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"Völlige Befreiung"

Von Thomas Uwer und Thomas von der Osten-Sacken

Die Palästinenser eskalieren den Nahost-Konflikt, den sie doch nur verlieren können. Bislang scheint ihre Rechnung aufzugehen. Nach zehn Monaten Intifada wird der Staat Israel selbst offen in Frage gestellt.

Die Staatsbesuche des israelischen Ministerpräsidenten Scharon in Frankreich und Deutschland haben die arabischen Medien zu Recht als einen Sieg im Kampf gegen den "zionistischen Aggressor" verbucht. Denn während die beiden europäischen Regierungen zwar auch die Palästinenser verbal auf eine Einhaltung des Mitchell-Plans drängten, ließen sie keinen Zweifel daran aufkommen, wem sie das absehbare Scheitern des amerikanischen Friedensplans zur Last legen werden. Keiner der europäischen Staaten hat bislang konkrete Schritte unternommen, den Friedensplan praktisch zu unterstützen.

Angesichts der in Belgien anhängigen Klage gegen Scharon wegen Völkermordes und Kriegsverbrechen im Zusammenhang der 1982 von libanesischen Falangisten verübten Massaker in Sabra und Shatila, muß Gerhard Schröders Erklärung zum Scharon-Besuch in Berlin, das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" stelle die Basis deutscher Politik auch im Nahen Osten dar, als offene Drohung verstanden werden. Scharon weiß nun, daß er auch in Europa längst nicht mehr als israelischer Ministerpräsident, sondern als Personifikation eines Landes wahrgenommen, dem als Staat jene Behandlung zu Teil wird, die Hans Mayer einst dazu verleitete, Israel als den "Juden unter den Nationen" zu bezeichnen und die ihren aktuellsten Ausdruck in den Erklärungen des Bundeskanzlers gefunden hat, der auch mehr als fünfzig Jahre nach Gründung Israels noch betonen mußte, daß Deutschland das Existenzrecht Israels anerkenne, und der sich zugleich darüber beschwerte, daß er "mehr als einen Rat nicht geben" könne. Der unbeliebte Scharon ist zum Synonym für den unliebsamen Staat Israel geworden.

In dieser Gleichsetzung liegt der größte Erfolg der palästinensischen Milizen nach zehn Monaten Intifada. In der arabischen Welt besteht längst kein Zweifel mehr daran, daß es um Israel geht, wenn von Scharon die Rede geht, der "nichts weiter (ist) als ein Kriegsverbrecher und ein Terrorist, der vor ein internationales Gericht gestellt werden sollte" ("Tishrin", Syrische Tageszeitung, 10.7.01). Die daraus resultierende Kompromißlosigkeit der Konfrontation machen sich zunehmend auch die europäischen Staaten zu eigen. Nicht nur fordern zu jeder Gelegenheit europäische und arabische Staaten die Entsendung internationaler Schutztruppen, längst auch hat die EU signalisiert, daß sie bereit ist, Übergriffe und Anschläge auf Israelis in der Westbank und im Gazastreifen zu dulden. Während Arafats Aufruf, jeden Tag einen Siedler zu töten, wie am 12. Juli die israelische Tageszeitung "Maariv" meldete, unkommentiert hingenommen wurde, sucht man die Verantwortung für die Anschläge von Hamas und Islamischem Djihad in der israelischen Politik, die eben auf eine Schwächung der Palästinensischen Nationalverwaltung zugunsten islamischer Terrorgruppen hinauslaufe. Der seit nunmehr neun Monaten zu beobachtende Versuch Arafats, den Konflikt zu entgrenzen und zu internationalisieren, trägt somit Früchte.

