Schwere Sicherheitslage
beeinträchtigt die wirtschaftliche Stabilität:
Israelische Wirtschaftsdelegation erfolglos in Deutschland
Die Aufklärungsdelegation der
Industriellen kam mit fast leeren Händen aus Deutschland zurück. Die
Israelis waren nicht vorbereitet, die Deutschen ließen sich nur schwer
überzeugen
Ora Coren
Die Aufklärungsdelegation der israelischen
Geschäftsleute, die letzte Woche nach Deutschland fuhr, brachte eine
Erklärung des Staatsministers im deutschen Ministerium für Wirtschaft
und Technologie nach Hause zurück, dernach dieser bereit sei zu
versuchen, deutsche Industrielle dazu zu überreden, nach Israel zu
fahren.
Zwei Stunden nach diesem Versprechen erklärte der
Generaldirektor des deutschen Industriellenverbands, man werde diese
Möglichkeit „nächstes Jahr“ in Betracht ziehen. Vor diesem Hintergrund
sprach ein Teil der Mitglieder der israelischen Delegation nach dem
Besuch über das Gefühl, etwas versäumt zu haben, das daraus resultiere,
dass die Regierung sich keine festen Ziele gesetzt habe, und auch nicht
die Mittel zur Verfügung stelle, diese zu erreichen.
Die Geschäftsleute sagten, sie wären nicht so
unvorbereitet zu einem Treffen mit einer internationalen Firma gefahren,
wie zu dem Treffen mit der deutschen Wirtschaftsführung. Auch sie waren
sich jedoch der Tatsache bewusst, dass die Ausgangsbedingungen für den
Besuch schwierig waren, denn es ist mehr als zweifelhaft, dass man
Geschäftsleute zu „Business as usual“ mit einem Staat überreden kann, in
dem die schwere Sicherheitslage die wirtschaftliche Stabilität
beeinträchtigt.
Die Vorbereitungsprobleme der Delegation kamen durch die
Wahl der Teilnehmer zum Ausdruck, die technische Organisation und den
Inhalt der Gespräche. Das Exportinstitut stieß bei dem Großteil der
kommerziellen Spitze Israels auf Weigerung, an dem Projekt der
Aufklärungsdelegation des privaten Sektors nach Europa teilzunehmen.
Viele der kommerziellen Spitze möchten sich jetzt jedoch an dem
Schwesterprojekt - „Wirtschaftliche Botschafter“ - beteiligen, das zu
einem Statussymbol in der israelischen Wirtschaft wurde.
Die Zusammensetzung der Delegation nach Deutschland
änderte sich ständig, sogar am Tag der Eröffnung der Gespräche. Die
israelische Delegation wusste bis zum Termin des Treffens mit dem
privaten Sektor Deutschlands nicht, wer ihr gegenübersitzen wird. Die
deutsche Seite erhielt von der Israelischen Botschaft erst am Morgen die
Punkte, die bei dem Gespräch behandelt werden sollen. Das Ergebnis war,
dass sich beide Seiten nicht in ordentlicher Form auf das Gespräch
vorbereiten konnten.
Der Israelische Botschafter in Deutschland, Schimon
Stein, sagte, da die israelische Teilnehmerliste vom Exportinstitut
nicht rechtzeitig an die Botschaft geschickt worden sei, habe er das
zentrale Treffen mit hohen Industriellen in Stuttgart abgesagt, mit der
Begründung, dass deutsche Teilnehmer nicht eingeladen werden können,
wenn man ihnen nicht mitteilt, wer ihnen gegenübersitzen wird. Das
Exportinstitut teilt mit, Stein habe darüber hinaus auch sein Treffen
mit der israelischen Delegation abgesagt, bei dem man sich mit dem
Inhalt der Gespräche befassen wollte. Stein sagte, er habe mindestens
zwei Wochen vorher bekannt gegeben, dass er zu dem Zeitpunkt anderen
Verpflichtungen nachgehen müsse.
Das Vorbereitungstreffen der Delegation fand also erst
in Berlin statt, in der Nacht vor dem Treffen mit der deutschen
Delegation. Zur großen Überraschung der Mitglieder kam der Leiter der
Delegation, Dan Propper, nicht zu dem Treffen. Am Tag darauf sagte er,
ihm sei nichts über das Stattfinden des Treffens bekannt gewesen, das
Exportinstitut sagte hingegen, man habe seine Sekretärin informiert.
