Bericht des Internationalen Währungsfonds:
8 % des Budgets stehen in Arafats eigenem
Ermessensspielraum
Nachrichtenartikel von Arnon Regular, Ha'aretz,
11.11.2003
Übersetzung Daniela Marcus
Etwa 8 Prozent des Budgets der
Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) werden von einer einzigen
Person verwaltet, nämlich vom PA-Vorsitzenden Yassir Arafat. So sagt
der offizielle Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Unter der Überschrift "Ökonomische Leistungen und
Reformen unter Konfliktbedingungen" beschreibt das IWF-Dokument, das
auf Daten der PA basiert, das Finanzmanagement der PA seit deren
Gründung im Jahr 1995 bis zum Ausbruch der Al-Aqsa-Intifada im Jahr
2000.
Die Zahlen zeigen unter anderem, dass etwa 900
Millionen Dollar an PA-Einkünften während dieser Periode
"verschwanden". Sie wurden vom palästinensischen Finanzministerium
an unbekannte Ziele transferiert.
Laut Bericht betrug das Gesamtbudget des Jahres
2003 in Arafats Büro 74 Millionen Dollar. Davon sind 34 Millionen
Dollar als "Transfers" aufgelistet, durch die der PA-Vorsitzende
"Organisationen" und "Einzelpersonen" bezahlte, wie es der Bericht
nennt.
Der Bericht beschreibt das Management von Arafats
Budget wie folgt: "Der Präsident beansprucht für sich das Recht,
verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen finanzielle Hilfe
zukommen zu lassen. Manche von ihnen haben legitime Ansprüche, sind
jedoch durch das soziale Netz gefallen und haben keine andere
Möglichkeit, als sich direkt an den Präsident zu wenden. Hierunter
fallen z. B. Studenten, die nach einem Auslandsstipendium streben,
Patienten, die im Ausland nach spezieller medizinischer Hilfe
suchen, und Menschen, die während des Konflikts ihr Vermögen und
ihren Lebensunterhalt verloren haben."
"Andere Antragsteller und Organisationen gehören
jedoch zu politisch favorisierten Netzwerken, die unter keinen
Umständen finanzielle Hilfe bekommen sollten. Hier werden
unvermeidlich Fragen und Verdächtigungen geweckt, die eigentlich
nicht im Einklang mit einem nachvollziehbaren und transparenten
öffentlichen Finanzsystem stehen (falls überhaupt alle Transfers und
Begünstigten veröffentlicht werden)."
"Die Lösung ist einfach. Das Budget des
Präsidenten sollte nur die Personal- und Betriebskosten des
Präsidenten abdecken. Alle Transfers sollten von den entsprechenden
Ministerien für Erziehung, Gesundheit und Soziales getätigt werden."
Der Bericht, der unter den Delegationen verteilt
worden war, die vor eineinhalb Monaten die jährliche IWF-Konferenz
in Abu Dhabi besucht hatten, nennt nicht die Empfänger der Gelder.
Doch diejenigen, die in Arafats Bürovorgänge eingeweiht sind, sind
sich über die Art und Weise, in der Gelder zugewiesen werden, im
Klaren: Fatah-Aktivisten und andere Gefährten reichen Forderungen
ein, die der PA-Vorsitzende persönlich genehmigt.
Die Geberländer und Organisationen, die die
Reformen in der PA beobachten, definieren das "soziale Netz" als
finanzielle Hilfe, die an die PA transferiert wird, wobei der
Terminus versichern soll, dass diese Gelder nicht dazu benutzt
werden, Terroraktivitäten oder andere verachtenswerte Ziele zu
unterstützen. Der IWF-Bericht zeigt jedoch, dass es unmöglich ist,
die Spur der Gelder zu verfolgen, die als "Budget des Präsidenten"
aufgelistet werden.
Das Dokument ruft Arafat dazu auf, die Namen der
Nutznießer zu nennen, wobei allerdings kein Ultimatum gestellt wird.
Der IWF-Bericht zeigt außerdem zum ersten Mal die
offizielle Anzahl des PA-Sicherheitspersonals, und zwar in Form der
registrierten Lohnempfänger. Die Anzahl beträgt 56.128. Dies sind
beinahe 20.000 Personen mehr wie in den Oslo-Verträgen vereinbart.
Das Dokument kritisiert die Tatsache, dass manche der im
Sicherheitsapparat Beschäftigten ihren Lohn durch die verschiedenen
Leiter dieser Sicherheitsapparate bar auf die Hand erhalten.
hagalil.com
11-11-2003 |