Längst geht es der palästinensischen Führung nicht mehr darum, Israel mit Gewalt an den Verhandlungstisch zu bringen. "Keine politischen Verhandlungen oder gar politischen Gespräche (sind) mit der jetzigen israelischen Regierung möglich", erklärte der Leiter der palästinensischen medizinischen Hilfsdienste Mustafa Barghouti, der für seine Leistungen gerade von der Weltgesundheitsorganisation ausgezeichnet wurde - sie müsse vielmehr "umzingelt und gestürzt" werden. Laut jüngsten palästinensischen Umfragen votieren inzwischen 41,2 Prozent der Befragten für eine "völlige Befreiung Palästinas", was nichts anderes bedeutet, als die Zerschlagung Israels. Gerade einmal 9 Prozent sehen in der Intifada ein politisches Druckmittel für Verhandlungen. Diese Entwicklung geht mit einer vollständigen Kassierung aller konkreten Lösungsvorschläge einher. Wurde in Scharm al-Sheikh noch über die zukünftige Verfassung eines palästinensischen Staates diskutiert, so drehen sich die Auseinandersetzungen mittlerweile einzig noch um Fragen der praktischen Abwicklung des Kriegszustandes bzw. darum, um welche Uhrzeit der aktuelle US-vermittelte Waffenstillstand beginnen soll. Die Intifada ist zum Selbstzweck geworden. Längst auch kommt von palästinensischer Seite außer Durchhalteparolen kein Vorschlag mehr, der am Verhandlungstisch diskutiert werden könnte. Wenn die Tatsache, daß inzwischen 62 Prozent der Palästinenser weniger als zwei Dollar am Tag verdienen, einzig noch als Drohung, man habe eh nichts mehr zu verlieren, gegen Israel gerichtet wird, scheint außer dem Alles-oder-Nichts keine Lösung mehr in Sicht.

Mit der Verhärtung der Positionen geht eine Libanisierung des Konflikts einher, die den Kriegszustand in den palästinensischen Gebieten als gesellschaftlichen Idealzustand festschreibt. "Auf dem Schlachtfeld ist die Koordination vorbildlich. Es gibt eine einheitliche Führung der Intifada und mehrere Nebenkomitees, aber das ist alles auf Volksebene. Dort sind nicht nur Fatah und Hamas vertreten, sondern auch Institutionen der Zivilgesellschaft" (Barghouti). Die Durchstrukturierung der palästinensischen Gesellschaft, die im zehnten Monat der Auseinandersetzung an der Basis vollständig verarmt ist, während die PLO ihre Abschöpfung internationaler Zuwendungen im Jahr 2000 auf geschätzte 50 Milliarden US-Dollar gegenüber den 38 Milliarden von 1998 noch gesteigert hat, lebt von der Zuspitzung der Konfrontation. Seit dem de-facto Inkrafttreten des Tenet-Planes hat die israelische Armee 330 Angriffe aus palästinensischen Stellungen gezählt, bei denen 10 Israelis ums Leben kamen. Zugleich starben bei Gefechten mehr als 20 Palästinenser.

Die Strategie, "Israel von innen zu destabilisieren" (Barghouti) und andere arabische Staaten in die militärische Eskalation hineinzuziehen, kommt denjenigen europäischen Akteuren zupaß, die an einem stärkeren Engagement im Nahen Osten interessiert sind. In Israel fürchtet man, daß ohne Druck der USA auf Arafat in Kürze jenes Worst-case-Szenario Wirklichkeit werden könnte, dessen Umsetzung militärische Hardliner seit Monaten fordern: die Zerschlagung der palästinensischen Administration und ihrer Milizen im Zuge einer militärischen Wiederbesetzung von Westbank und Gazastreifen. Der Verantwortliche für eine solche Besetzung wäre wiederum Scharon. Ein Szenario, daß der Chef des israelischen Nachrichtendienstes, Amos Malka, im israelischen Radio so erklärte: Die Palästinenser versuchen "uns zu zermürben, uns zu Fehlern zu verleiten, die internationale Einmischung zu stärken, und ... die gesamte arabische Welt mit hineinzuziehen - und all dies mit dem Ziel, den Konflikt fortzusetzen und eskalieren zu lassen". Die palästinensische Eskalation allerdings ist nur ein Teil des Konfliktes. Die Delegitimation Israels betreiben längst diejenigen, die beständig Sharon mit Israel identifizieren.

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