Im Nahen Osten gibt es ein Volk, das
keinen unabhängigen Staat besitzt, das in allen arabischen Ländern als
zweitklassig behandelt wird. Viele bezeichnen dieses Volk als die "Juden
des Nahen Ostens".
Gespräche
mit Palästinensern
Von Dr. Eli E. Lasch, z.Z. Berlin; Israeli deutscher
Herkunft, 13 Jahre lang Kinderarzt und Gesundheitsdirektor für die
palästinensische Bevölkerung im Gaza-Streifen und im Sinai. Während
dieser Zeit entwickelte sich ein Vertrauensverhältnis mit der arabischen
Bevölkerung, insbesondere mit dem ärztlichen Personal. Die Situation
"zwischen den Fronten", führte schließlich zum Entschluss, diese
Position aufzugeben und auch Israel zu verlassen.
Wer sind die Palästinenser?
Vor 1918, sogar noch vor 1948,
gab es so ein Volk nicht. Sie sahen sich als Araber an, ein Teil des
großen arabischen Volkes, die zufällig in dem Landstrich lebten, den die
christliche Welt Palästina nennt.
Wo kommt eigentlich dieser Name
her?
Im Jahre 131 C.E. fand der
letzte
jüdische
Aufstand statt. Als er von den Römern blutig niedergeschlagen
wurde, benannten die Römer das Land Judaea in Palästina um, aus
Jerusalem wurde Ilia Capitolina. Durch das Benennen des Landes nach den
Philistern (Filistin), die schon ein Jahrtausend zuvor von der Bühne der
Geschichte verschwunden waren, hofften die Römer den Widerstand der
widerspenstigen Juden endgültig zu brechen. Als das Christentum die
offizielle Religion Roms wurde, wurde Ilia Capitolina wieder Jerusalem
genannt; denn dort hat ja Christus gewirkt. Der Name Palästina hingegen
ist bis heute geblieben.
Nach 1918 wurde das Osmanische
Reich in Staaten aufgeteilt und Palästina den Juden zugesprochen. Diese
Teilung wurde im Nachhinein vom Völkerbund abgesegnet. Die möglichen
Rechte der Einheimischen haben die Siegermächte nicht berücksichtigt. Es
gab damals aber auch noch nicht sehr viele. Bis zu der Einwanderung der
Juden wurde das Land, von Reisenden, wie Alphonse Lamartine im Jahre
1832 und Mark Twain 1867, als ziemlich leer beschrieben. Laut dem
türkischen Zensus gab es 1882 in Palästina nur 141.000 Muslime. Juden
und Araber sind also zur gleichen Zeit „eingewandert“, die Juden aus
Europa und die Araber aus den Nachbarländern.
Ironischerweise hat sich
parallel zur nationalen Bewegung des jüdischen Volkes, auch Zionismus
genannt, ein „arabisch-palästinensischer Zionismus“ entwickelt. Aber
noch nach dem Libanonkrieg 1982 und dem Massaker von Zabrah und
Shattila kam zu mir in mein Büro einer meiner Mitarbeiter, ein
palästinensischer Arzt aus Gaza, setzte sich und fragte: „Dr. Lasch, wer
bin ich eigentlich?“ Als ich ihm antwortete: „Sie sind doch ein
Palästinenser,“ erwiderte er mir: „Ein Palästina gibt es doch nicht. Das
ist doch nur ein Konstrukt aus Wunschdenken, das nirgends existiert und
von niemanden anerkannt wird.“ Darauf hin erzählte er mir den folgenden
„Witz“:
"Der junge Muhammad, ein
Insasse eines der Flüchtlingslager im Libanon, ist während des Krieges
dort gefallen. Da er ja gegen Ungläubige gekämpft hatte, glaubte er
direkt in den Himmel zu kommen. Als er vor den Tore des Paradieses
stand, fragte ihn der Torhüter: „Wer bist du und woher kommst du? Wir
haben heute eigentlich niemanden erwartet.“ Muhammad nannte seinen Namen
und als Wohnort gab er ein Dorf auf dem Territorium des heutigen Israel
an. Der Torhüter suchte in seinen Unterlagen und schnauzte ihn an: „Wie
