagt er, und ihr Führer, der gedemütigt in einem zerfallen Gebäude gefangen ist, um ihn herum israelische Zerstörung, ist der schlimmste Terrorist aller Zeiten. Arafat hat den Mut und den Trotz sich zu widersetzen und in diesem Punkt hat er sein Volk hinter sich. Jeder Palästinenser empfindet die ihm zugefügte bewusste Erniedrigung als eine Grausamkeit, die außer der schlichten Bestrafung keinen politischen oder militärischen Zweck erfüllt. Welches Recht hat Israel, dies zu tun?

Es ist schrecklich, die Symbolik zu erkennen, umso mehr als man weiß, dass Sharon und seine Unterstützer - ganz abgesehen von seiner kriminellen Armee – tatsächlich beabsichtigen, was von dieser Symbolik so drastisch illustriert wird. Israelische Juden sind die Mächtigen, Palästinenser ihre gejagten und verachteten Anderen.

Zum Glück für Sharon hat er Shimon Peres, den vielleicht größten Feigling und Heuchler in der heutigen Weltpolitik. Peres reist überall herum und behauptet, Israel verstehe die Schwierigkeiten des palästinensischen Volkes und ‚wir’ seien bereit, die Absperrungen ein wenig unbeschwerlicher zu machen. Woraufhin sich allerdings nicht nur rein gar nicht verbessert, sondern die Ausgangssperren, die Zerstörungen und Morde sich noch verschärfen. Und natürlich dient die israelische Position, massive international humanitäre Hilfe zu fordern, wie Terje-Rod Larsen richtig sagt, in Wirklichkeit dazu, internationale Geber zu überreden, der israelischen Besatzung zuzustimmen. Sharon muss sich doch so fühlen, als könne er alles tun, und er kommt damit nicht nur durch, sondern schafft es sogar noch eine Kampagne zu führen, deren Zweck es ist, Israel die Rolle des Opfers zu verschaffen.

Seit die öffentlichen Proteste weltweit größer wurden bestand die organisierte zionistische Gegenreaktion darin, sich über den Anstieg des Antisemitismus zu beschweren. Erst vor zwei Tagen veröffentlichte der Präsident der Harvard Universität, Lawrence Summers, eine Erklärung, in der er behauptet, dass eine von Professoren geführte Anti-Investitions-Kampagne - ein Versuch, die Universität dazu zu drängen, Aktien von amerikanischen Firmen, die militärische Ausrüstung an Israel verkaufen, zu verkaufen - antisemitisch sei. Ein jüdischer Präsident der ältesten und reichsten Universität des Landes beschwert sich über Antisemitismus!

Kritik an der Politik Israels wird gegenwärtig routinemäßig mit jenem Antisemitismus gleichgesetzt, der den Holocaust hervorbrachte, obwohl es in den Vereinigten Staaten keinen Antisemitismus gibt, der der Rede wert wäre. In den USA organisiert eine Gruppe israelischer und amerikanischer Akademiker eine McCarthy-ähnliche Kampagne gegen Professoren, die ihre Stimme gegen israelische Menschenrechtsverletzungen erhoben. Der Hauptzweck dieser Kampagne aber ist es, Studenten und Mitarbeiter zu bewegen, ihre pro-palästinensischen Kollegen zu denunzieren, das Recht auf freie Rede zu behindern und die wissenschaftliche Unabhängigkeit ernsthaft zu beschneiden.

Eine weitere Ironie besteht darin, dass der Protest gegen die israelische Brutalität – zuletzt gegen die entwürdigende Isolation Arafats in Ramallah – mittlerweile eine breite Basis bekommen hat. Tausende Palästinenser widersetzen sich den Ausgangssperren in Gaza und einigen Städten der Westbank, um für die Unterstützung ihres bedrängten Führers auf die Straße zu gehen. Die arabischen Herrscher ihrerseits sind dagegen ruhig oder machtlos, oder beides zusammen. Jeder Einzelne von ihnen, Arafat eingeschlossen, erklärt seit Jahren offen Bereitschaft zum Frieden mit Israel. Zwei führende arabische Länder haben bereits mit Israel Verträge. Aber alles was Sharon darauf erwidert, ist ein Tritt in ihre kollektive Hintern. Araber, so behauptet er ständig, verstünden nur Gewalt, und jetzt da wir die Macht haben, sollten wir sie so behandeln, wie sie es verdienen (und wie wir früher behandelt wurden).

Uri Avnery hat Recht: Arafat wird ermordet. Und mit ihm, so Sharon, auch die Bestrebungen der Palästinenser. Dies ist eine Übung, die einem kompletten Genozid nahe kommt, um zu sehen wie weit die israelische Macht mit ihrer sadistischen Brutalität gehen kann, ohne gestoppt oder festgesetzt zu werden. Heute erklärte Sharon, dass er bei einem Krieg mit dem Irak, der bestimmt kommen wird, gegen den Irak zurückschlagen wird, womit er Bush und Rumsfeld zweifellos jene Alpträume bereitet, die sie verdienen. Sharons letzter Versuch, ein Regime zu stürzen, war 1982 im Libanon. Er setzte Bashir Jemayel als Präsident ein, woraufhin ihm Jemayel unumwunden mitteilte, dass der Libanon niemals ein Vasall Israels sein werde, Jemayel wurde ermordet, das Massaker von Sabra und Shatila geschah und die Israelis zogen sich schließlich nach zwanzig blutigen und entwürdigenden Jahren missmutig aus dem Libanon zurück.

Welche Schlussfolgerung kann man aus all dem ziehen? Die israelische Politik war eine Katastrophe für die ganze Region. Je einfußreicher Israel wird, desto mehr Zerstörung säht es in den angrenzenden Ländern - ganz zu schweigen von den Katastrophen, mit denen es das palästinensische Volk überzog - und desto mehr wird es gehasst. Dies ist keine Selbstverteidigung, sondern der Gebrauch von Macht für bösartige Zwecke. Der zionistische Traum von einem jüdischen Staat, der ein normaler Staat wie alle anderen sein solle, ist zur Vorstellung des Führers der einheimischen Bevölkerung Palästinas, dessen Leben an einem dünnen Fanden hängt, während israelische Panzer und Bulldozer damit fortfahren, alles um sie herum zu zerstören, geworden. Ist dies das zionistische Ziel, für das Tausende starben?

Ist denn nicht deutlich, welche Logik der Verbitterung und der Gewalt darin am Werke ist, und welche Macht aus der Machtlosigkeit entstehen wird, die bisher nur beobachten kann, sich später aber sicherlich entwickeln wird? Sharon ist Stolz darauf, sich der ganzen Welt widersetzt zu haben - [der Welt, die Israel nicht deswegen kritisiert, weil sie antisemitisch ist,](3) sondern wegen der Abscheulichkeiten, die Sharon im Namen des jüdischen Volkes begeht. Ist es nicht Zeit, dass jene, die fühlen, dass seine schockierenden Taten sie nicht repräsentieren, seinem Verhalten Einhalt gebieten?“

(1) Dieser Halbsatz ist nur in der arabischen Version enthalten, scheint aber für den Sinn des Satzes entscheidend. Die englische Version ist in sich unschlüssig: „Sharon is proud to have defied the entire world, not because the world is anti-Semitic but because what he does in the name of the Jewish people is so outrageous.“

THE MIDDLE EAST MEDIA RESEARCH INSTITUTE (MEMRI)
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hagalil.com 11-10-02

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