Beirut, Tel Aviv und Ramallah:
Das goldene Dreieck
Von Jigal Sarane, Jedioth Achronoth, 11.02.04
OK, wenn wir die diversen Vorschläge für die
Zukunft Israels anschauen, dann haben wir zuerst einmal den Vorschlag
des "ewigen Kriegs" Avigdor Liebermanns, d.h. nach dem
Putin-Tschetschien-Modell vorzugehen, das nichts weiter übrig lässt als
Selbstmordanschläge. Und dann gibt es den Sharon-Olmert Vorschlag:
Trennung ohne Verhandlungen, plus eine Berliner Mauer, plus einen Zaun,
der Dörfer zerstückelt, und all dies, um 25% der Menge der Toten zu
kürzen mit der Option auf einen Mega-Anschlag in der düsteren Zukunft.
Und es gibt den "europäischen Vorschlag", der von ganz
anderer Art ist: Friedensverhandlungen mit einem israelischen Abzug aus
dem Kriegsgebiet. Israel wird die Palästinenser leben lassen, in die
NATO aufgenommen, plus einen partiellen Beitritt zur EU mit einem Bonus
und Gutscheinen für wirtschaftliche Blüte und Wachstum.
Es ist schon wirklich ein sehr schweres Dilemma
zwischen einem Vernichtungskrieg entsprechend der düsteren
Weltanschauung, die sich auf Hunderte Jahre der Unterdrückung, sei es
durch den Zar oder den Kommunismus, stützt, und dem Friedensbündnis
entsprechend der optimistischen westeuropäischen Auffassung, das sich
auf die Erfahrung eines Kontinents stützt, der sich von dem stärksten
Blutvergießen in der Geschichte der Menschheit erholen konnte und die
Todesstätten in blühende Gärten verwandelte.
Und wenn wir uns für die europäische Option
entscheiden, könnten wir doch auch gleich von dem goldenen Dreieck
fantasieren: Beirut, Tel Aviv und Ramallah, das, sagen wir mal im Jahre
2014, seinen Höhepunkt erreichen wird, nachdem Palästina mit
europäischem Geld saniert wurde und ohne die Störung von Siedlern sein
Leben lebt, und der Libanon seinen beeindruckenden Erholungsprozess
fortsetzt, und Israel sich immer enger an Europa anschließt. Und dann
wird sich hier, am östlichen Strand des Mittelmeers, ein Bündnis von
drei kleinen Staaten bilden, drei vernarbten Nationen mit
beeindruckendem Überlebenswillen und enormen Fähigkeiten, sich zu
erholen.
Und es wird hier dann 15-20 Millionen Menschen geben,
Libanesen, Israelis und Palästinenser, die gemeinsam an einem herrlichen
Strand leben, mit der bitteren Erinnerung an überflüssige Kriege. Und
innerhalb von zehn Jahren werden wir Teil Europas sein, nicht anders als
Polen oder Tschechien. Ein kleiner Ort mit großen Ideen. Und an diesem
Ort werden sich der Sohn Nasrallahs, die Tochter Arafats und die Söhne
Sharons in erster Linie mit Immobilien befassen, nicht mit Entführungen,
Selbstmordanschlägen oder Liquidierungen.
Ein Traum, sagen Sie? Nein. Nachdem Arik Sharon
höchstpersönlich die dickste Nadel in den Ballon des territorialen
Fanatismus gesteckt hat, und man sich im Libanon mehr über die Rechte
der Zellularfirmen aufregt als über das Austauschgeschäft- dann ist
alles möglich. Wenn wir nur wollen. Wissen Sie noch? Früher hatten wir
einmal einen eigenen Willen.
[Der Text endet mit einer
Anspielung auf Theodor Herzls berühmten Ausspruch:
Wenn Ihr wollt,
ist es kein Märchen.]
hagalil.com
12-02-2004 |