wagst du es mich zu belügen? Das Dorf, das du nanntest, gibt es doch gar
nicht mehr. Du kannst dort nicht geboren sein.“ Muhammad antwortete:
„Ich bin doch im Heiligen Krieg gefallen.“ Der Torhüter sagte darauf:
„Das ist, was du behauptest. Bei uns erscheint kein Muhammad aus dem
Dorf, das du genannt hast. Du bist ein Betrüger. Zur Hölle mit dir.“ Als
er an die Pforten der Hölle kam, empfing ihn ein sehr netter und
höflicher Teufel. Er erzählte ihm, was ihm passiert war. Der Teufel
konsultierte seine Unterlagen und sprach: „Es tut mir sehr Leid, aber du
erscheinst bei uns nicht. So kann ich dich nicht aufnehmen.“ Als er das
Gesicht von Muhammad sah, erweichte er sich und sagte ihm: „Ich werde
dir ein Zelt geben. Das kannst du in der Vorhölle aufstellen und warten,
bis die Vorsitzenden von Himmel und Hölle sich treffen und deinen Fall
besprechen.“ Die Vorhölle ist aber auch der Ort der Vergessenheit und
dort sitzt bis heute unser Muhammad und wartet."
Selbst Golda Meir hat noch Ende
der 60er Jahre abgestritten, dass es so etwas wie ein palästinensisches
Volk gibt. Aber es besteht trotzdem. Heute gibt es eine nationale
Einheit, ein Volk, das sich als Palästinenser identifiziert und als
solches von der Weltöffentlichkeit anerkannt wird. Und dieses Volk
befindet sich im Streit mit Israel.
Wer ist dieses Volk? Kennen wir
es überhaupt? Und kennt das palästinensische Volk das israelische? Oder
ist das Bild, das Israelis und Palästinenser voneinander haben, durch
eine gegenseitige Dämonisierung geprägt?
Wie sagte mir noch in den 70er
Jahren ein hoch stehender Palästinenser: „Als ihr kamt, dachten wir, ihr
seid die schlimmsten Barbaren, die es überhaupt geben kann. Wir waren
uns sicher, dass ihr jeden Morgen das Blut eines palästinensischen
Kindes zum Frühstück trinkt und jeden Abend eine palästinensische Frau
vergewaltigt. Das hat uns die ägyptische Propaganda beigebracht. Heute
sehen wir, ein, dass ihr nicht ganz so schlimm seid“. Aber es hat lange
Zeit gedauert, bis palästinensische Ärzte bereit waren sich mit mir in
der Öffentlichkeit zu zeigen.
Das Bild, das sich Israel von den Palästinensern macht, ist auch nicht
viel anders. Ich erinnere mich an die folgende Geschichte: Eines Tages
gingen jüdische und arabische Kinder zusammen am Meer baden. Ein
jüdisches Kind blieb ein Stück zurück und als ich es fragte, warum,
antwortete es mir: „Ich wollte sehen, ob die arabischen Kinder Schwänze
haben. So hat man es mir zu Hause beigebracht.“ Ähnliches habe ich auch
von arabischen Kindern gehört.
Ist der Unterschied zwischen
Palästinensern und Israelis wirklich so groß?
Eine amerikanische Ärztin aus
New York war bei einer palästinensischen Familie in Hebron zu Gast. Als
sie zurück kam, sagte sie mir: „Ihr wisst gar nicht, wie ähnlich ihr
einander seid. Als ich mir die Gespräche der Familie anhörte und kurz
die Augen dabei zumachte, hatte ich das Gefühl, ich befinde mich in
einer jüdischen Familie in Brooklyn. Auch bei ihnen spielte die Zukunft
der Kinder die grösste Rolle und auch bei ihnen wollten die Eltern, dass
die Kinder einen ‚vernünftigen’ Beruf ergreifen wie z.B. Arzt oder
Rechtsanwalt. Ein hoher Funktionär der UNO, der für die Unterstützung
der Palästinenser verantwortlich war, sagte mir: „Ihr und die
Palästinenser seid euch zu 90% ähnlich.“ Ist das wirklich zufällig?
