Der Zaun –
Keine einfache Lösung
Leitartikel, Ha’aretz, 16.06.2002
Heute werden der Verteidigungsminister und die
israelischen Verteidigungsstreitkräfte die geplante Ausrichtung der
Zäune, Hindernisse und Patrouillenrouten –im allgemeinen "der Zaun"
genannt- präsentieren. Der Zaun ist dazu bestimmt, Angriffe von
Terroristen, die aus der West Bank über die Grüne Linie kommen, zu
verhindern.
Der Zaun wird nicht allen Terroranschläge Einhalt
gebieten. Er wird sie nur verlangsamen, wie Bodenschwellen auf der
Straße das Fahren verlangsamen. Solange die politischen Bestrebungen
einiger Fraktionen in der palästinensischen Gemeinschaft nicht zufrieden
gestellt werden und solange es keine palästinensische Regierung gibt,
die diese Anschläge stoppt, werden die Versuche, israelische Zivilisten
zu terrorisieren, auf der westlichen Seite des Zaunes weitergehen und
ebenfalls auf der östlichen, in den Siedlungen und auf den Straßen, die
zu ihnen führen.
Die Entscheidung, den Zaun zu bauen, beendete eine
zweigleisige Diskussion: Wo soll der Zaun gebaut werden? Und wer soll
die Israelis außerhalb des Zaunes beschützen? Bei der ersten Frage stößt
sich die Topographie an der Demographie; es geht vor allem um die Last,
die Siedlungen –inklusive der ungesetzlichen- zu verteidigen.
Das Prinzip, von dem sich die Planer führen lassen
sollten, lautet, dass der Zaun so etwas wie eine "Versicherung" und
keine tatsächliche Annexion darstellen sollte. Doch eine
Versicherungspolice zu kaufen reicht nicht aus. Die Versicherung deckt
den Schaden nur ab, wenn der Versicherte bestimmte Bedingungen -wie das
Verschließen der Tür oder das Vermeiden unnötiger Risiken- einhält. Das
Schloss ist in diesem Fall das militärische Personal, das dazu bestimmt
ist, den Zaun zu patrouillieren und -bei frühzeitigen Warnungen- das
versuchte Eindringen von Terroristen möglichst zu unterbinden.
Der Unterschied zwischen "Versicherung" und "Annexion"
ist wichtig, besonders für politische Kreise, die fürchten, dass der
Zaun politische Fakten schaffen wird und dass alles, was östlich des
Zaunes liegt, nicht in israelisches Gebiet integriert wird, wenn
irgendwann einmal ein permanenter Status erreicht werden sollte. Diese
Gruppen fordern, dass der Zaun weiter östlich gebaut wird, so dass er
auch die Siedlungen einschließt, die nicht Teil der Hauptsiedlungsblöcke
sind. Diese Ausrichtung würde allerdings auch palästinensische Gebiete
westlich des Zaunes lassen und somit in krassem Widerspruch zu der Logik
stehen, die dem gesamten Plan zugrunde liegt. Sie würde auch die Drohung
beinhalten, dass Tausende von Palästinensern und deren Land von Israel
annektiert werden könnten, und dies trotz Israels heftigem Einwand
bezüglich der Umsetzung des palästinensischen Rückkehrrechts.
Die Kommandozentrale der IDF prüft nun Alternativen
für die verstärkte Sicherheit in den Siedlungen und um sie herum. Die
Prüfung spiegelt die Kapitulation der Regierung vor Körperschaften
wider, die die Regierungsautorität nicht beachten und nicht an der
Regierungspolitik festhalten. Eine Alternative ist,
Sicherheitsgesellschaften anzuheuern; eine andere, Siedler zum Schutz
ihrer eigenen Städte für drei Jahre als professionelle Soldaten
anzuwerben. Siedler, die freiwillig zusätzlichen Reservedienst
absolvieren, sind auf diesem Gebiet bereits beschäftigt – auf Kosten des
Verteidigungshaushaltes.
Das Problem der ungenügenden Ausbildung wird scheinbar
gelöst, wenn Siedler für solch einen Vollzeitjob angeworben werden. Im
Prinzip würde diese Vereinbarung auch auf nicht autorisierte Siedlungen
angewendet werden können, obwohl aus diesen Schichten bis heute keine
Freiwilligen für den gesonderten Reservedienst kommen. Die IDF lehnen
diese Siedlungen ab, erwarten jedoch Anweisungen von der Regierung,
bevor sie diese Siedlungen räumen können. Bis solche Anweisungen gegeben
werden, ist die Kommandozentrale, die für den Schutz aller Siedlungen
verantwortlich ist -einschließlich derjenigen, die sich aus
ideologischen Gründen gegen einen Sicherheitszaun wehren- auch für den
Schutz aller nicht autorisierten Siedlungen verantwortlich.
Die Absicht, Siedler zum Schutz der Siedlungen als
Vollzeit- und Karrieresoldaten zu beschäftigen, ist kurzsichtig. Je mehr
die Siedler mit IDF-Soldaten gleichgesetzt werden, desto akzeptabler ist
das Argument der Palästinenser, ihr Krieg sei ein Guerilla- und kein
Terrorkrieg. Es ist Pflicht des Verteidigungsministers, die nicht
autorisierten Siedlungen ohne Verzögerung zu entfernen und eine andere
Politik auszuüben, z. B. die vorübergehende Verlegung der schutzlosen
Bevölkerung der Siedlungen -besonders der Kinder- an andere Orte. So
wurde es in Israel in der Vergangenheit während aller militärischen
Konflikte gemacht.
haGalil onLine 18-06-2002 |