Einweihung des neuen Yad-Vashem-Museums:
Das Denkmal in Jerusalem
Leitartikel, Ha'aretz, 15.03.2005
Übersetzung Daniela Marcus
Die beeindruckende Teilnahme von
Staatsoberhäuptern und Staatsmännern an der heutigen Zeremonie zur
Einweihung des neuen Yad-Vashem-Museums und die frühere Teilnahme
von Staatsoberhäuptern der internationalen Gemeinschaft an
Feierlichkeiten anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung von
Auschwitz deutet eine verspätete Anerkennung der Verantwortung der
internationalen Gemeinschaft für die Apathie und die Resignation an,
die den Mord am jüdischen Volk ermöglicht haben.
Sie hebt auch die Botschaft der Staatsoberhäupter hervor, nach der
politische Kritik am Staat Israel keinen Hass auf Juden im
Allgemeinen rechtfertigen darf. Vor allem aber ist sie Teil eines
andauernden Prozesses, in dessen Verlauf die Schoah des jüdischen
Volkes ein allgemein prägendes Ereignis wird, das unvergleichliche
Symbol für das menschlich Böse und für das, was Menschen einander
antun können.
Es besteht keine Notwendigkeit, sich darüber aufzuregen, dass die
Nationen der Welt die Schoah in ein universelles Ereignis
verwandeln. Im Gegenteil: Anstatt das jüdische Volk als eine
Ausnahme zu betrachten wird hierdurch eher die Akzeptanz des
jüdischen Volkes als Teil der Völkerfamilie unterstrichen. Uns, die
wir Teil der Nation sind, die hauptsächliches Opfer der Todeslager
der Nazis war, betrifft die Schoah vor allem als Juden. Deshalb
hatten die Planer der Ausstellung des neuen Museums Recht damit,
sich vor allem aus Sicht der Opfer auf die Schoah zu konzentrieren,
anstatt dem Prozess, der die Verwandlung einer aufgeklärten Nation
in eine Nation von Mördern zeigt und der in anderen Museum
dargestellt wird, eine äquivalente Bedeutung zu verleihen.
Erste Kommentare über das neue Museum scheinen das Element des
"Wettkampfes" mit ähnlichen Museen rund um die Welt und insbesondere
mit dem Holocaust Museum in Washington, das 1993 eröffnet wurde,
überbetont zu haben. Es ist offensichtlich, dass sich jede
Institution, die auf diesem Gebiet tätig ist, in gewissem Maße in
einer Art Wettkampf mit anderen Aktiven befindet.
Es ist jedoch klar, dass dies nicht der hauptsächliche Grund für die
Bedeutung des neuen Museums ist. Seine Bedeutung liegt in der
Tatsache, dass –im Gegensatz zum Rest der Welt, der den universellen
Aspekt auf die Schoah betont und dadurch bis zu einem gewissen Grad
ihre einzigartige Verbindung mit dem Hass auf Juden durch die
gesamte Geschichte hindurch verschleiert- das jüdische Volk selbst
einen angemessenen Weg sucht, um den besonderen Kontext im
Gedächtnis zu behalten. Und dafür ist kein Platz besser geeignet als
Jerusalem.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet liegt ein besonderer Wert auf
der Tatsache, dass das Museum, das die jüdische Bedeutung der Schoah
hervorhebt, nun fähig sein wird, dies mit architektonischer und
künstlerischer Kraft zu tun, auf eine Art und Weise, die sowohl das
Herz wie den Kopf beschäftigt und zwar nicht weniger als andere,
ähnliche Ausstellungen.
Jede Darstellung jüdischer Vitalität in der Welt nach der Schoah ist
ein Sieg über Hitler. Doch es ist auch klar, dass die Notwendigkeit
für einen souveränen Staat –in dem Juden sich sowohl verteidigen
können, wenn es nötig ist, wie auch ihre Kultur innerhalb eines
nationalen Kontextes und nicht nur innerhalb einer
Minderheiten-Gruppe entwickeln können- die Hauptlektion der Schoah
war und bleiben wird.
Die Ausstellungsserie des Museums beginnt mit einer Exposition, die
schonungslos den Hass auf Judentum und Juden dokumentiert, der das
Christentum über die größten Strecken seiner Existenz hinweg
charakterisiert hat. Sie endet auf einem Balkon mit Blick auf die
Berge von Jerusalem. Dies ist für Besucher ein bewegender Moment –
einer, der –besser als Worte es jemals tun könnten- die Lebenskraft
des jüdischen Volkes, das aus der Asche auferstanden ist,
unterstreicht.
hagalil.com
15-03-2005 |