Kommen nicht 50 bis 60% aller Israelis aus arabischen Ländern? Genau wie
die heutigen Palästinenser!
Warum kommt es also nicht zum
Frieden?
Vielleicht sieht jedes Volk in
dem anderen ein verzerrtes Spiegelbilder seiner selbst. Um C.G. Jung zu
zitieren: „Ein Volk ist der Schatten des anderen.“ Handelt es sich
möglicherweise um einen Bruderkrieg, dessen Ursprung Tausende von Jahren
zurück liegt? Vielleicht geht es auch noch auf die Bibel zurück?
Bei den Patriarchen gab es in
jeder Generation einen solchen Zwist. Der erste war zwischen Ismael und
Isaak, und der Koran behauptet sogar, dass es Ismael und nicht Isaak
war, der von Abraham geopfert werden sollte. Die Bibel andererseits
behauptet, dass Ismael und seine Mutter verjagt wurden. Den zweiten
Zwist gab es in der nächsten Generation, als Jakob seinem Bruder Esau
das Recht der Erstgeburt abkaufte und danach vor dem Zorn seines Bruders
flüchten musste. In der vierten Generation wurde Josef von seinen
Brüdern in die Sklaverei verkauft. Alle diese Ereignisse endeten mit
einer Versöhnung der beiden Kontrahenten. Vielleicht sollte man Wege
finden, um so eine Versöhnung auch heute einzuleiten, denn laut der
Überlieferung sind die Araber die Nachkommen von Ismael und Esau ...
Wer sind die Palästinenser
wirklich? Wenn man es von der genetischen Seite her betrachtet, so haben
neue wissenschaftliche Untersuchungen eine verblüffende Übereinstimmung
zwischen dem Gen-Pool der Juden und dem der ursprünglichen Palästinenser
und Libanesen gefunden, die in den Bergdörfern leben, die von der
jüdischen Einwanderung nicht betroffen und 1948 auch nicht geflüchtet
waren. Selbst bei Juden aus Deutschland und Polen stimmte der Gen-Pool
mit dem der Palästinenser und nicht mit dem der Polen oder Deutschen
überein. Sogar bei Juden, die blonde Haare und blaue Augen haben. Wäre
es möglich, dass diese Palästinenser Nachkommen der Einwohner Judaeas,
Samarias und Galiäas sind, die nach der Zerstörung Jerusalems im
Jahre 70 C.E. nicht in die Diaspora gegangen sind?
Nachdem das geistige Zentrum zerstört war und das Land immer wieder von
fremden Machthabern erobert wurde, nahmen sie die Religion der
Eroberer an. Erst wurden sie zu Christen und dann zu Mohammedanern. Für
diese Theorie spricht die Tatsache, dass viele Dörfer in der so
genannten Westbank biblische Namen tragen. Oft sind sogar biblische
Traditionen noch sehr lebendig, z.B. gibt es in der Region, die früher
dem Stamme Benjamin gehörte, ein Tal, das noch heute Marg El-Banat – Das
Tal der Töchter - genannt wird. Der Ort, an dem die Männer des Stammes
Benjamin die Töchter von Shiloh geraubt hatten. (Judicum 21, 19-25)
Dieser Ort entspricht
geographisch genau der Beschreibung in der Bibel. Auch der Ort des
antiken Shiloh, der Ort, an dem sich die Bundeslade befand, bevor sie
nach Jerusalem überführt wurde, wird von den lokalen Einwohnern „Tal des
Festes“ genannt. Wenn die Orte durch ein neues Volk besiedelt worden
wären, hätten die Namen und die Traditionen nicht überlebt. Vielleicht
wäre es an der Zeit, dass die Palästinenser sich erinnern, wer sie
wirklich sind.