Wegen der Abwesenheit des Leiters der Delegation
übernahm der Wirtschaftsreferent in Berlin, Eitan Koperstock, die
Initiative, die Botschaften auszuarbeiten. Er sagte, er sei überzeugt
gewesen, dass die Delegation mit klaren Botschaften nach Deutschland
komme. So saßen also die Delegationsmitglieder zusammen und warfen
diverse Ideen in den Raum, angefangen von Beschwerden über die kalte
Schulter seitens Ägyptens und Jordaniens bei Geschäften mit Israel und
die Bitte an Deutschland, sich hier einzuschalten, bis hin zu dem Druck
auf die Deutschen, geschäftliche Delegationen nach Israel zu schicken,
oder zumindest eine Erklärung zu veröffentlichen, die dies befürwortet.
Die improvisierte Sitzung endete mit dem allgemeinen
Statement Koperstocks, man verfüge „über einige Botschaften“, ohne
Details und ohne das Festsetzen von Zielen, die erreicht werden sollen.
Es wurden keine Aufgaben an die einzelnen Delegationsmitglieder
verteilt, obwohl sie darum baten. Dies führte im Folgenden dazu, dass es
bei dem Gespräch nicht nur keine klare Richtung gab, sondern sogar
widersprüchliche Botschaften vermittelt wurden.
Das Gefühl bei einigen Delegationsmitgliedern, dass eine
Gelegenheit versäumt wurde, stützt sich darauf, dass alle Probleme, an
die die Industriellen, die mit Deutschland handeln, erinnert haben, bei
dem Gespräch zwar angesprochen wurden, aber normalerweise nur einmal,
ohne dass eine tiefere Diskussion darüber folgte, bei der es den Seiten
ermöglicht worden wäre, die Argumente der anderen Seite zu verstehen, um
Lösungen voranzutreiben.
Zum Beispiel wurde bei dem Treffen mit der Leitung der
deutschen Wirtschaftsorganisationen andeutungsweise das Thema der Suche
nach anderen Herstellern angesprochen. Die deutsche Seite vermied es,
detailliert darauf einzugehen, und die israelische Seite führte die
Diskussion über das Thema nicht fort, um zumindest zu versuchen, das
Verhalten der deutschen Industriellen zu beeinflussen. Man ist sich
darüber einig, dass dies innerhalb von zwei Jahren zu einem großen
Problem für den israelischen Export werden könnte.
Die israelische Delegation zog es vor, sich darauf zu
konzentrieren, von den Deutschen das Versprechen zu erhalten, dass
Industriellendelegationen nach Israel kommen werden, obwohl die
Delegationsmitglieder zugaben, dass auch sie dieser Tage nicht nach
Israel kommen würden, wenn sie ausländische Investoren wären.
Angeführt wurde die israelische Delegation wie gesagt
von dem ehemaligen Präsidenten des Industriellenverbands und
Generaldirektor von „Osem“, Dan Propper. Propper und der Rest der
Delegation finanzierten die Reise nach Deutschland selbst, ohne
staatliche Hilfe.
Das erste Treffen der Delegation mit dem Staatsminister
des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie, Dr. Axel Gerlach, war
relativ erfolgreich. Propper, der die Gespräche eröffnete, sagte die
Worte, die als allgemeine Botschaft der gesamten Delegation festgelegt
worden waren. Er erinnerte an die sich abzeichnende Erholung der
israelischen HiTech-Branche, schlug vor, zwischen Politik und Geschäften
zu differenzieren und bat Gerlach darum, sich auch weiterhin um die
Förderung der geschäftlichen Beziehungen zwischen den beiden Seiten zu
bemühen. Andere Delegationsmitglieder erinnerten an die Schwierigkeiten,
die beim Handel mit Deutschland entstanden sind, und deuteten an, dass
sich diese, sollten sie andauern, auch auf den israelischen Import aus
Deutschland auswirken könnten.
Die deutsche Linie zeichnete sich bereits bei dem ersten
Treffen ab. Gerlach, der als einer der Israel am freundlichsten
gesinnten Personen in der deutschen Wirtschaftsführung gilt, erklärte
vorsichtig, dass Israel derzeit ein Zentrum wirtschaftlicher
Unsicherheit sei, und es sei deshalb vorzuziehen, dass Israelis nach
Deutschland kommen, wenn sie Geschäfte machen wollen. Gleichzeitig
versprach er jedoch, sich um Delegationen aus dem Bereich des Militärs
und der HiTech nach Israel zu bemühen, ohne jedoch voraussichtliche
Termine zu nennen. Gerlach schlug der Delegation vor, schriftlich Themen
vorzulegen, um die er sich kümmern soll.
