
Israel zwingt den Palästinensern gebietsinterne
Bewegungs-Pässe auf
Amira Hass, Ha'aretz vom 19. Mai 2002 u. Znet
Die Israelische Armee festigt ihren Griff u. schränkt
die Bewegungsfreiheit der Palästinenser in (bzw. zwischen) den großen u.
kleinen Städten der West Bank immer weiter ein, indem sie jetzt auch noch
darauf besteht, daß die regionale Verwaltung 'Bewegungs-Pässe' ausstellt -
die die Palästinenser jedesmal vorzuweisen haben, wenn sie von einer
(palästinensischen) Stadt zur nächsten reisen.
Dies wurde bekannt durch eine entsprechende Unterrichtung
der Geberländer-Repräsentanten u. Non-profit-Organisationen, die in der
Region tätig sind. Zusätzlich hat auch ein hochrangiges Mitglied der
Israelischen Sicherheitskräfte diese Maßnahme bestätigt. Ein Vertreter eines
dieser Geberländer meinte, das (gewünschte) Ergebnis dieser Maßnahme sei es,
die besetzten Territorien effektiv in abgetrennte Kantone aufzuspalten.
Unter dem neuen System können Waren innerhalb der
palästinensischen Gebiete quasi nur noch im
'Von-einem-Laster-zum-andern-Verfahren' trans- portiert werden: Also ein
Transporter bringt seine Ware zu einem bestimmten Sammelplatz, dort wird er
entladen, u. der nächste Laster muß die Ware dann übernehmen u.
weitertransportieren - und so immer weiter. Autofahrern u. Fußgängern, die
in ein bestimmtes Gebiet hineinwollen, steht jetzt nur noch ein einziger
Durchgang zur Verfügung - u. dann müssen sie sich auch noch den
entsprechenden 'Bewegungs-Paß' besorgen. Demgegenüber behauptet die
Israelische Regierung, die Erlaubnisscheine würden das Leben der
Palästinenser in Zukunft erleichtern - indem sie nämlich Absperrungen u.
Besetzungen in manchen Fällen überflüssig machten. Repräsentanten der
Geberländer hingegen sagen, die neuen Maßnahmen seien dazu geeignet, die
Territorien in acht Gebiete mit hoher Population zu unterteilen - wobei die
einzelnen Gebiete dadurch sehr effektiv voneinander isoliert werden könnten
- nämlich durch eine umfassende Kontrolle von Auto- u. Fußgängerverkehr
durch das Israelische Militär. Die so entstandenen acht Enklaven wären:
Jenin, Nablus, Tul Karm, Qalqilya, Ramallah, Jericho, Bethlehem u. Hebron.
Die Repräsentativ-Büros von so wichtigen internationalen
Organisationen wie z.B. das 'Rote Kreuz' sind Arbeitgeber vieler
palästinensischer Zivilangestellter. Diesen Organisationen wurde bei einem
Treffen mit Israelischen Offiziellen eröffnet, in Zukunft müßten sie beim
zuständigen Bezirksamt für Zivilangelegenheiten regelmäßig um
'Bewegungs-Pässe' für ihre Angestellten nachsuchen. Diese Pässe sollten aber
nur von morgens 5 Uhr bis abends 7 Uhr Gültigkeit haben. Außerdem müßten die
Pässe monatlich erneuert werden. Von einem Vertreter der Geberländer erfuhr
ich, daß die Geberländer gemeinsam mit Non-profit-Organisationen derzeit
über eine gemeinsame Erklärung beraten, mit der sie auf die neue Israelische
Anordnung reagieren wollen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt, so meine Quelle,
hätten die Organisationen noch nachgegeben u. einen solchen Paß beantragt.
Der Mann weiter: selbst wenn die neue Vorschrift (von den Israelis) als eine
vorübergehende Maßnahme verkauft werde, bestünde doch die große Befürchtung,
daß sich die Aufsplittung der Territorien in acht voneinander isolierte
Gebilde zu einer dauerhaften Angelegenheit entwickeln könnte.
Derartige Paß-Kontrollen würden die Ökonomie in den
'Besetzten Gebieten' noch weiter abwürgen - eine (palästinensische)
Ökonomie, die ja schon hart genug betroffen ist durch die Ausgangssperren
der Israelischen Armee. Die (zusätzlichen) Kontrollen könnten der
Privatwirtschaft in den Gebieten somit den Todesstoß versetzen. Zudem würde
eine derartige Maßnahme die 'Palästinensische Autonomiebehörde' (PA) weiter
demontieren, u. Pläne zur strukturellen Entwicklung der West Bank
zunichtemachen.
Die Repräsentanten der Geberländer haben ihren Regierungen
bereits Bericht erstattet über die veränderte Situation u. sind derzeit in
Erwartung einer diplomatischen Antwort. Zudem mußten es diese Repräsentanten
übernehmen, die PA über die bevorstehenden Änderungen zu informieren. Die
Israelische Regierung hatte es nämlich versäumt, die PA in Kenntnis zu
setzen - ebenso wie die Menschen in den betroffenen Gebieten: die
palästinensische Bevölkerung hat ja noch niemand formal in Kenntnis gesetzt
über die verschärfte Abriegelungspraxis bzw. über die neuen bürokratischen
Anordnungen.
Die Menschen werden von den Neuerungen wohl erst erfahren,
wenn sie an den Checkpoints anstehen u. die Israelischen Soldaten teilen
ihnen mit, sie müßten zuvor noch zur Behörde für Zivilangelegenheiten nach
Bet El u. sich von dort einen Paß besorgen - um Ramallah nämlich überhaupt
verlassen zu können.
Das alles ist besonders schlimm für die Lehrer u.
Lehrerinnen, die in den Dörfern südlich bzw. westlich von Ramallah
unterrichten - aber auch für andere Bewohner Ramallahs ist es verheerend -
für Geschäftsleute, Angestellte, kurz gesagt alle, deren Arbeitsplatz in
südlicher Richtung der Checkpoints liegt (auf Palästinensischem Gebiet). Das
Palästinensische Bildungsministerium hat seine Lehrer inzwischen bereits
angewiesen, keinen derartigen 'Bewegungs-Paß' zu beantragen.
Ophir Chaham, der Sprecher des (Israelischen)
Koordinierungskomitees für Aktionen in den 'Besetzten Gebieten' besteht
darauf: die Pässe wären lediglich dazu da, das Leben des normalen
Palästinensers in den 'Besetzten Gebieten' zu erleichtern u. bildeten eine
gute Alternative zu den Abriegelungen u. Ausgangssperren.
Übersetzung: Andrea Noll
Israel Forces Internal Movement Permit On Palestinians
hagalil.com
29-05-2002 |