Häuserkauf in Ost-Jerusalem empört die Palästinenser:
Handel mit heiliger Erde
Von Thorsten Schmitz
Der palästinensische Regierungschef Achmed
Kurei spricht von einem "sehr gefährlichen Fall", der den Versuch
Israels belege, Jerusalem "ganz jüdisch" zu machen - und hat flugs
einen Untersuchungsausschuss eingerichtet. Unter den Bewohnern des
arabischen Ost-Jerusalem herrscht helle Empörung. Der Patriarch der
griechisch-orthodoxen Kirche, Irineios, kann nur noch unter
Polizeischutz durch die Gassen der verwinkelten Altstadt laufen und
in der Grabeskirche beten. Die griechische Regierung sah sich
deshalb veranlasst, Kirchen-Emissäre nach Jerusalem zu schicken.
Die Unruhe wurde von einer Schlagzeile des
israelischen Massenblattes Maariv ausgelöst: "Der Omar-Platz ist in
unseren Händen!" Die Zeitung berichtet von einem millionenschweren
geheimen und aus Sicht der Palästinenser unethischen Geschäft: Die
griechisch-orthodoxe Kirche in Jerusalem, einer der größten
Immobilien-Besitzer im Heiligen Land, soll eine Häuserzeile beim
Jaffa-Tor am Eingang zur Altstadt an ein jüdisches
Unternehmer-Konsortium verkauft haben. Bei den Gebäuden, die seit
Jahrzehnten von bekannten palästinensischen Familien gemietet
werden, handelt es sich unter anderem um jene beiden aus dem 19.
Jahrhundert stammenden Hotels, die in keinem Israel-Reiseführer
fehlen: das Hotel "Imperial" und das "Petra"-Hotel. Das "Imperial"
ist nicht nur Touristen-Treffpunkt, sondern auch häufig Tagungsort
hochrangiger Palästinenser-Delegationen.
Der griechisch-orthodoxen Kirche wurde schon oft
vorgeworfen, sie veräußere das Land, das sie in den vergangenen
Jahrzehnten von den palästinensischen Gemeindemitgliedern geerbt
hat. Der Betreiber des "Imperial"-Hotels am Omar-Platz, Abu al-Walid
Dejani, sagte nun der Süddeutschen Zeitung, er sei von dem Verkauf
an die nicht näher bezeichnete "jüdische Investorengruppe" völlig
überrascht worden. Es sei "ein Wunder", dass er beim Aufschlagen der
Zeitung "keinen Herzinfarkt erlitten" habe angesichts des Umstandes,
dass seine Vermieter künftig Juden seien und nicht mehr die
griechisch-orthodoxe Kirche. Er sei überzeugt, dass der Verkauf
bereits abgewickelt worden sei, obwohl Patriarch Irineios dies am
Gründonnerstag bestritt. Der Hotelier sagte, schon oft seien ihm
astronomische Summen für sein Haus geboten worden. Laut dem
Maariv-Bericht stehen hinter dem Kauf "nationalistisch gesinnte
Juden aus Übersee", die "die Erlösung der heiligen Erde in
Jerusalem" bezweckten. Angeblich wurde das Geschäft über europäische
Banken abgewickelt.
Die Stimmung in Jerusalem ist jedenfalls
aufgeheizt. Die Palästinenser sehen in dem Immobilien-Kauf den
Versuch Israels, die Hoheit über den Ostteil der Stadt zu
manifestieren, der im Sechs-Tage-Krieg 1967 erobert und später
annektiert wurde. Sie wollen den Sektor zur Hauptstadt eines
Palästinenserstaates machen. Israel dagegen betrachtet Jerusalem als
auf "ewig unteilbare Hauptstadt". Inzwischen leben unter den 200 000
Palästinensern im Osten Jerusalems mehr als 200 000 jüdische
Siedler. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die nahe gelegene
jüdische Siedlung Maale Adumim durch den Bau von 3500 Wohnungen mit
dem arabischen Teil Jerusalems verbunden werden soll.
hagalil.com
28-03-05 |