Das jüdische Volk bezieht sein
Recht auf das Land auf das Versprechen Gottes an Abraham. Aber sind die
Palästinenser nicht ebenfalls die Nachkommen Abrahams, sie und die
heutigen Araber in den benachbarten Staaten? Ist das möglicherweise die
wahre Erklärung für das Versprechens Gottes, dass seine Nachkommen vom
Euphrat bis zum Nil herrschen werden und nicht der Vorwurf der
arabischen Propaganda, dass Israel sich so weit ausdehnen will. Wenn das
so wäre, dann wäre genug Platz da für beide Völker, die im Grunde
dieselbe Herkunft haben.
Ein kluger europäischer
Diplomat, der in Israel akkreditiert war, sagte mir einmal: „Die Lösung
wäre, dass die Palästinenser um Mitternacht ihren eigenen Staat ausrufen
und am folgenden Morgen eine Konföderation mit Israel eingehen würden.
Am besten wäre es, wenn auch Jordanien, Syrien und der Libanon Teile
dieser Konföderation werden würden.“ Das Beispiel, das ihm vorschwebte,
war eine Confoederatio Helvetica, mit anderen Worten eine Art Schweiz.
Dort leben vier Völker und drei Religionen in Frieden miteinander und
jedes Volk hat seine eigene Identität bewahrt.
Was wollen eigentlich die
Palästinenser?
Sind sie wirklich alle
Islamisten und ist ihr Ziel wirklich die Zerstörung des Volkes Israel?
Meine Gespräche mit ihnen beweisen das Gegenteil. Was sie wirklich
wollen, ist zweierlei:
-
Anerkennung ihrer Würde
als Menschen
-
eine wirtschaftliche Basis
ad 1.: Die Würde des Menschen...
Ich möchte hier drei Gespräche mit Palästinensern wiedergeben.
- Als Sa’adat nach Israel kam, saß ich mit einer
palästinensischen Ärztin vor dem Fernseher. Plötzlich kniff sie mich
vor lauter Aufregung in den Arm. Als ich sie fragte, was sie von dem
Besuch erwartete, sagte sie mir: „Ich möchte endlich die Möglichkeit
haben, nach Tel Aviv zu fahren, ohne dass ich von israelischer
Polizei kontrolliert werde.“ Dazu kann ich aus eigener Erfahrung
sagen, dass die Kontrollen oft sehr demütigend waren. Von der
Zerstörung Israels war da nie die Rede.
-
Eines Tages, als ich in meinem Wagen mit einem
palästinensischen Arzt fuhr, der als Nationalist bekannt war, fragte ich
ihn: „Was würdest du sagen, wenn Israel heute die besetzten Territorien
annektieren würde?“ Seine Antwort hat mich so überrascht, dass ich fast
einen Unfall verursacht hätte. „Ich hätte nichts dagegen, aber nur unter
einer Bedingung: Dass wir der israelischen Armee beitreten dürften und
zusammen die arabischen Länder bekämpfen würden, um sie für das zu
bestrafen, was sie uns angetan haben.“ Als ich dieser Antwort nachging,
hörte ich dieselbe Meinung noch bei einigen anderen Ärzten. Israel als
Verbündete? Im Grunde bin ich nach den Geschichten, die mir die
Palästinenser über ihre demütigenden Erfahrungen in den arabischen
Ländern erzählt haben, nicht erstaunt über diese Antwort. Als
Vertrauensperson der Palästinenser erzählten sie mir viel, was sie
keinem anderen Außenseiter, insbesondere keinem Israeli, erzählt hätten.
-
Ein deutscher Freund erzählte mir folgendes: Er war 1958 in
einem Flüchtlingslager in Baalbek (Libanon). Er sah dort Jugendliche
herumlungern. Sein Begleiter, ein Lehrer, sagte ihm „Diese Kinder werden
noch die Welt das Fürchten lehren.“ Als er darauf antwortete: „Aber ihr
seid doch hier Gäste der Libanesen,“ sagte ihm der Lehrer: „Die
arabischen Länder sind böse zu uns. Sie benutzen uns als Waffe.“ Das war
lange vor meinen Gesprächen mit den Palästinensern.
