Deutscher Industriellenverband empfiehlt:
Nicht nach Israel reisen
Ora Coren
Der deutsche Industriellenverband
empfiehlt kleinen und mittelgroßen Unternehmern, wegen der
sicherheitspolitischen Spannungen keine Geschäftsreisen nach Israel zu
unternehmen. Dies geht aus Gesprächen hervor. die eine Delegation
israelischer Industrieller unter Vorsitz von Dan Propper gestern in
Berlin mit der Leitung des deutschen Geschäftssektors führte. Der
Hintergrund des Besuchs der israelischen Delegation sind die Probleme
beim Handel mit den europäischen Staaten, die sich aus der
Sicherheitslage in Israel ergeben haben.
Der Staatssekretär für Industrie und Technologie Axel
Gerlach sagte jedoch bei dem Gespräch, er werde sich darum bemühen, in
nächster Zeit Delegationen deutscher Geschäftsleute, vor allem aus dem
HiTech und dem militärischen Bereich, nach Israel zu bringen. Er sagte,
beide Seiten sollten Investitionen vorantreiben, auch israelische in
Deutschland, und die geschäftliche Atmosphäre zwischen den Seiten sollte
verbessert werden. Auch der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums
von Berlin und die Leiter der Industrie- und Handelsorganisationen
nahmen an dem Gespräch teil.
„Das Problem ist vor allem, wie man einem Unternehmer
oder einem kleinen bis mittelgroßen Unternehmen versichern kann, dass
man mit Israel Geschäfte wie mit jedem anderen Land abschließen kann“,
sagte der Generaldirektor des Industriellenverbands Wartenberg. Er
erklärte, im Fall eines geschäftlichen Problems, das wegen der
Sicherheitslage in Israel entsteht, hätten kleine deutsche Firmen keine
Rückendeckung. Auch von den großen Firmen gingen Signale ein, die
andeuteten, es sei vorzuziehen, dass israelische Geschäftsleute nach
Deutschland kommen.
Wartenberg fügte hinzu, das Image Israels im
geschäftlichen Sektor und in der deutschen Öffentlichkeit werde durch
die Bilder festgelegt, die im Fernsehen zu sehen seien, und aus diesen
lasse sich entnehmen, dass Israel derzeit kein bevorzugtes Zielland für
Geschäfte sei. Der deutsche Industriellenverband versuche, durch
Symposien und Studientage die Zusammenarbeit mit Israel zu fördern, was
jedoch auf geringes Interesse seitens der Firmen stoße. „Das Interesse
an Israel nimmt ab, die Firmen ziehen andere Länder vor“, sagte er.
Vorgestern, im Vorfeld des gestrigen Treffens, sagte der
israelische Wirtschaftsreferent in Deutschland, Eitan Koperstock:
„Deutschland ist ein Freund Israels. Aber auch in Deutschland zeichnet
sich ein Problem mit den Entscheidungsträgern in den Firmen ab, die
wegen der Sicherheitslage bereits Alternativen für israelische
Lieferanten suchen.“ Ziel des Treffens sei unter anderem eine
öffentliche deutsche Erklärung, mit der Geschäfte mit Israel gefördert
werden und der Schaden, der aus der Sicherheitslage entsteht, verringert
wird.
Gerlach erklärte bei dem Gespräch, die Sicherheitslage
schaffe aus der Sicht der deutschen Geschäftsleute Unsicherheit, fügte
jedoch hinzu, er werde sich auch weiter darum bemühen, deutsche
Geschäftsleute zu überzeugen, wie bisher Geschäfte mit Israel zu
betreiben. Darüber hinaus versprach er, sich dafür einzusetzen, die
Schwierigkeiten bei dem militärischen Export nach Israel zu beseitigen.
Ein Treffen mit Geschäftsleuten in Stuttgart, eines der
wichtigen Industriezentren Deutschlands, wurde wegen des geringen
Interesses der deutschen Teilnehmer abgesagt. Diese sagten, sie seien zu
spät über das Treffen informiert worden, und der Boykott gegen Israel
stehe sowieso nicht an ihrer Tagesordnung. Ihre Geschäfte mit Israel
gingen unverändert weiter.
Koperstock sagte jedoch, deutsche Lieferanten hätten
israelischen Firmen aller Bereiche eindeutig mitgeteilt, dass sie nach
Alternativen suchten. „Die israelischen Firmen stellen fest, dass die
Bestellungen bei ihnen zwar nicht abnehmen, jedoch auch nicht zunehmen.
