Arafats Neuanfang mit alten
Bekannten
Kaum hat der
Palästinenser-Präsident auf internationalen Druck hin sein Kabinett
verkleinert und umbesetzt, hagelt es von allen Seiten Kritik
Von Thorsten Schmitz
Die Einführung des neuen
palästinensischen Kabinetts fällt mit dem Besuch von Israels Premier
Ariel Scharon im Weißen Haus zusammen. Palästinenser-Präsident Jassir
Arafat sucht so den Forderungen der USA und Israels entgegenzukommen,
seine aufgeblasene Administration zu verschlanken und transparenter zu
gestalten.
Das neue Kabinett, das Arafat
vergangene Woche mit CIA-Chef George Tenet ausgehandelt hat, wird bis zu
den Wahlen Anfang 2003 amtieren. Es soll nach den Worten von
Informationsminister Jasser Abed Rabbo – der seinen Posten behält – den
Reformwillen des Palästinenser-Chefs belegen und die im Rahmen der
israelischen Militäroperation Schutzwall zerstörten Institutionen wieder
aufbauen.
Doch die Kritik an den fünf neuen Ministern und den
alten ist groß. Sprecher der radikalen Gruppen Hamas und Islamischer
Dschihad, denen Arafat eine Zusammenarbeit angeboten hatte, bezeichnen
das neue Team als ein „USA- Produkt“. Es werde die Korruption, über die
in der palästinensischen Bevölkerung zunehmend öffentlich Unmut geäußert
wird, nicht stoppen helfen.
Israels Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser
bezeichnete die Reduzierung des Kabinetts von 31 auf 21 Minister als
„Schritt zurück“: Arafats künftige Regierung bestehe vorwiegend aus
Mitgliedern der „alten Generation“. Ben-Elieser spielt damit auf die
Entourage Arafats an, die den Palästinenser- Präsidenten seit seiner
Rückkehr aus dem tunesischen Exil in den Gaza-Streifen 1994 begleitet
und nach weit verbreiteter Ansicht Korruption fördert oder ihr keinen
Einhalt gebietet.
Den Schlüsselposten des Innenministers hat Arafat dem
74 Jahre alten Ex-Generalmajor Abdel-Razzak Jachia übertragen. Bisher
hatte Arafat diesen Posten zusätzlich zum Vorsitz der Autonomiebehörde
inne. Jachia soll den künftig von zwölf auf drei reduzierten
Sicherheitsdiensten vorstehen. Der Sicherheitsapparat mit etwa 40000
Mitarbeitern gilt als undurchsichtig und korrupt; Mitglieder sollen in
Terror-Aktionen gegen Israel involviert sein.
Israel und politische Beobachter spekulieren, dass
Jachia einflusslos sein werde, da Arafat dem Innenminister
Direktiven erteilen werde. Begründet wird dies damit,
dass Arafat nicht den Sicherheitschef im Gaza-Streifen Mohammed Dachlan
zum Innenminister erkoren hat, wie von den USA und Israel erhofft.
Jachia hat in jüngster Zeit keinen Posten bekleidet. Er war seit 1993 an
mehreren Friedensgesprächen mit Israel beteiligt. Er handelte das
Hebron-Abkommen, mit dem die Stadt unter palästinensische Verwaltung
gestellt wurde, und die Details für die Transitroute zwischen
Gaza-Streifen und Westjordanland mit aus. Zuvor amtierte er als
Generalstabchef aller palästinensischer Kräfte und zwischen 1969 und bis
Anfang der achtziger Jahre als militärischer Berater des PLO-
Exekutivkomitees. Dessen Fatah-Organisation lehnte Jachia ab. Er besitze
keinen Rückhalt im Volk. Auch sei es unwahrscheinlich, dass die Chefs
der Sicherheitsdienste, wie Arafats Leibgarde, ihm folgten.
Ein weiterer Schlüsselposten ist das
Finanzministerium, das künftig von Salam Fajad geleitet werden soll, der
über ausgezeichnete Kontakte ins Ausland verfügt. Fajad, zur Zeit
Regionaldirektor der Arab Bank in den Palästinensergebieten, hat im
Auftrag des Internationalen Währungsfonds zuvor mit dem
palästinensischen Finanzministerium zusammengearbeitet. Er soll dafür
sorgen, dass die Verwendung von Zuschüssen aus dem Ausland künftig
transparenter gestaltet wird.
haGalil onLine 20-03-2002 |