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Wahlen zur Kneseth - 28.Januar 2003
Miflagoth: Parteien in Israel

Die Vorwahlen

Zur Entscheidung des Wahlkomitees:
"Nadavs" Putsch in Israel

Geheimdienst will arabischen Knesset-Mitgliedern Teilnahme an Wahlen verwehren.

Von Uri Avnery
Junge Welt, 03.01.2003

Die kommenden Wahlen werden entschieden werden – und vielleicht sind sie bereits entschieden – durch eine anonyme Person, deren Pseudonym "Nadav" ist. "Nadav" bezeichnet sich selbst als "Experte" des Allgemeinen Sicherheitsdienstes (bekannt unter dem hebräischen Akronym Shabak oder Shin-Beth). Nach seiner Aussage ist sein offizieller Titel "Chef der Forschungsabteilung des Sektors für israelische Araber".

Falls "Nadav" der Kommandeur einer bewaffneten Brigade wäre und einen militärischen Staatsstreich anzetteln würde wie südamerikanische Generäle in alten Zeiten, würden die Folgen dieser Aktion kaum viel anders sein. Natürlich sandten seine Bosse nicht ihre Panzer zur Knesset, noch haben sie führende Linke inhaftiert und sie von Helikoptern aus ins Meer fallen lassen. Natürlich nicht. Sie benehmen sich viel menschlicher. Sie verwenden nur Papier. Das "Nadav"-Papier ist die "Expertise", die dem Zentralen Wahlkomitee vom Staatsanwalt vorgelegt wurde. In diesem Papier legt der Mann mit den Anführungszeichen dar – er erscheint auch im Dokument in dieser Weise –, daß die Balad-Partei (Land) darauf hinziele, den israelischen Staat zu zerstören, den Feinden des Staates zu helfen und die arabischen Bürger zur Rebellion anzustacheln und ähnliches mehr. Aufgrund dieser "Expertenmeinung" beabsichtigt das Komitee, Balad zu disqualifizieren und seinen Führer Azmi Bishara zusammen mit einigen anderen arabischen Knesset-Mitgliedern daran zu hindern, an den Wahlen teilzunehmen.

Das Wahlkomitee ist aus Vertretern der Parteien der abgehenden Knesset auf proportionaler Basis zusammengesetzt. Deshalb haben die Parteien des rechten Flügels, einschließlich der Shinui, die Mehrheit. Ihr Haß gegen die Araber verbindet sie untereinander, und sie haben das gemeinsame Interesse, sie aus der Knesset zu vertreiben. Sie werden den Vorschriften des "Sicherheitsestablishments" Folge leisten, wie es die Knessetmehrheit immer getan hat. In der Vergangenheit geschah dies diskret, aber in der letzten Zeit ganz öffentlich. "Nadavs" Bosse können sich auf sie verlassen.

Wenn ein ranghoher Offizier spricht, steht die Knesset in Hab-acht!-Stellung. In den meisten Fällen trifft dies auch für die Richter des Obersten Gerichtes zu, von denen einer dem Wahlkomitee vorsteht.

Die Einmischung des Sicherheitsdienstes in den Wahlkampf ist mehr als ein Schönheitsfehler. Es ist auch viel mehr als ein Akt gegen die arabischen Bürger. Es betrifft im Grunde jede einzelne Person in Israel und vor allem die jüdische Öffentlichkeit; denn dies ist ein Putsch, der die ganze Struktur des Staates in Mitleidenschaft zieht.

Um dies zu verstehen, muß man die israelische Wählerschaft analysieren. Sie besteht aus fünf großen Blöcken:

1. Der aschkenasische (europäisch-jüdische) Mittelklassesektor, der zum größten Teil die Arbeitspartei und Meretz wählt.

2. Der orientalisch-jüdische (auch "sephardische" genannte) Sektor, der zum größten Teil für den Likud stimmt.

3. Der religiöse und orthodoxe Sektor, der zum größten Teil für die zwei orthodoxen Parteien (Agudat-Israel und Shas) und für Mafdal (National-Religöse) stimmt.

4. Der Sektor der neuen Einwanderer aus der früheren Sowjetunion, der zum größten Teil für die zwei russischen Parteien stimmt, die von Natan Sharansky und Avigdor Liberman angeführt werden.

5. Der arabische Sektor, der zum größten Teil für die drei oder vier arabischen Parteien stimmt.

Die Sektoren 2, 3 und 4 stellen das Lager des rechten Flügels dar. Sektor 1 und 5 bilden das linke Lager. Die beiden Lager sind in ihrer Größe fast gleich groß. Die Wahlen werden gewöhnlich von den unsicheren Wählern, die mit der Strömung schwimmen, entschieden.

In den bevorstehenden Wahlen wird das Bild durch das unerwartete Anwachsen einer verhältnismäßig neuen Partei, Shinui (Wechsel), unklar. Sie ist fast nur aus wohlhabenden Aschkenazim zusammengesetzt, die durch ihren glühenden Haß gegen die Religiösen geeint sind. Sie hat keinen klaren Standpunkt über die wichtigen Probleme von Krieg und Frieden. Aber ihr unbestrittener Führer, Tommy Lapid, ein Journalist und eine Fernsehpersönlichkeit, ist grundsätzlich ein ausgesprochener Chauvinist. Er hat schon erklärt, daß er sich unter keinen Umständen einer Koalition anschließen wird, die Araber einschließt.

Ein Blick auf diese politische Karte zeigt, daß ohne die arabischen Stimmen keine linke Koalition irgendeine Chance hat, eine Regierung zu bilden – weder heute noch in voraussehbarer Zukunft. Es ist noch schlimmer: Ohne die arabischen Stimmen gibt es keinen "Sperrblock" wie den, der in den vergangenen zehn Jahren eine wichtige Rolle gespielt hat. Um das Aufstellen einer Koalition des rechten Flügels zu verhindern, sind 60 Sitze in der Knesset mit 120 Sitzen nötig. Das bedeutet, daß die Linke ohne die Araber nicht einmal Bedingungen für ihre Teilnahme in einer Koalition diktieren kann, die von der Rechten geführt wird. Sie kann sich solch einer Koalition nur mit erhobenen Händen – wie Kriegsgefangene – anschließen.

Erst vor diesem Hintergrund können die ganzen Folgen des Putsches von "Nadav" und seinen Bossen begriffen werden. Wenn die Balad-Partei und ihr Chef ausgeschlossen werden, werden alle oder die meisten arabischen Bürger die Wahlen boykottieren. Der arabische Sektor, der etwa 20 Prozent der Bevölkerung ausmacht, wird von der politischen Landkarte verschwinden. Ohne sie gibt es für die Linke keine Chance mehr, je zur Macht zu kommen oder irgend eine bedeutsame Rolle in einer "Einheitsregierung" zu spielen.

Falls die linken Parteien, von der Arbeitspartei angeführt, nicht einen entschlossenen Kampf gegen diese Verschwörung ausfechten, würde dies soviel wie Selbstmord bedeuten.

(Aus dem Englischen übersetzt von Ellen Rohlfs)

hagalil.com 03-01-2003

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