Intifada-Verluste:
Schadensersatzklage des Kasinos in Jericho
Von
Ulrich W. Sahm
Das Oasis Kasino
von Jericho könnte schon bald wieder seinen Betrieb aufnehmen. Eine
Übergabe der Kontrolle über die "tiefste Stadt der Welt" nahe dem
Toten Meer an die Palästinenser verzögert sich vorläufig wegen
Meinungsverschiedenheiten über israelische Straßensperren. Aber es
liegt angesichts der Beruhigung der Lage schon in der Luft, dass
demnächst wieder spielsüchtige Israelis ihr Geld in der Goldgrube
der palästinensischen Autonomiebehörde verlieren dürfen.
Vorerst mahlen die
Mühlen palästinensischer Justiz langsam bei einer
Schadensersatzklage der "Cap Holding", dem Betreiber des Kasinos,
gegen die Gaza Ahliea Versicherungsgesellschaft. Die Zeitung Haaretz
veröffentlichte am Dienstag aufgrund der Gerichtsakten, dass seit
der Eröffnung des Kasinos 1997 insgesamt 825.484 Glücksspieler
in der fensterlosen Spielhölle ihren Sinn für Zeit und Geld verloren
haben. 99 Prozent von ihnen waren Israelis. Sie wurden mit einem
kostenlosen Shuttle-Service von Tel Aviv und Jerusalem angekarrt. Im
Rekordmonat April 2000 kamen täglich 3.556 Spieler. Im August 2000
verzeichnete das Kasino mit 16,4 Millionen Dollar seinen höchsten
monatlichen Profit.
Im ersten Monat der
ausgebrochenen Intifada, im Oktober 2000, sank die Zahl der Besuche
auf tägliche 14 und danach auf Null. Kurz nach Ausbruch der Intifada
hatten Palästinenser auf dem Dach dieses weithin sichtbaren höchsten
Gebäudes von Jericho ein Maschinengewehr aufgestellt, um auf das
nahe gelegene israelische Verbindungsbüro zu schießen. Eine
israelische Panzergranate zerstörte die Büroetage des Kasinos und
sorgte für seine endgültige Schließung.
Die
Betreibergesellschaft "Cap Holding", eine in Vaduz eingetragene
Briefkastenfirma, gehört größtenteils zu "Casino Austria" von Martin
Schlaff, der wiederum ein enger Freund von Ariel Scharon sowie von
Jasir Arafats Finanzberater Mohammad Rashid war. Wie Haaretz
berichtet, hat Schlaff erst kürzlich seine Villa in Herzlija bei Tel
Aviv verkauft und ließ sich in Israel nicht mehr blicken, seitdem
gegen Scharon und Söhne Ermittlungen wegen Korruption und
Zuwendungen durch den gemeinsamen südafrikanischen Freund, Cyril
Kern, aufgenommen wurden.
Die Kasinobetreiber
verklagten die Gaza Ahliea Versicherungsgesellschaft auf
Schadenersatz in Höhe von 45,7 Millionen Dollar wegen der
Intifada-Verluste. Das ist die in der Versicherungspolice angegebene
Maximalsumme für Schäden durch "Schusswechsel". Versichert war das
Oasis-Kasino gegen Brandschäden. Das Kleingedruckte im Vertrag sah
aber auch Schadensersatz im Falle von "Instabilität mit Schaden für
den Betrieb des Kasinos" vor. "Cap Holding" behauptet, dass so auch
"Terror und bewaffnete Zusammenstöße" abgedeckt seien. In der
Anklageschrift heißt es, dass allein 365.000 Dollar für die
Reparatur der zertrümmerten Fensterscheiben und Aluminiumrahmen
notwendig seien. Beiläufig wird da erwähnt, dass der damalige
Kommandeur der israelischen Truppen, General Jakob Or, die
gewaltsame Schließung des Kasinos angeordnet habe, weil die
eingenommenen Gelder für die Finanzierung von Terror zweckentfremdet
würden. Der damalige Anwalt von Martin Schlaff, Dov Weisglas, drohte
dem General schriftlich mit einer Anzeige wegen "Verleumdung".
Weisglas ist heute der engste Berater Ariel Scharons und sagte der
israelischen Zeitung, dass er nichts mehr mit dem Kasino zu
tun habe, seitdem er der Bürochef des israelischen
Ministerpräsidenten geworden sei.
Die Gaza Ahliea
Versicherungsgesellschaft weist die Schadensersatzklage zurück. Der
Besuch des damaligen Oppositionschefs Ariel Scharon auf dem
Tempelberg am 28. September 2000, ein Tag vor Ausbruch der Intifada,
sei eine "böswillige israelische Kriegserklärung gewesen, die gegen
ganz Palästina gerichtet war". Der Begriff "Kriegserklärung" sei
nicht abgedeckt. Deshalb könne kein Schadenersatz gefordert werden.
Da die
palästinensische Autonomiebehörde Anteile sowohl beim Kasino wie
auch bei der Gaza Ahliea Versicherungsgesellschaft besitzt, entstand
der absurde Zustand, dass die palästinensische Regierung bei dem
Gericht in Ramallah, sowohl den Kläger wie den Angeklagten vertritt.
Das Verfahren wurde mehrmals vertagt und vor nur 18 Monaten
"ernsthaft" in Angriff genommen.
hagalil.com
16-02-2005 |