Überraschend:
Optimismus im palästinensischen Lager
Von Danny Rubinstein, Ha'aretz, 17.11.2003
Trotz des terroristischen Anschlags in
Istanbul, des Terrorismus in Saudi Arabien und des andauernden
Blutvergießens in Irak hört man überraschenderweise einige
optimistische Statements von palästinensischen Wortführern. Sie
hoffen, dass bald ein Waffenstillstand mit den Israelis erzielt
wird.
Laut der näheren Umgebung von Yasser Arafat wird
der Chef des ägyptischen Geheimdiensts, General Omar Suleiman heute
(Montag, 17.11.) in Ramallah eintreffen. Nach Gesprächen mit Arafat
und dem neuen Ministerpräsident Ahmed Qureia (Abu Ala) wird er mit
hohen israelischen Offiziellen und vielleicht auch in Gaza mit
Vertretern von Hamas und Islamic Dschihad zusammentreffen.
Sein Besuch ist ein klares Signal, dass die
Ägypter glauben, dass die Rahmenbedingungen geschaffen worden sind
für einen erneuten Waffenstillstand. Die Ägypter sind in ständigem
Kontakt mit palästinensischen Gesandten einschließlich der Hamas und
beraten sich regelmäßig mit amerikanischen Diplomaten, so dass es
gut möglich ist, dass ein ernster Versuch unternommen wird.
Auf palästinensischer Seite hat es eine gewisse
Entspannung in den Querelen in der Führungsetage gegeben, durch die
Bildung einer neuen Regierung, der letzte Woche vom Parlament das
Vertrauen ausgesprochen und die in Arafats Büro vereidigt wurde. Die
Autonomiebehörde wirkt organisierter, der Ministerpräsident spricht
von einem fruchtbaren Dialog mit den verschiedenen Fraktionen und
davon, in etwa acht Monaten Wahlen abzuhalten.
Die Signale der Hamas deuten ebenfalls auf die
Möglichkeit eines Waffenstillstands hin, aber der Ton der
Hamassprecher bleibt scharf. Neben den Erklärungen, an einem Dialog
mit der Regierung Qureia interessiert zu sein, gesellen sich die
üblichen Erklärungen, den Dschihad fortzuführen bis ganz Palästina
befreit ist. Letztes Wochenende hielt die Hamas eine
Massendemonstration in Gaza ab, an der Scheik Yassin und weitere
Köpfe der Bewegung teilnahmen. Die Demonstration fand zu Ehren vom
Ramadan und in Erinnerung an die Schlacht von Badar des Propheten
Mohammed statt.
Yassin erzählte den Journalisten, dass seine
Bewegung keinerlei Grund hätte, nicht in Dialog mit Qureia zu
treten, aber dass er nicht an leerem Gerede interessiert sei. "Wir
werden sehen, was er uns anzubieten hat, wir werden uns alles
ansehen und dann geben wir ihm eine Antwort", sagte er. Hinterher
meinte er, dass die Chancen für einen Waffenstillstand nicht
besonders groß seien und alles nur von den Taten des Feinds, also
Israels, abhängig sei.
Seiner Meinung nach kann Israel mit dem Bau der
Siedlungen aufhören, den Bau des Trennzauns und die Belagerung von
palästinensischen Gebieten beenden sowie Gefangene freilassen. Er
glaubt nur nicht, dass das geschehen wird und predigt daher
Widerstand und Dschihad.
Dr.Mahmoud al Zahar redete sehr ähnlich, den Mordanschlag gegen ihn
erwähnend, bei dem sein Sohn und ein Gehilfe getötet wurden."Keine
Angst, wir treffen uns bald an der Al Aqsa Moschee, ganz Palästina
gehört uns", sagte Al-Zahar, der früher zu den Gemäßigten
innerhalb der Hamas gezählt wurde. Trotz dieser Worte sagten
Mitglieder des Qureia Kabinetts, dass sie klare Anzeichen bei Hamas
und Islamic Dschihad sehen, dass sie zum Waffenstillstand bereit
sind.
Hochrangige Vertreter der Autonomiebehörde sagten
vor zwei Tagen, dass was zu einem gewissen Optimismus auf
palästinensischer Seite beiträgt das ist, was sie von den Israelis
hören. Den Palästinensern scheint es, dass Premierminister Ariel
Sharon intern stark unter Druck steht, eine flexiblere Haltung
einzunehmen. Das kam jüngst in den Warnungen der vier ehemaligen
Leiter des Inlandsgeheimdiensts Shin Bet zum Ausdruck, der Kritik
des Generalstabschefs, dem großen Eindruck, dass das "Genfer
Abkommen" weltweit hinterlassen hat und nicht zuletzt "Volkes
Stimme".
Kann all das zu irgend etwas führen ?
"Vielleicht nur kurzfristig; in den kommenden Wochen und Monaten,"
sagt der palästinensische Arbeitsminister Ghassan al Hatib, der
Angst hat, dass sich die Geschichte des kurzlebigen Mahmoud Abbas
Kabinetts wiederholt; ein Waffenstillstand und eine gewisse
Reduzierung der Gewalt, ein paar nahezu bedeutungslose Gesten der
Israelis- und nach einer kleinen Weile Rückkehr zu allbekanntem
Blutvergießen.
Übersetzung von H. Waldenberger
hagalil.com
18-11-2003 |