hebraeisch.israel-life.de / israel-tourismus.de / nahost-politik.de / zionismus.info
Judentum und Israel
haGalil onLine - http://www.hagalil.com
 
Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

Jüdische Weisheit
Hymne - Israel
Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!
Advertize in haGalil?
Your Ad here!

Neue Kader plädieren für Mässigung:
Der Widerstand gegen Arafat macht sich bemerkbar

Ein Israeli, der zum ersten Mal Jordanien besucht, reibt sich angesichts der Worte seines Fremdenführers ungläubig die Ohren. Viele der wichtigsten Stätten der jüdischen Geschichte, wie etwa das Grab Moses, befinden sich östlich des Jordanflusses. Jäh wird einem das Absurde daran deutlich, dass sich der heutige Staat Israel eigentlich auf einem Bruchteil des Gebietes befindet, in dem die Israeliten damals saßen. Die "Rückkehr" des jüdischen Volkes in seine Heimat ist in gewisser Hinsicht eine geographische Augenauswischerei, oder zumindest ein gewolltes Schielen. Wie konnte das alles aufgegeben werden? Antwort: die Aufgabe der Politik ist es, das Wünschenswerte mit dem Machbaren zu vereinen.

Das erste Ziel der pragmatischen zionistischen Führung war die Staatsgründung. Dafür nahm sie den Verlust vieler Träume und Ideale in Kauf. So wurden Generationen von Israelis im staatlichen Schulsystem im Sinne dieses Verzichtes erzogen. Eine rein ideologische Sicht und Erziehung hätte nur zu inneren Konflikten mit den existierenden Grenzen geführt.

Im Hinblick auf diese Entwicklung erscheint die palästinensische Pädagogik besonders problematisch. Heute ist schon den meisten klar, dass Arafat nicht derjenige sein wird, der die Palästinenser zu einem eigenen Staat in Koexistenz mit Israel führen wird. Doch was kommt nach ihm? In den Jahren nach dem Oslovertrag hat Arafat mit eigenen Händen den Ölzweig zwischen den Seiten seiner Lehrbücher mumifiziert. Zu Beginn der Intifada wurden Kinder nach der Schule organisiert zu Demonstrationen gefahren, trotz (oder eben wegen?) der Lebensgefahr. In Sommerlagern lernen 10-jährige den Gebrauch von Schusswaffen, üben das Töten und preisen den Tod. Im offiziellen Fernsehen der Autonomiebehörde wird täglich der Videoclip eines Liedes ausgestrahlt, in dem ein schnuckeliger Junge von Kugeln zum ersehnten Märtyrerstatus zerfetzt wird. In ihrer Freizeit lernen die Kinder über die palästinensischen Städte Akko und Jaffa, rezitieren verträumte nationale Poesie, in denen die Worte Blut, Land, Tod und Sehnsucht in allen Schattierungen gemalt werden. Das religiöse Oberhaupt der Muslime in Israel/Palästina, der Mufti von Jerusalem, machte die Ideologie hinter dieser Erziehung für alle verständlich. In einem Interview für die ägyptische Zeitung Al-Ahram al-Arabi sagte er: "Ich glaube, die Märtyrer sollten sich glücklich schätzen, denn die Engel eskortieren sie sofort ins Paradies. [...] Je jünger der Märtyrer ist, desto mehr habe ich Respekt vor ihm." Das Endziel sei die Befreiung gesamt Palästinas, und dafür müsse man noch viele Opfer bringen. Es gibt hier keinen Raum für einen Kompromiss. In einer solchen Gehirnwäsche verliert jede rosige Aussicht sofort ihre Farbe.

Doch gibt es zwischen Arafat und den Kindern der Intifada noch eine Generation. Wie absurd es auch klingen mag, in ihr liegt die Hoffnung für eine erträgliche Zukunft im Nahen Osten. Die arabischen Familienväter von heute verstehen den horrenden Preis, den Arafat ihnen ohne Gegenleistung abverlangt hat. 50% der Palästinenser leben heute unter der Armutsgrenze, welche mit rund 400 $ pro Monat für eine sechsköpfige Familie angegeben wird. Etwa ein Drittel aller arbeitsfähigen Männer sind ohne Arbeit, kein Mensch kauft heute mehr Fleisch, obwohl die Preise schon um die Hälfte gefallen sind. Diese Männer kennen Israel, seine hässlichen und seine angenehmen Seiten. Sie sehen täglich die Besatzungsmacht in Form der Soldaten an den Checkpoints, aber sie kennen auch ihre israelischen Kollegen von der Arbeit, ihren Boss, ihren Fahrer. Sie können vielleicht noch differenzieren zwischen ideo-unlogischer Phantasterei und Realpolitik. Und ihr Murren wird in letzter Zeit immer deutlicher hörbar.

Vertreten werden sie von zwielichtigen Figuren wie Jibril Rajub und Mohammed Dahlan, Kommandeure der "preventive security" in Westjordanland und Gaza. Rajub hat sein ausgezeichnetes Hebräisch in israelischen Gefängnissen gelernt. Sein Verständnis der israelischen Gesellschaft bestätigt er wiederholt in seinen Privatinterviews im staatlichen Fernsehen. Mit ihm unterzeichnete der Verteidigungsminister Ben-Eliezer den Rückzugsvertrag vor einem Monat aus Bethlehem. Nun herrscht dort Ruhe. Laut Berichten in den israelischen Medien gehören diese beiden zu einem wachsenden Kreis aufstrebender Rädelsführer, die versuchen, mäßigend auf Arafat einzuwirken. Sie fürchten die stete Erosion ihrer Macht zugunsten der Hamas, haben ihre Finger nahe am Puls der schmachtenden Zivilbevölkerung. Keiner von ihnen ist stark genug, um Arafat allein zu widersprechen oder gar zu stürzen, aber nach seinem Abdanken werden sie für kurze Zeit die Macht haben.

Daraus könnte Israels größte, und vielleicht letzte Chance erwachsen. Es ist schwer abzusehen, ob sie zum einen wirklich die Pragmatiker sind, die sie vorgeben zu sein, und ob sie zum anderen imstande sein werden, die schmerzvollen, notwendigen Kompromisse zu Hause durchzuboxen. Doch erheben sich aus ihren Reihen immer wieder journalistische Testballons in politische Höhen, in denen zum Beispiel der Verzicht auf das Rückkehrrecht theoretisch angenommen wird. Dies sind für Palästinenser unerhört revolutionäre Töne, die Grund zur Hoffnung geben. Sollten die neuen Kader einmal an die Macht kommen (und je eher desto besser) wird ein schnelles Einvernehmen erreicht werden müssen, um das gesellschaftliche Pulverfass sofort zu entschärfen. Denn lange werden die heutigen Kinder nicht warten wollen, um ihre Plastikpistolen gegen echte Gewehre einzutauschen. Wenn sie dann erst einmal mit der Gewalt auch die Macht übernehmen, werden sie ihr tödliches Wissen auch nutzen wollen. Die nächste Chance für bleibenden Frieden wäre dann erneut für Generationen verpasst.

INW / Abonnement

haGalil onLine 18-12-2001

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved