Verhandeln mit Hamas:
Extremisten diktieren
Leitartikel, Haaretz, 15.08.2002
Übersetzung Daniela Marcus
Über mehrere Wochen hinweg haben
in den Territorien Verhandlungen zwischen allen
palästinensischen Organisationen, inklusive Hamas und
Islamischem Jihad, stattgefunden. Sie ließen Hoffnungen
aufkeimen, dass all diese Organisationen eine gemeinsame
ideologische Basis für eine neue Art des politischen Engagements
formulieren würden. Doch der Entwurf des Dokuments, der diese
Woche in der libanesischen Zeitung "A Safir" veröffentlicht
wurde, ist weit weg von einem Übereinkommen. Er ist jedoch
Anhaltspunkt für ein Weltbild. Dieses Weltbild ist enttäuschend,
denn es ist schwer, darin irgendwelche Elemente zu finden, mit
denen es möglich wäre, einen ernsthaften politischen Dialog zu
entwickeln.
Praktisch gesehen sagten Hamas und
Islamischer Jihad, dass sie die Prinzipien dieses Entwurfes
nicht akzeptieren und ihre Sprecher machten klar, dass sie den
bewaffneten Kampf und die Selbstmordanschläge fortsetzen würden.
Doch auch ohne die Ablehnung der Hauptpunkte dieses Dokuments
durch diese beiden Organisationen, ist es zweifelhaft, ob die
israelische Öffentlichkeit selbst diese Prinzipien akzeptieren
könnte. Denn diese enthalten unter anderem das Recht auf
Rückkehr, das in viel heftigerer Sprache formuliert wird als
während des Gipfels der Arabischen Liga, der im März in Beirut
stattgefunden hatte.
Die Definitionen der
palästinensischen Ziele sind problematisch: Die Gründung eines
Staates auf dem ganzen Gebiet, das seit 1967 besetzt ist und ein
kompromissloses Bestehen auf dem Rückkehrrecht hindert nicht
daran, diese Ziele als Zwischenziele zu deuten. Die Klarstellung
lautet, dass die Organisationen, die dieses Abkommen
unterzeichnen, es nur als zwischenzeitliche Verpflichtung
betrachten. Es ist Teil eines Stufenplanes. In dieser Zeit
sollte alles, was man bekommen kann, auch genommen werden, ohne
das eigentliche Ziel aufzugeben, das da heißt: ein
palästinensischer Staat auf dem ganzen Gebiet zwischen dem
Mittelmeer und dem Jordan.
Prinzipien wie diese untergraben
das Vertrauen, auf dem jede Verhandlung –und natürlich jedes
Abkommen- basiert sein muss. Ziel der palästinensischen
Autonomiebehörde ist es, alle Gruppen unter einen Hut zu
bekommen, und zwar mit möglichst großer öffentlicher
Unterstützung. Doch wenn diese Prinzipien tatsächlich akzeptiert
werden, könnte die PA das weitaus wichtigere Ziel verfehlen,
nämlich einen palästinensischen Staat zu erhalten, der in
Frieden neben dem israelischen existiert.
Die positiven Elemente dieses
Entwurfs sind: die Notwendigkeit für allgemeine instituionelle
Reformen; die Gründung eines demokratischen Staates mit
Mehrparteiensystem; die Befreiung von der Korruption; die
Basisprinzipien der Gleichheit; die Rechtsstaatlichkeit;
Gewaltenteilung; garantierte bürgerliche Rechte für alle. Diese
positiven Elemente können jedoch nicht von den kämpferischen
Elementen des Dokuments getrennt werden.
Israel hat ein Interesse daran, als
Nachbarn einen unabhängigen, souveränen, demokratischen Staat zu
haben, der seinen Bürgern zivile Rechte gewährt. Doch auch ohne
sich in die Art des Regimes, das gegründet werden soll,
einzumischen, muss es Israel möglich gemacht werden, mit einer
zentralen palästinensischen Autorität zu sprechen, die ihre
Politik allen Gruppen auferlegen kann, inklusive den islamischen
Extremisten. Die meisten Israelis würden den Dialog zum Aufbau
eines Staates mit solch einer Autorität unterstützen. Doch die
gleiche israelische Öffentlichkeit kann sich nicht mit den
allgemeinen Drohungen, die in den bisherigen Veröffentlichungen
präsent sind, abfinden.
Wenn die PA eine geeignete
Plattform für politische Verhandlungen schaffen will, kann sie
ihren Extremisten nicht erlauben damit fortzufahren, die Agenda
zu diktieren – nicht vor Ort und nicht am Verhandlungstisch.
hagalil.com
16-08-02 |