In allen drei Gespräche handelte es sich um
Demütigungen seitens der „arabischen Brüder“. Die Palästinenser werden
so behandelt wie einst die Juden und von Integration in den arabischen
Ländern ist keine Rede. Selbst die Staatsangehörigkeit des „Gastlandes“
wird ihnen verweigert. Manchmal habe ich das Gefühl, das jeder,
der aus dem Heiligen Land stammt, in den Augen der Umwelt suspekt ist.
ad 2: Im ejn Kemah - ejn
Torah
Das zweite Problem ist, dass
die Palästinenser, und insbesondere die Flüchtlinge keinerlei
Zukunft für sich sehen. Ist es nicht ironisch, das Arafat einerseits
Israel immer wieder aufs Neue angreift, aber sich zugleich darüber
beklagt, dass nach den wiederholten Terroranschlägen Israel die Grenzen
dicht gemacht hat, woraufhin die Palästinenser ihre Arbeitsplätze
verloren haben.
Die Terroristen sind einerseits
die Helden der Bevölkerung, aber anderseits der Hauptgrund für ihre
schwere ökonomische Lage. Das ist ein Problem, welches auch ein totaler
Rückzug Israels zu den Grenzen von 1967 nicht lösen würde. Der
Hauptgrund der großen Welle der arabischen Einwanderer am Anfang des
Zwanzigsten Jahrhunderts war die sehr schnelle wirtschaftliche
Entwicklung des Landes. Die Industrialisierung und
landwirtschaftliche Entwicklung schaffte viele neue Arbeitplätze, auch
für die Araber, woraufhin sie aus den Nachbarländern in Massen
hereinströmten. Das wurde auch von den englischen Behörden bestätigt.
(siehe Malcolm McDonald in den „British White Paper“, 1939).
Ähnliches passierte nach der
Eroberung 1967, und insbesondere nach der Unterdrückung des Terrors in
den siebziger Jahren. Als ich später einen Palästinenser fragte, warum
sie mit dem Terror aufgehört hätten, war seine, sehr pragmatische
Antwort: „Wenn wir gesehen hätten, dass Euch der Terror beeinflusst,
hätten wir vielleicht weitergemacht. Aber das einzige Resultat war, das
wir keine medizinische Versorgung mehr hatten, unsere Kinder keine
Schulen und wir keine Arbeit. Auch die Käufer, die früher an Wochenenden
nach Gaza kamen, bleiben jetzt weg. Was hat denn das noch für einen
Sinn!“ Zu der Zeit boomte die Wirtschaft in Gaza. Neue Häuser wurden
gebaut, es gab so viele neue Automobile, dass es zu Verkehrsstaus kam,
es gab neue Krankenhäuser, Schulen und Moscheen und die Läden waren
überfüllt.
Viele Flüchtlinge konnten sogar
die Lager verlassen und sich mit Hilfe der israelischen Behörden
anderswo ansiedeln. Die Palästinenser bekamen wieder Mut. Nur die
Freiheit und die Selbstbestimmung, die eigene Identität, fehlte ihnen
noch. Zum Problem Nr.1 wurde die Demütigung von Seiten der arabischen
Länder und durch gewisse Elemente in Israel, und so brach die erste
Intifada aus, die von den Kindern angefangen wurde. Die Kinder, die nur
wegen der Methoden, die ich dort eingeführt hatte, am Leben waren (Nicht
umsonst wurde ich, der Israeli, in Gaza „Vater der Intifada“ genannt).
Sie hatten ihre Angst vor den Israelis verloren. Für sie war Israel ein
Papiertiger.
