Miflagoth:
Parteien in Israel
Die VorwahlenDie Parteichefs nach links:
Die Basis nach rechts
Es ist paradox, aber die Ergebnisse der
Vorwahlen zeigen, dass sich die Vorsitzenden der beiden großen
Parteien - immer relativ gesehen - nach links, ihre Parteien sich
jedoch nach rechts orientiert haben. Die Wahllisten zeigen, dass uns
die Kämpfe Sharon / Netanyahu und Ben-Eliezer / Mitzna noch lange
erhalten bleiben werden.
Bei den Vorwahlen in den beiden großen Parteien
steigerten sich die Mängel der beiden bisher angewandten Wahlsysteme
zu einem negativen Höhepunkt, analysiert Yael Gevirtz: "Statt dass
die Parteien gestärkt aus den Wahlen hervorgingen, wurden uns Kämpfe
auf Leben und Tod zwischen den jeweiligen Spitzenkandidaten -
Sharon-Netanyahu und Ben-Eliezer-Mitzna - geliefert. Statt Eignung
und Qualität gab es nur Abschusslisten. Ein solches System
produziert allenfalls ein Soufflé, das zusammenfällt, sobald es
erkaltet. Nach der Abschaffung der getrennten Wahlen für das
Parlament und das Amt des Ministerpräsidenten kann die gegenwärtige
Anomalie zu einem Marionettenregime führen, dessen Drähte von den
jeweiligen Machtblocks in den Parteien gezogen werden.
Der Likud unter Sharon kann sich als Netanyahus Likud entpuppen, und
die Arbeitspartei unter Mitzna kann sich zu einer militanten Partei
à la Fuad mausern. Die Besiegten können zu Siegern werden, die
Sieger zu Verlierern, sodass die Wahlen sich als irrelevant
herausstellen. Hat man denn vergessen, dass hinter diesen internen
politischen Machtspielen eine Zivilgesellschaft in Gefahr steht, die
dringend eine Führung mit einem echten Mandat braucht? In einem
Staat, der sich auf Wunder verlässt, könnten wir nur noch beten,
dass das Endergebnis weniger grotesk sein wird als das, was ihm
vorausging."
In M'ariw spricht Chemi Shalev von der "Rache der
Verlierer": "Die Parteiführer vollführten einen Linksruck, doch die
Parteien einen Rechtsruck. Man könnte darin eine gesunden
Balanceeffekt des demokratischen Systems sehen, das den
Parteiführern Grenzen setzt. Andererseits geht es hier um einen
Überlebenskampf der Parteiapparate, Cliquen, Mafias und Funktionäre,
die mit Deals und Intrigen arbeiten. Alles in allem hat die Avoda
das bessere Geschäft gemacht. Der Rausschmiss von Yossi Beilin und
anderen erklärten Pazifisten wie Zeli Reshef und Yossi Katz wird
zwar den Zulauf der Meretz-Wähler stoppen, die sich schon in
Richtung auf Mitzna hinorientiert hatten, doch die Partei kann sich
jetzt mit neuen Kräften auf die Eroberung des legendären ‘Zentrums’
werfen, das angeblich ausschlaggebend sein soll. Beilin war zwar von
Ben-Eliezer als Volksfeind Nummer eins ganz oben auf die
Abschussliste gesetzt worden, doch seine Niederlage hängt mit den
politischen Entwicklungen zusammen und deutet darauf hin, dass auch
die Avoda sich vom Oslo-Abkommen losgesagt hat. Der
Avoda-Vorsitzende hat vielleicht eine Ideologie, doch ihren
Hauptideologen hat die Partei vor die Tür gesetzt".
dg /
hagalil.com
16-12-2002 |