Am Ende der Ära Arafat:
Politischer Neuanfang?
Stellt dies die Chance für einen politischen
Neuanfang dar oder vielleicht eher einen Grund zur Aufhebung der
Abkopplung? In Israel kam es heute zu den erwarteten politischen
Reaktionen nach Verkündigung des Todes Yasser Arafats.
Ministerpräsident Ariel Sharon nahm heute morgen
zum ersten Mal Stellung zum Tode Arafats: "Die letzten Ereignisse
könnten eine historische Wende im Nahen Osten darstellen. Israel ist
ein Staat, der den Frieden sucht und mit seinen Mitteln auf eine
politische Regelung mit den Palästinensern ohne Verzögerungen weiter
hinarbeitet. Ich hoffe, dass die neue Führung verstehen wird, dass
die Entwicklung der Beziehungen und die Lösung der Probleme
zuallererst vom Kampf der Palästinensischen Autonomiebehörde gegen
den Terror und dessen Beendigung abhängen, und ich hoffe, dass sie
das tatsächlich tun werden."
Justizminister Yosef Lapid (Shinui) sagte: "Gut,
dass der Mensch nicht mehr da ist. Der Mann hat Tausende Israelis
und Juden ermordet. Er hat eigentlich den internationalen Terror
erschaffen, Al Qaida ist die Fortführung dessen, was Arafat als eine
Methode des Kampfes begonnen hat. Man braucht seinen Tod nicht zu
bedauern. Die Öffentlichkeit ist klug genug um zu verstehen, dass
man sich an Arafat in der Geschichte immer in Zusammenhang mit den
Schmerzen internationalen Terrors erinnern wird."
Lapid fügte hinzu: "Wir jubeln nicht, wir beweinen
ihn nicht, und wir mischen uns nicht ein. Wir wollen nicht als
jemand erscheinen, der versucht, die Wahl des Erben zu beeinflussen.
Denn so werden wir nur bösen Menschen helfen und solchen schaden,
mit denen man sprechen kann. Deshalb gehen wir weiter auf unserem
Weg: Wir sind für die Roadmap und werden die Abkopplung weiter
umsetzen." Auf die Frage, ob irgendwelche Veränderungen im
einseitigen Abkopplungsplan notwendig sind, antwortete Lapid: "Ich
denke nicht, dass der Plan geändert werden muss, doch wenn die neue
Führung einsehen sollte, dass der Ausgangspunkt die Beendigung des
Terrors sein muss, und sie sich am Prozess beteiligen will? Die
Einseitigkeit entstand dadurch, dass man mit niemandem sprechen
konnte. Es ist immer besser, gemeinsam zu einem Einverständnis zu
kommen."
Staatspräsident Moshe Katsav sagte zum Tod
Arafats: "Ich hoffe, dass die Palästinenser in der Lage sein werden,
sich rasch von ihrer Trauer zu erholen und eine neue, zuverlässige
Führung wählen werden, welche die Fähigkeit hat, sie aus ihrem Leid
und ihrer Not zu befreien. Arafats Tod könnte der Beginn eines neuen
Abschnitts in den Beziehungen zu den Palästinensern sein, der der
Gewalt und dem Terror ein Ende setzt."
Landwirtschaftsminister Israel Katz sagte: "Israel
muss sich auf die Möglichkeit einer Terrorwelle seitens der
Palästinenser einstellen, die in der palästinensischen
Öffentlichkeit ihre Macht ausbauen wollen. Israel muss mit
Entschiedenheit und fester Hand erklären, dass nach der Ära Arafat
der Terror nicht mehr als Mittel zur Erreichung politischer Ziele
dienen wird. Das Sterben Arafats ist eine Chance für eine neue Ära."
Auch in der Arbeitspartei sprach man über die
Hoffung auf Veränderung. Der Knessetabgeordnete Matan Vilnai sagte:
"Arafat war ein palästinensischer Führer, der sich auf gesamter
Linie geirrt hat. Sein Tod und weitere strategische Veränderungen
eröffnen die Chance, einen neuen Weg zu beschreiten – die
Durchführung der Abkopplung entsprechend des ursprünglichen
Zeitplans unter Verständigung mit der palästinensischen Führung, was
eine neue Situation schaffen wird."
