Telecom-Israel 2002:
Telefonieren statt schießen
Israels High-Tech-Branche
präsentiert sich auf der größten Messe des Landes geschwächt wie die
ganze Wirtschaft. Mit staatlicher Förderung kann sie aber immer noch
rechnen
Von Nick Reimer
"Es gibt nichts, was Israel
besser beschreibt als Telekommunikation: modern, prosperierend,
innovativ", erklärte Israels Regierungschef Ariel Scharon Anfang der
Woche, als er vor über 1.000 internationalen Gästen die
Telecom-Israel 2002 eröffnete. Gestern ging die Messe zu Ende.
Die Bedeutung der wichtigsten
Wirtschaftsschau des Landes ergibt sich nicht auf den ersten Blick.
"Wirklich Neues gibt es hier nicht zu sehen", erklärt der Belgier
Jan Hybrechts, Regionalmanager für Israel beim Materna-Konzern.
"Eine kleine Messe, die sich hauptsächlich an die Endverbraucher
richtet." Rund 100.000 Gäste haben sie in dieser Woche besucht. In
Deutschland entspräche das einem guten Regionalmessenschnitt. "Wir
sind ein kleines Land", sagt auch Reuven Rivlin, Israels Minister
für Kommunikation. Aber: Dieses kleine Land steht an der Spitze der
Teletech-Nationen. Israel lebt von Tourismus und der
Telekommunikation.
Und weil seit Beginn der zweiten
Intifada von dem einen nichts mehr zu erwarten ist, steht die andere
besonders unter Druck. Das Land setzt auf die "technologische
Intelligenz". Statistisch gesehen sind von 10.000 Beschäftigten in
Israel 135 Ingenieure - fast doppelt so viele wie in den USA.
Mittlerweile kommen über 50 Prozent der Exporteinnahmen aus den
High-Tech-Branchen. Hauptzielländer sind Russland, China und Japan.
Allerdings sinkt der Erlös der
High-Tech-Exporte nach vorsichtigen Schätzungen in diesem Jahr um 15
Prozent auf etwa 11 Milliarden Euro. Von mehr als 2.000 Start-ups
aus dem letzten Jahr sind noch 1.000 übrig. Allein seit dem Sommer
verloren gut 3.000 IT-Spezialisten ihren Job, Comverse, der
US-amerikanisch-israelische Experte für Sprachmitteilungen, hat
gerade 600 Mitarbeiter entlassen.
Zu fragen, ob und inwieweit die
Schäden durch die aktuelle Gewaltwelle verursacht werden, ist tabu.
"Was wir in Israel erleben, ist dem weltweit schwachen Trend in der
Branche geschuldet", erklärt Eitan Mosden, Marketingchef von Nortel
Networks Israel, stattdessen.
Trotzdem werden noch 3 Prozent des
stark zusammengestutzten Staatshaushaltes ausschließlich in
IT-Start-ups gepumpt. "Dadurch können die Firmen in Ruhe innovative
Technologien entwickeln, ohne von Risikokapitalgebern abhängig zu
sein", so Rivlin. Die Firmen zahlen das Geld sukzessive ab dem
Moment zurück, in dem die Technologien verkauft oder produziert
werden.
Marktbeobachter wie der Belgier
Hybrechts loben dieses Fördersystem, warnen jedoch auch: "Momentan
realisiert der Markt neue Technologien gar nicht, weil es an
Nachfrage fehlt." Umschwärmt ist auf der Messe immerhin das
3 g-Handy auf CDMA-Basis, das US-amerikanische Pendant zur
europäischen UMTS-Technologie.
"Telekommunikation ist der beste
Weg zum Frieden", sagt Rivlin. "Wer miteinander redet, erschießt
sich nicht gegenseitig." Eine der sieben Ausstellungshallen der
Telecom-Israel ist allerdings ganz dem Militär vorbehalten, das die
wehrhafte, datenvernetzte Armee präsentiert: Dass Israel zum
Teletech-Branchenstar avancierte, haben überhaupt erst die
Forschungsprogramme des israelischen Militärs bewirkt.
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10-11-2002 |