Alles paletti:
Kontrollverlust
Aus einem Kommentar von Alex
Fischmann in Jedioth achronoth
Der Gedanke, nicht in die USA zu
fahren, begann bereits am Freitag im Amt des Premiers Sharon Gestalt
anzunehmen, noch vor der Anschlagswelle vom Wochenende. Hohe Stellen im
Amt begründeten eine eventuelle Verschiebung des Besuchs mit den
scharfen Warnungen vor Anschlägen, die vor dem Wochenende eingegangen
waren. Die Prophezeiung wurde zur Realität.
Der Anschlag gestern Morgen in Jerusalem
setzte dem Kofferpacken ein Ende. Sollten Warnungen vor Anschlägen
tatsächlich der Grund sein, warum der MP nicht zu seinem Treffen mit
Präsident Bush gefahren ist, dann scheint es, als werde Sharon nicht so
schnell nach Washington kommen können, um die Roadmap zu erörtern,
sollte von dieser noch etwas übrig bleiben.
Der Umfang der Warnungen hat in letzter Zeit einen Siedepunkt erreicht,
sodass die Anschläge jetzt überkochen, ohne dass der Shabak sie noch in
Kontrolle halten kann. Die logische Reaktion auf einen Kontrollverlust
ist es, die Lage einzufrieren. Deshalb hat der Sicherheitsapparat
gestern beschlossen, zur vollen Absperrung zurückzukehren.
Die Empfehlung des Sicherheitsapparats, die Lage einzufrieren, ist Teil
der Politik, die Verteidigungsminister Mofas vorschreibt, und dernach es
ein israelisches Interesse ist, die Position Abu-Masens nicht zu
untergraben. Deshalb wurden keine drastischen Maßnahmen wie eine
Ausweisung Arafats beschlossen, was Abu-Masen intern schaden könnte. Und
hier liegt das Paradox: eine enge Absperrung und Blockade der Gebiete
bedeutet, dass die Abu-Masen unterstehenden Sicherheitskräfte keine
Maßnahmen zur Terrorbekämpfung unternehmen können, auch wenn sie das
wollten, da sie sich nicht von Ort zu Ort bewegen können. Deshalb ist es
schwer zu verstehen, wie Israel Abu-Masen ausgerechnet durch eine solche
Entscheidung helfen möchte.
Die Warnungen und Anschläge sind eigentlich der Ausdruck eines
zunehmenden Chaos auf der palästinensischen Seite. Die palästinensische
Gesellschaft wird von zwei schwachen Köpfen geführt, die sich
gegenseitig neutralisieren und keinen wesentlichen Einfluss auf die
Straße haben. Abu-Masen, der eine Kopf, ist schwach und gilt sogar als
Kollaborateur. Israel war sehr enttäuscht, dass er die letzten Anschläge
der Hammas nicht persönlich sondern nur durch einen seiner Minister
verurteilt hat. Genau dadurch kommt seine Schwäche zum Ausdruck. Er hat
keine Kraft, sich mit der Hammas auseinanderzusetzen. Der zweite Kopf,
Arafat, sitzt Abu-Masen im Nacken und stört ihn bei der Arbeit, vor
allem dadurch, dass er sich nicht an die Straße wendet und sie aufruft,
den Terror einzustellen. Im Gegenteil: er sendet Botschaften aus, dass
weitergemacht werden kann.
Aber auch Arafat ist ein schwacher Kopf. Er hat keine Kontrolle über die
drei Millionen Palästinenser in den Gebieten. Diese werden vor allem von
lokalen Führungen geleitet, von welchen auch der Terror ausgeht. Das
Fehlen einer palästinensischen Führung schafft dieses Chaos, mit dem wir
konfrontiert werden, und das hin und wieder große Anschläge
hervorbringt.
Es scheint, als störe sich unsere Führung nicht besonders an der
Spaltung bei den Palästinensern, da ihr dies ermöglicht, die Lage auch
auf der politischen Ebene einzufrieren, wobei hin und wieder beteuert
wird, man hege den Wunsch, Fortschritte zu erzielen. Weiterhin scheint
es, als hänge auch die amerikanische Regierung nicht besonders an der
Roadmap. Sie hat ja keinen direkten Einfluss auf die Wahlen des
Präsidenten. Sollte die amerikanische Regierung nicht klar und deutlich
in der Region intervenieren, dann werden wir in dieser eingefrorenen
Situation bleiben und weiterhin das machen, was wir seit zweieinhalb
Jahren machen: Kommuniqués über die Erfolge des Shabak und der IDF in
den Gebieten veröffentlichen, wobei uns hin und wieder der eine oder
andere Selbstmordattentäter “durch die Lappen geht”.
hagalil.com
23-05-03 |