Heute, während der zweiten
Intifada, passiert aufs Neue das, was mir der Palästinenser über den
Anfang der 70er Jahre erzählt hat. Nach dem Schließen der Grenzen für
alle Palästinenser unter 35 schoss die Arbeitslosigkeit in den
palästinensischen Gebieten in die Höhe, und viele der Einwohner können
nur mit Hilfe von ausländischen Lebensmittelgeschenken aus Europa und
Amerika überleben. Natürlich außer den Familien, in denen es einen
Selbstmordattentäter gibt. Die bekommen Unterstützung von Saddam
Hussein.
In den 80er Jahren haben mich
meine palästinensischen Freunde vor Arafat und seiner Clique gewarnt.
„Wenn die Tunesier (und damit haben sie Arafat und Co. gemeint) kommen,
wird es schlimm werden“. Und die Warnung hat sich bestätigt. Man braucht
sich nur die Skyline von Gaza mit ihren ganzen Hochhäusern anzuschauen.
Diese wurden nur für die Anhänger von Arafat, seine „treuen Genossen“
gebaut. Die Flüchtlinge leben nach wie vor in den Lagern. Seit dem
Osloer Vertrag ist sehr viel Geld in die Autonomiegebiete geflossen,
aber alles wurde benutzt, um Attrappen eines selbständigen Staates zu
bauen: ein Militär mitsamt seinen Kasernen, ein Flughafen, Helikopter
usw. Der Rest verschwand in den Taschen von Arafats Anhängern. Ich
möchte hier nur betonen, dass ich diese Information von Palästinensern
bekommen habe, mit denen ich immer noch Kontakt habe. Sie sagten mir
auch, dass sie viel mehr Redefreiheit unter den Israelis hatten als
heute.
Ist es also erstaunlich, dass
die Flüchtlinge den Glauben an den Friedensprozess verloren haben?
Dass die Lager zu Brutstätten für den extremistischen Terror geworden
sind? Ihnen hat der Friedensprozess, auf den sie soviel Hoffnung gesetzt
hatten, nichts gebracht Sie haben nichts mehr zu verlieren.
Gibt es überhaupt noch eine Lösung?
Ich glaube ja. Beide Probleme, die ich
angesprochen habe, müssen gelöst werden. Wenn die Palästinenser wieder
Hoffnung auf eine bessere Zukunft bekommen, werden sie selbst, und ich
meine damit nicht Arafat, sondern die Bevölkerung, mit dem Terror
aufräumen. Genau wie im Jahre 1973. Und hier ist Europa, insbesondere
Deutschland, gefordert. Nicht Afghanistan und das Kosovo gefährden den
Frieden der Welt, sondern der Konflikt zwischen Israel und den
Palästinensern. Dieser Konflikt ist die Ausrede oder sogar der Kern für
die Feindschaft der extremen Islamisten gegenüber Amerika und dem
Westen.
Um die Spannung im Nahen Osten zu
entschärfen, ist eine massive wirtschaftliche Hilfe nötig, eine Art von
Marshallplan. Der Aufbau einer von Israel unabhängigen palästinensischen
Wirtschaft, insbesondere für die Flüchtlinge, müsste von der
Europäischen Gemeinschaft in die Wege geleitet und von ihr überwacht
werden. Dann hätten sie etwas zu verlieren. Die Bedingung müsste
natürlich sein, dass die Gewalttätigkeiten von der Bevölkerung selbst
unterbunden werden. Dann würde es auch zu Friedensgesprächen mit Israel
und zur Errichtung eines palästinensischen Staates kommen.
Zusammenfassend müsste man meiner Meinung
nach den jetzigen Prozess umkehren: erst die wirtschaftliche Hilfe, dann
die Gespräche über Frieden und Unabhängigkeit.
Wie ich in diesem kurzen Aufsatz versuchte zu beweisen, sind die
Palästinenser von Grund auf keine Fanatiker, sondern verzweifelte
Menschen, die keine Zukunft für sich sehen.
Diesem Zustand kann Abhilfe geschaffen werden.
Das Einzige, was notwendig ist,
sind Geld und guter Wille.
haGalil onLine
15-01-2002 |