von götz nordbruch, kairo
Aller guten Dinge sind drei, scheint sich der Jordanische
Schriftstellerverband (JWA) gedacht zu haben. Denn beim dritten Anlauf
gelang es der Organisation Anfang vergangener Woche schließlich, ihre
bereits für April geplante Veranstaltung abzuhalten: »Was geschah mit
der Konferenz 'Revisionismus und Zionismus' in Beirut?« Etwa 200
Besucher kamen und diskutierten auf dem Forum munter die Geschehnisse um
das geplatzte Beiruter Treffen. Die Konferenz des rechtsextremen
US-amerikanischen Institute for Historical Review (IHR) hatte nach einem
Beschluss des libanesischen Ministerrates kurzfristig abgesagt werden
müssen (Jungle World, 15/01).
Auch der JWA stand unterm Druck der Regierung. Zwei Tage vor dem
ursprünglichen Termin am 8. April erhielten die geladenen Referenten die
telefonische Aufforderung, am nächsten Morgen beim örtlichen Polizeichef
vorzusprechen. Angesichts des bevorstehenden Besuches des jordanischen
Königs Abdallah in Washington schien eine Veranstaltung, auf der die
geschichtsrevisionistischen Thesen des IHR verbreitet werden sollten,
nicht opportun. Der zweite Termin Ende April wurde ebenfalls kurzfristig
abgesagt. Das allerdings hing, erklärte der Präsident des
Schriftstellerverbandes Fakhri Qawar, allein mit inhaltlichen
Überlegungen zusammen. Mit der Wahl des 14. Mai als neuem Termin sollte
auf den Zusammenhang der »zionistischen Mythen« und der »Nakba«, der
»palästinensischen Katastrophe von 1948«, hingewiesen werden.
Bereits in den Einladungen zur Veranstaltung in Amman wurde die
inhaltliche Nähe zur geplatzten Beiruter Konferenz deutlich. So fasste
der Schriftstellerverband in einer Erklärung die Ziele der
Holocaust-Leugner mit den Worten zusammen, sie versuchten, »die Juden
und den Rest der Menschheit vom Zionismus, der nicht weniger rassistisch
ist als der Nazismus, zu befreien«.
Ibrahim Alloush, führender Funktionär der jordanischen Association
against Zionism and Racism und Mitglied des JWA, bemühte sich zudem in
der islamistischen Wochenzeitung as-Sabeel, die Thesen des IHR zu
verbreiten. In einer dreiteiligen Artikelserie mit dem Titel »Wer sind
die Geschichtsrevisionisten?« antwortete er ausführlich auf die
rhetorische Frage, ob die Veranstalter der Konferenz den »Tod von Juden
während des Zweiten Weltkrieges« bestritten. Nein, so versichert
Alloush, ganz im Gegenteil bewiesen sie sogar, dass »einige
Hunderttausend Juden während des Kriegs, der insgesamt 45 Millionen
Opfer forderte, umgekommen seien«.
Seinen Vortrag auf der Veranstaltung in Amman nutzte Alloush, um die
von dem französischen Literaturprofessor Robert Faurisson für die
Beiruter Konferenz geplante Rede zu resümieren. Faurisson hat sich in
rechtsextremen Kreisen als Leugner der Gaskammern einen Namen gemacht.
Der Geschichtsrevisionismus, so Alloush in Anlehnung an Faurisson,
leugne nicht den Holocaust, sondern richte sich gegen die Versuche der
Zionisten, unter dem Vorwand des Holocaust eine verbrecherische Politik
gegenüber den Palästinensern zu betreiben.
Auch die beiden anderen Vortragenden wiesen Kritik am
Geschichtsrevisionismus zurück. So hob die libanesische Journalistin
Hayat Atiyah die »wissenschaftlichen Methoden« hervor, mit denen
bewiesen werden könne, dass es aus Kapazitätsgründen »unmöglich gewesen
ist, in den Gaskammern sechs Millionen Menschen zu verbrennen«. Der
jordanische Journalist Arafat Hijazi wandte sich gegen die arabischen
Kritiker des Geschichtsrevisionismus, welche die paläs-tinensische Sache
fälschlicherweise von solcher »Forschung« über den Holocaust trennen
wollten.
