
Mitznas Chancen:
Der Terror wählt Likud
Kommentar von Yoel Marcus,
Haaretz, 19.11.2002
Übersetzung Daniela Marcus
Niemals zuvor hatten wir allgemeine Wahlen, die
so sinnlos und unnötig waren wie die überraschenden Wahlen, die für
den 28. Januar 2003 angesetzt sind. Zunächst sei gesagt, dass die
Regierungskoalition nicht auseinander brach, weil sie die
erforderliche Unterstützung der Mehrheit verlor. Sondern sie wurde
von Sharon aus taktischen Gründen gestürzt: er wollte "Bibi"
Netanjahu, der ihm im Nacken saß, loswerden und er wollte bis Ende
2007 im Amt bleiben. Zusammen mit der Arbeiterpartei, die ein
gehorsamer Partner war, wurden die Wahlen nicht wegen irgendwelcher
politischen Streitereien, die nur mit Hilfe der Wähler geschlichtet
werden könnten, vorgezogen. Hieraus ergibt sich, dass die Wahlen
eine Möglichkeit sind, die Karten der beiden großen Parteien neu zu
mischen: wer steigt auf, wer steigt ab und wer verschwindet.
Wenn man nach dem Geschwätz und den Verleumdungen
der fünf Bewerber der Arbeiterpartei und des Likud urteilt, das
diese im Vorfeld der Wahlen zum Parteivorsitz von sich gegeben
haben, so hat es keiner von ihnen wirklich verdient zu gewinnen.
Sharon und "Bibi" in der einen Ecke und "Fuad" Ben-Elieser, Mitzna
und Ramon in der anderen taten ihr Bestes, um sich gegenseitig durch
den Kakao zu ziehen. Sharon legte eine Falle für "Bibi" aus, indem
er diesen als Außenminister ernannte und ihn dazu brachte,
zuzustimmen, dass derjenige, der verliert, die Nummer Zwei in der
Regierung sein wird. Erinnert das nicht an Avrum Burg und Schoschana
Arbeli-Almoslino? Auf jeden Fall waren diese beiden einmal die
Nummer Zwei oben auf der Liste der Arbeiterpartei. Nach den Wahlen
konnte man sie als die Nummer Zwei von unten betrachten. Jedes Wort,
das aus "Bibis" Mund kommt, wird ihm als Außenminister dahingehend
interpretiert, dass er den Premierminister heftig kritisiert und
somit nicht loyal ist. "Für Bibi war es eine Sache, einen
Freudentanz aufzuführen, wenn Peres in Schwierigkeiten geraten war,
doch es ist eine andere Sache, wenn er das bei Sharon tut", sagte
ein Mitarbeiter Sharons.
Angesichts "Bibis" Anklagen, Sharon sei nicht
Patriot genug und gäbe den Palästinensern nicht das, was diese
verdienen, erscheint Sharon wie ein besonnener Führer, der versteht,
wie wichtig gute Beziehungen zur US-amerikanischen Regierung sind.
Er hat den Amerikanern versprochen, dass er Arafat nicht deportieren
und ihm keinen physischen Schaden zufügen wird, dass er die
palästinensische Bevölkerung nicht schlecht behandeln und dass er
keines der unterzeichneten Abkommen brechen wird. Sharon weiß, dass
es Bush -dessen Beziehungen zu den arabischen Staaten kurz vor
seinem Kampf mit Saddam heikel sind- hilft, wenn er positive Laute
über die Gründung eines palästinensischen Staates von sich gibt. Und
er versteht gewiss, dass es nicht ratsam ist, auf Bushs
Elefantenpfad in den Irak steckenzubleiben. Angesichts Sharons
Besonnenheit vergeht "Bibis" Zauber. Man kann es an seiner
Körpersprache erkennen, am Schweiß, der ihm von der Augenbraue
tropft, an seinen nervösen Handbewegungen. Ein Terrorangriff hat
eine Verfallszeit von 24 Stunden, teilte "Bibi" Sharon mit. Als
jemand, der so sehr auf einen direkten Wettkampf mit Barak erpicht
war, dass er Sharon die Arena überließ, fragen sich manche
Likudniks, ob "Bibis" Verfallszeit überhaupt bis zur Wahl des
Parteivorsitzenden dauert.
Es ist nicht klar, ob die Wahl zum
Parteivorsitzenden der Arbeiterpartei, die heute, am 19.11.,
stattfindet, dem verwirrten Wähler eine Antwort auf die Frage gibt,
welcher Bewerber besser geeignet ist, die Nation zu führen. "Fuad"
ist zu sehr Likudnik, Mitzna ist der Taube Yossi Beilin zu ähnlich.
Die Arbeiterpartei hat keine Möglichkeit gefunden, es mit der
mystischen Verehrung der israelischen Öffentlichkeit aufzunehmen,
die diese an den Tag legt, wenn es um Verteidigungsfragen geht. Es
war Rabin, der sagte, man muss auf ein und demselben Feld spielen,
wenn man an die Macht kommen will. Die Botschaft muss stark und
sicherheitsorientiert sein. Die Arbeiterpartei stimmte in der
Knesset für den Libanonkrieg und Rabin selbst riet damals Sharon,
wie er die Belagerung Beiruts verstärken sollte. Und war es nicht
Rabin, der Anweisungen gab, den Palästinensern während der ersten
Intifada –bildlich gesprochen- Arme und Beine zu brechen? So etwas
sieht nicht nach Beilin aus.
"Fuads" Methode ist es, wie die Arbeiterpartei zu
reden und wie der Likud zu handeln. Mitzna ist der erste Bewerber,
der den Mut hat, nach einem Fahrplan zu fahren, der sich von dem des
Likud vollständig unterscheidet. Sein Rezept für die
Wiederherstellung persönlicher Sicherheit lässt keinen Raum für
Doppeldeutigkeit: entweder ein Rückzug aus den Territorien gemäß
eines Abkommens oder eine einseitige Abtrennung. Ob er die
Führungseigenschaften hat, diesen Plan zu verwirklichen, ist nicht
klar, doch zumindest sorgt er für einen ordentlichen Wettstreit. Die
Frage ist, wieviel der Mann in den Umfragen wert ist. Wird Mitzna
die nachlassende Macht der Arbeiterpartei wieder stärken und den
erwarteten Anstieg des Likud blockieren können? Ich glaube nicht.
Denn der palästinensische Terror, der einen großen Einfluss auf die
Wahlen in Israel hat, treibt die Öffentlichkeit nach rechts, in die
Richtung des Likud und in die der Extremisten. Es ist eine verflixte
Sache mit dem israelischen Wähler. Je mehr Dinge dem Likud
misslingen, desto mehr Unterstützung erhält er vom Wählerpublikum.
Der Terror besiegte Peres und Barak, beides
Politiker, die nach dem Frieden strebten. Der palästinensische
Terror wird das gleiche mit Mitzna tun, denn er möchte diesen nicht.
Er möchte Israel nicht. Der Terror wählt Likud.
hagalil.com
19-11-2002 |