Der Knessetabgeordnete Yitzhak Herzog fasste
zusammen: "Der Tod Arafats eröffnet eine Chance und birgt
gleichzeitig eine Gefahr. Die Chance liegt in der Möglichkeit einer
bedeutungsvollen Veränderung und einem Stufenprozess in unserer
Region und einem Dialog. Die Gefahr liegt im Niedergang ins Chaos
bei den Palästinensern. Wir müssen sehr vorsichtig vorgehen."
Der ehemalige Ministerpräsident Ehud Barak
(Arbeitspartei) äußerte sich ebenfalls zum Tode Arafats: "Der Tod
Arafats, der Führer und Symbol der palästinensischen Bewegung war,
hat zum Ende seiner Führungszeit geführt, welche eine Tragödie für
sein Volk und für uns darstellte. In Camp David haben wir
herausgefunden, dass sein Ziel nicht der Frieden oder das Ende des
Konflikts ist, sondern Terror oder Gewalt. Arafat war und ist ein
Führer des Terrors und ein korrupter Herrscher, und die schlimmste
von seinen Sünden ist die Vergiftung der Seele der jungen
palästinensischen Generation mit brennendem Hass gegen Israel."
Der Vorsitzende der (ultraorthodox-sephardischen)
Shas-Partei Eli Ishai rief dagegen zur Aufhebung der Abkopplung auf:
"Die Durchführung der Abkopplung macht Israel zum Straußenvogel des
Nahen Ostens. Der Plan muss zu einer erneuten Abstimmung vor der
Knesset gebracht werden. Wer erwartet, dass sofort nach dem Tode
Arafats ein Abkommen geschlossen werden wird, hat keine Ahnung vom
Nahen Osten."
Der ehemalige Minister Uzi Landau, einer der
leitenden "Abtrünnigen" des Likud, verstärkt diesen Standpunkt: "Das
Abscheiden Arafats lässt die Grundvoraussetzungen des
Abkopplungsplans fallen und deshalb muss dieser gefährliche Plan
sofort gestoppt werden. In der derzeitigen Situation wäre ein
Vorantreiben des Plans von erstrangiger Verantwortungslosigkeit."
Der Vorsitzende der (nationalreligiösen)
Mafdal-Fraktion, der Knessetabgeordnete Efi Eitam sagte: "An diesem
Tag schwebt eine schwere, dunkle Wolke über den Werten des Lebens,
über der Freiheit. Nur wenige Male trafen wir in der Vergangenheit
auf einen Menschen aus Fleisch und Blut, der die gebündelte Bosheit
ist. Am heutigen Tag schreit das Blut Tausender unserer Brüder aus
der Erde zu uns."
Der Siedlerrat der Westbank und des Gazastreifens
reagierte ebenfalls: "Der Tod Arafats bezeichnet das Sterben eines
Feindes der Juden, der Tausenden von Heimen in Israel ihrer Kinder
beraubt hat. Der Rat der Westbank und des Gazastreifens hofft, dass
mit Arafat das Konzept der Lüge, nach welchem ein Rückzug und dessen
Grundsätze Frieden und Sicherheit bringen, von dieser Welt
verschwinden werden, und dass sich neue politische Regelungen
erzielen lassen können, die auf wirklichem Frieden basieren und dem
Gerüst der Ansiedlung und nicht auf leeren Illusionen, Partnern, die
Führer des Terrors waren und immer noch sind."
Der Knessetabgeordnete Haim Oron von der
Yachad-Fraktion (linksliberal) sagte: "Arafat wird vom
palästinensischen Volk als Vater der Nation betrachtet und trotz all
der Meinungsverschiedenheiten und der Kritik gegen ihn müssen wir
die Gefühle des palästinensischen Volkes würdigen. Arafat hatte viel
mehr, als nur einen Aspekt. Die letzte Stufe in seiner Führung war
schwer und zerstörerisch für beide Völker."
Die Friedensorganisation "Frieden jetzt" (Shalom
Achshav) ließ verlauten: "Der Tod Arafats darf nicht als Ausrede für
die Aufhebung oder das Aufschieben des Abkopplungsplans dienen.
Israel muss Wege für einen Dialog mit den Palästinensern finden, um
den Rückzug aus dem Gazastreifen in gemeinsamer Absprache
stattfinden zu lassen und damit es einen Ausgangspunkt gibt für eine
zukünftige Regelung."
Quelle: ynet
© Botschaft des Staates Israel
hagalil.com
12-11-2004 |