Das waren keine Ausrutscher. Bereits in seiner Erklärung zur Absage der
Beiruter Konferenz hatte der JWA darauf hingewiesen, dass der Kampf um
»die Befreiung Palästinas die weltweite Suche nach Freunden erfordert,
anstatt sich an der Unterdrückung von Wissenschaftlern und
Intellektuellen zu beteiligen, die uns unterstützen«.
Insbesondere der offene Brief, mit dem vierzehn arabische
Intellektuelle gegen die Konferenz in Beirut protestiert hatten, wurde
von den Veranstaltern scharf angegriffen. Nicht einmal die Erklärung,
die Edward Said zur Verdeutlichung seiner Position abgegeben hatte,
änderte etwas an der harschen Ablehnung, mit der diesen so genannten
Normalisierern begegnet wurde. Said hatte seine Unterschrift unter den
Brief, in dem die libanesische Regierung zu einem Verbot der Konferenz
aufgefordert wurde, mit dem Hinweis zurückgezogen, er habe lediglich die
Kritik an der Veranstaltung selbst, nicht aber eine Verbotsforderung
unterstützen wollen. Die rhetorischen Angriffe gegen Normalisierer, die
gemäßigtere Positionen zum arabisch-israelischen Konflikt vertreten,
sind kein Zufall: Der Jordanische Schriftstellerverband ist Teil des so
genannten Anti-Normalisierungskomitees (ANK), dem neben oppostionellen
Parteien hauptsächlich diverse Berufsverbände angehören.
Aus Sorge um den wachsenden öffentlichen Einfluss, den diese Verbände
durch ihre entschiedene Ablehnung eines Friedensvertrages mit Israel
gewinnen, nahmen die staatlichen Repressalien gegenüber dem ANK in
letzter Zeit zu. Im Januar etwa wurden mehrere Mitglieder des Komitees
verhaftet; sie wurden beschuldigt, eine schwarze Liste mit Angaben über
Privatpersonen und Firmen veröffentlicht zu haben, denen »Kontakte zu
Israel« vorgeworfen wurden.
Die Positionen des Schriftstellerverbandes, der letztlich für die
verschiedenen Verbände im ANK steht, lassen sich allerdings keineswegs
auf die Eskalation der Situation in den palästinensischen
Autonomiegebieten zurückführen. So hatte sein Präsident Qawar bereits
1996 für Aufsehen gesorgt, als er den französischen Holocaust-Leugner
Roger Garaudy empfing.
Garaudy seinerseits setzte nach Zeitungsberichten die Reihe seiner
Besuche zu Beginn dieses Jahres fort, als er zusammen mit seinem
Verleger Pierre Guillaume an einem Kolloquium der jordanischen
Vereinigung der Berufsverbände in Amman teilnahm. Dessen Motto lautete:
»Der Kampf gegen die Normalisierung mit Israel ist eine religiöse und
nationale Pflicht.«
Zur geplatzten Konferenz in Beirut äußerte sich Garaudy allerdings
überraschend vorsichtig. Auf die Frage nach seiner von der IHR
angekündigten Teilnahme auf dem Beiruter Treffen bestritt er gegenüber
der Wochenzeitung al-Madjallah, jemals eine Zusage gegeben zu haben. Die
Erwähnung seines Namens auf der Liste der Redner der Konferenz bestätige
nur seine Vermutung, dass sich »eine Verschwörung« gegen ihn formiert
habe.
Hingegen zeigte sich Faurisson unbeeindruckt vom Wirbel um die
Konferenz in Beirut und von den Vorwürfen, es handele sich dabei um eine
Veranstaltung von Rechtsextremen. Schließlich, so heißt es in dem von
ihm veröffentlichten Redemanuskript für die geplatzte Konferenz, müsse
es darum gehen, »eine Bewegung gegen das Diktat des Holocaust und für
die Freundschaft unter den Völkern« zu gründen. Bestärkt von den
Sympathien, die ihm auf einer Vortragsreise Ende letzten Jahres im Iran
entgegengebracht wurden, begreift er auch die extreme Rechte als Teil
dieser »Bewegung«. Denn letztlich, so Faurisson, »sind unsere Intifadas
identisch«.