Die Hisbollah versucht Israel zu provozieren
Ein Soldat wurde bei einem
Angriff auf einen Vorposten verletzt
Nachrichtenartikel von Amos Harel, Aluf Benn und Shlomo Shamir
Ha'aretz, 04.04.2002
Israel hat in den letzten 48 Stunden mit allen diplomatischen
Mitteln versucht, Syrien und Libanon dazu zu bewegen, die Hisbollah, die gestern
ihre Angriffe im Har-Dov-Gebiet fortführte, zurückzuhalten. Beim gestrigen
Angriff wurde ein IDF-Soldat schwer verletzt. In den letzten 48 Stunden schlugen
außerdem zwei Katyusha-Raketen in der Nähe von Kiryat Shmona in Israel ein.
Außenminister Shimon Peres appellierte telefonisch an
US-Außenminister Colin Powell, der versprach, seinen Einfluss zu nutzen. Peres
schrieb außerdem an UN-Generalsekretär Kofi Annan und ersuchte ihn, syrische und
libanesische Autoritäten aufzufordern, Hisbollah-Kämpfer in ihrer Ansammlung von
Waffen und Truppen an der libanesischen Grenze zu stoppen. Verteidigungsminister
Benyamin Ben-Eliezer sagte gestern Abend im israelischen Fernsehsender Arutz 2:
"Die Hisbollah wird bestimmt nichts tun, wenn sie nicht sicher ist, dass die
Syrer sie unterstützen. Sie würde gewiss nicht ständig unentschuldigt operieren,
ohne dass ihre Chefs, die Syrer, genau wissen, was sie tut."
Sicherheitsquellen vermerken, dass die Hisbollah ihre Angriffe
seit dem 12. März vermehrt hat. An diesem Tag drang eine Zelle in der Nähe des
Kibbutz Metzuba in Israel ein und tötete einen IDF-Offizier und fünf Zivilisten.
Seitdem gab es sieben Hisbollah-Angriffe. Bis März diesen Jahres hatte es etwa
alle zwei Monate einen Hisbollah-Vorfall gegeben. Auf Ben Eliezers Bitte hin
traf sich gestern abend das Sicherheitskabinett, um die Eskalation an der
Nordgrenze zu diskutieren. Ranghohe Verteidigungsoffiziere sagten, "Israels
Geduld hängt an einem seidenen Faden " und wenn diplomatische Anstrengungen
scheitern, wird Israel keine andere Wahl haben, als hart auf die Provokationen
der Hisbollah zu reagieren. Dies schließt auch Angriffe auf syrische Ziele ein.
Peres' Brief an Annan warnte, dass die kürzlichen Angriffe gegen israelische
Zivilisten und militärische Ziele "alarmierende Konsequenzen für die Stabilität
der Region" mit sich bringen könnten. Der Brief ersuchte Annans "sofortige und
persönliche Intervention" bei den Regierungen von Syrien und Libanon, "um
jegliche Aktionen der Hisbollah oder anderer gegen Israel zu verhindern." Der
Brief wurde vom israelischen UN-Botschafter Yehuda Lancry übergeben. Dieser
sagte Journalisten, Annan habe versprochen, sofort " die syrische und
libanesische Führung zu kontaktieren und die Mitglieder des Sicherheitsrates zu
informieren".
Peres sagte, dass Israel in den letzten 48 Stunden "alarmierende
Informationen" darüber erhalten hätte, dass die Hisbollah "ihre Truppen in naher
Umgebung der blauen Linie massiv verstärkt hat und zwar in einem Maß, das klar
zeigt, dass Vorbereitungen für weitere Angriffe gegen Israel getroffen werden."
Die "blaue Linie" ist eine Grenze zwischen Israel und dem Libanon, die von der
UN einen Monat nach Ende der israelischen Besatzung des Südlibanon im Mai 2000
markiert worden war. Sowohl der Libanon wie Syrien haben diese Linie seither
immer wieder angefochten. Anfang dieser Woche teilte Annan in einer
geschlossenen Sitzung des UN-Sicherheitsrates mit, dass die Hisbollah
"ernsthafte Verstöße" gegen die blaue Linie unternommen habe und dass die
Zustimmung des Sicherheitsrates zum israelischen Rückzug aus dem Libanon im Mai
2000 bedeutete, "dass keine Seite das Recht hat, gegen diese blaue Linie zu
verstoßen". Die IDF bleibt im etwa 25 km² großen Gebiet der Shaba-Farmen.
Beirut sagt, dass dies Teil des Libanon ist. Doch die UN sagt, es
gehört Syrien, es sei denn, die beiden Nationen unterzeichnen einen formalen
Vertrag zur Änderung der Grenze. Die Hisbollah begann am Dienstag, die
israelischen Positionen bei den Shaba-Farmen anzugreifen. Israel reagierte mit
Artillerie und mindestens vier Raketen von Kampfflugzeugen, die am Rande der
libanesischen Grenzstadt Kfar Shouba abgefeuert wurden. Militärsprecher sagen,
dass die Hisbollah bis zum jetzigen Zeitpunkt noch immer versucht, Israel in
einen massiven Rückschlag hineinzuziehen. Jerusalem versucht, dies zu vermeiden.
Der Reserveoffizier der IDF-Alpin-Kräfte wurde beim Astra-Vorposten an der
Grenze zwischen Har Hermon und Har Dov während eines Hisbollah-Angriffs mit
Anti-Panzer-Waffen verwundet. Der Angriff begann etwa um 18.30 Uhr.
Dutzende von Anti-Panzer-Waffen und Mörsern wurden in den
letzten zwei Tagen auf das Gebiet gefeuert. Der Soldat wurde durch Schrapnells
verletzt. Die beiden Katyusha-Raketen, von denen eine am Dienstagmorgen und die
andere gestern morgen abgefeuert wurde, waren die ersten seit dem Rückzug aus
dem Libanon im Mai 2000. Bei der israelischen Reaktion am Dienstag wurde ein
örtlicher Hisbollah-Kommandant im Südlibanon getötet. Israel ist nicht sicher,
ob die Hisbollah wirklich für alle Angriffe in den letzten beiden Tagen
verantwortlich ist. Es ist auch möglich, dass die Katyushas von
palästinensischen Organisationen abgefeuert wurden. Diese könnten auch für das
Anti-Panzer-Feuer beim Levana-Vorposten in West-Galiläa zu Beginn dieser Woche
verantwortlich sein. Der Libanon berichtete gestern, dass Beirut einen örtlichen
Fatah-Kommandanten wegen dieser Schießerei verhaftet hätte.
haGalil onLine 17-04-2002 |