Das zentrale Treffen mit der Leitung des privaten
Sektors in Deutschland konzentrierte sich nicht auf wesentliche Punkte.
Propper wiederholte zwar die Erklärungen, die festgelegt worden waren,
aber danach präsentierte jeder Teilnehmer seine spezifischen Probleme,
die jedoch in der Luft hängen blieben, ohne dass die andere Seite darauf
Bezug nahm.
Die mangelnde Koordination innerhalb der israelischen
Delegation erreichte ihren Höhepunkt, als ein ehemaliger israelischer
Industrieller, der in Deutschland lebt, die verblüffte Leitung der
deutschen Wirtschaft bat, die israelische Industrie auch entgegen der
Interessen der deutschen Firmen zu unterstützen.
Propper versuchte danach, den Eindruck zu korrigieren,
und erklärte, die israelische Industrie sei stark und erwarte keine
Almosen sondern Geschäfte, die für beide Seiten rentabel seien. Einer
der Teilnehmer fasste das Treffen zusammen: „Das einzige, was den
privaten Sektor Deutschlands interessierte, war es, das Treffen
einigermaßen gut zu überstehen.“
Propper sagte als Reaktion, die Delegation sei richtig
zusammengesetzt gewesen, da ihr Geschäftsleute angehörten, die mit
Deutschland zusammenarbeiten, obwohl nicht alle zum obersten Rang
zählten. Er fügte hinzu, den Leitern großer Firmen falle es nicht
leicht, sich für drei Tage frei zu machen und sich in den Dienst des
Staates zu begeben. Er räumte jedoch ein, die Eignung einiger
Delegationsmitglieder sei „zweifelhaft“ gewesen. Das Treffen mit Gerlach
sei positiv verlaufen, das Treffen mit der Führung der wirtschaftlichen
Organisationen hingegen weniger gut. „Wir sprachen mit Personen, die die
Haltung ihrer Organisationen vertreten, nicht ihre eigenen“, sagte er.
Propper sagte, es sei die Absicht gewesen, mit deutschen
Industriellen zu sprechen, und dies sei bei einem Empfang möglich
geworden, der am Abend in der Residenz des Botschafters stattfand, und
an dem ca. 100 lokale Geschäftsleute teilnahmen. Bei der Veranstaltung
wiederholten Propper und Stein die Botschaft von „Business as Usual“ in
Israel.
Der Vorsitzende des Exportinstituts, Shraga Brosh, sagte
als Reaktion, die Botschaft, die die Delegation übermitteln sollte, habe
sich auf die Betonung der Stärke des israelischen Marktes konzentriert,
wie auf die Notwendigkeit, zwischen der sicherheitspolitischen Lage und
der Lage der israelischen Firmen zu differenzieren. Dafür seien den
Delegationen Treffen mit hohen Wirtschaftspolitikern vereinbart worden,
mit Leitern der wirtschaftlichen Organisationen, Firmenleitern und mit
Vertretern der Medien. Er sagte, der Schlüssel zu jedem Besuch sei das
Treffen mit dem Israelischen Botschafter im jeweiligen Land, damit die
spezifischen Probleme und die Arbeitsweise der Delegation festgelegt
werden könnten.
Von der Abteilung für Außenhandel im Industrie- und
Handelsministeriums wurde als Reaktion mitgeteilt, die Delegation sei
mit politischem und wirtschaftlichem Informationsmaterial ausgestattet
worden, und das Besuchsprogramm sei mit den Wirtschaftsreferenten
ausgearbeitet worden, in Zusammenarbeit mit den Botschaftern. Weiterhin
hieß es, das Industrie- und Handelsministerium verlasse sich auf die
israelischen Industriellen und glaube, dass diese über die Erfahrung,
das Wissen und die Begabung verfügten, den Staat Israel zu
repräsentieren. Das Ministerium werde die Reaktionen der Delegation, die
in Deutschland war, auswerten und daraus Lehren für künftige
Delegationen ziehen.
haGalil onLine 26-06-2002 |