Auf lange Sicht wird das zu einem Problem werden, denn das bedeutet,
dass israelische Firmen auf dem deutschen Markt Konkurrenz erhalten
werden.“ Er sagte, der Grund für die Suche nach Alternativen sei die
Befürchtung, es könnten sich Verzögerungen bei den israelischen
Lieferungen einstellen.
Koperstock sagte, ein weiteres Problem sei es, dass
deutsche Geschäftsleute nicht mehr nach Israel kommen. „Bei dem Anschlag
in Haifa kam ein hoher Mitarbeiter der Firma A.B.B. Israel ums Leben,
und dies traf die deutschen Geschäftsleute sehr. Man kann nicht einfach
sagen, Israel sei ein sicherer Ort.“ Als Beispiel nennt Koperstock die
Firma Siemens, die zwei Monate lang nach einem Techniker suchte, der
bereit ist, nach Israel zu gehen. „Die Region wird in Deutschland als
Krisenzone dargestellt, und das beeinflußt die Geschäfte“, erklärt er.
Die Leiter der geschäftlichen Organisationen boten bei
dem Treffen jede mögliche Hilfe an, damit die Geschäftsbeziehungen mit
Israel aufrecht erhalten und sogar gefördert werden können. „Wir würden
uns freuen, von ihnen Vorschläge zu bekommen“, sagten sie. Auf die
Frage, ob der Industriellenverband eine Delegation von Geschäftsleuten
nach Israel organisieren könnte, antwortete Wartenberg jedoch:
„Vielleicht können wir nächstes Jahr etwas organisieren.“
Auch die Vertreter des Handelszentrums Berlins, eine
staatlich geförderte Institution, bei der die israelische Delegation zu
Gast war, vermieden es zu versprechen, dass sie Delegationen nach Israel
schicken werden. „Wir brauchen mindestens ein Jahr, um eine Delegation
zu organisieren“, sagte der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums
von Berlin, Volkmar Strauch.
Anders als in den skandinavischen Ländern oder in
Belgien, wo zu Boykotts gegen Israel aufgerufen wird, wird Israel in
Deutschland nicht boykottiert und es gibt auch keine Aufrufe zu
irgendwelchen Sanktionen. Geschäftsleute, die von israelischen
Vertretern aufgefordert werden, neue gemeinsame Projekte mit Israel in
Erwägung zu ziehen, vermeiden dies jedoch. Sie sagten, es sei besser,
die Aufnahme neuer Beziehungen um einige Monate zu verschieben, bis sich
die Lage im Nahen Osten entspannt hat.
Zwei Handelsprobleme zwischen den beiden Staaten stehen
jedoch vor einer Lösung. Das erste Problem ist das Exportverbot von
Produkten und Rohstoffen für zivile und militärische Zwecke von
Deutschland nach Israel. Dieses Problem wurde zumindest teilweise
gelöst, nachdem Koperstock dem Team im deutschen Außenministerium
angeschlossen wurde, das für die Ausstellung der Genehmigungen zuständig
ist.
Wenn ein israelischer Exporteur ein bestimmtes Produkt
nach Deutschland exportieren will, braucht er zwei Genehmigungen, vom
deutschen Außenministerium und vom Wirtschaftsministerium. Wenn
Koperstock erklärt, dass das Produkt für die zivile Industrie bestimmt
ist, genügt dies für die Genehmigung des Außenministeriums. Die
Genehmigung des Wirtschaftsministeriums verzögert sich jedoch
normalerweise, denn in diesem Ministerium ist Israel nicht vertreten.
Das Ergebnis: Die Produkte treffen beim israelischen Industriellen mit
Verspätung ein. Eine Ausnahme bildet die Firma Feingold, die Stahl für
den Schutz von Krankenwagen importieren wollte. Die Bestellung wurde in
Deutschland so lange zurückgehalten, bis die Firma sie dann abgesagt
hat.
Eine ähnliche Lösung für die Ausstellung von
Genehmigungen wurde auch für das zweite Problem gefunden - die Zölle auf
Export aus den Gebieten. Dieses Problem war nach der Forderung der
Europäer entstanden, israelischen Export, der in den Siedlungen, den
Golanhöhen oder Jerusalem hergestellt wurde, keine Zollerleichterungen
zu gewähren. Eine israelische Erklärung bezüglich der Herkunft der
Produkte - Israel oder Siedlungen- genügt, um den Export aus den
Gebieten innerhalb der Grünen Linie nicht zu verzögern.
haGalil onLine 21-06-2002 |