Mohammed
Dachlan:
Wunsch-Innenminister des palästinensischen Premiers
Von Thorsten Schmitz
Der frühere palästinensische
Sicherheitschef im Gaza- Streifen, Mohammed Dachlan, fällt allein
schon durch sein Äußeres auf. Im Gegensatz zu Palästinenserpräsident
Jassir Arafat, der bis heute ausschließlich Uniformen trägt, kleidet
sich Dachlan stets in feinem Zwirn. Der Kontrast könnte symbolischer
nicht ausfallen: Arafat vermittelt durch sein olivgrünes Outfit die
Haltung eines (wenn auch gealterten) Kämpfers. Dachlan dagegen will
in Anzug und Krawatte das palästinensische Volk in eine friedliche
Zukunft geleiten.
Ginge es nach dem Willen des neuen
palästinensischen Ministerpräsidenten Machmud Abbas, würde Dachlan
zum Innenminister gekürt, der fortan für die Reform der
unübersichtlichen zwölf palästinensischen Sicherheitsdienste
zuständig wäre – und für deren Reduzierung auf höchstens vier. Die
USA und Israel bestehen auf dieser Erneuerung des palästinensischen
Sicherheitsapparates. Während israelischer Militäroffensiven hatten
Soldaten hunderte Dokumente sichergestellt, die belegen sollen, dass
einzelne Sicherheitsdienste in Anschläge gegen Israelis involviert
sind.
In Israel und den USA wird Dachlan – ebenso wie
Abbas – als Hoffnungsträger gesehen. Er gilt als ein von Korruption
und Vetternwirtschaft unbelasteter Palästinenserpolitiker der jungen
Generation, der den Ausgleich mit Israel sucht.
US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice wurde im vergangenen Jahr
nach einem Treffen mit Dachlan in Washington mit den Worten zitiert,
sie sei "beeindruckt" von Dachlans Persönlichkeit. CIA-Chef George
W. Tenet sieht in dem dreifachen Familienvater aus dem Gaza-Streifen
gar den potenziellen Nachfolger Arafats.
Der 42 Jahre alte Dachlan, der im Gaza-Streifen
eine Villa bewohnt und sich einen Liebhaber klassischer Musik nennt,
erlangte auch im palästinensischen Volk den Ruf eines integren und
unbestechlichen Sicherheitschefs. Mit Arafat jedoch hatte sich
Dachlan zerstritten, weshalb er vor einem Jahr von seinem Posten
zurückgetreten und von der politischen Bühne verschwunden war. Dass
Dachlan nun Innenminister werden soll, erzürnt Arafat, der seine
Machtbasis bröckeln sieht.
Dachlan saß wegen terroristischer Aktivitäten
zwischen 1981 und 1986 in israelischen Gefängnissen. Dort lernte er
Hebräisch. 1987 schob ihn Israel nach Jordanien ab. Von dort nahm er
mit Arafat in dessen tunesischem Exil Kontakt auf. Dachlan half bei
der Orchestrierung der ersten Intifada, die von 1987 bis 1993
andauerte, und reiste in dieser Zeit nach Kairo, Bagdad und Tunis.
Mit Entstehen des Friedensvertrages von Oslo, an
dem auch Dachlan gefeilt hatte, ließ er ab 1994 als Sicherheitschef
im Gaza-Streifen gleichwohl Aktivisten der palästinensischen
Terrororganisation Hamas inhaftieren, was ihm israelisches
Wohlwollen sicherte – und den Hass der Islamisten. Diese
brandmarkten Dachlan als "Kollaborateur", was ihn nicht davon
abhielt, mit Israel in Sicherheitsfragen zu kooperieren und von
Arafat grundlegende Reformen in dessen verfilzter und autokratischer
Autonomiebehörde zu verlangen.
hagalil.com
18-04-03 |