Oh wie schön, oh wie fein:
Am Besten ist's Regierungschef zu sein
Verschanzen und sitzen bleiben
Bis in die Abendstunden schien es, als könne ein
Kompromiss gefunden werden. Inzwischen scheint ein Scheitern der "Großen
Koalition" sicher. Nachdem Scharon keinen Kürzung im Siedlungsbudget, zu
Gunsten von Rentnern, allein erziehenden Müttern und Vätern, Studenten und
finanzschwachen Städten zustimmen wollte, reichte Verteidigungsminister Benjamin
Ben Elieser ('Awodah) seinen Rücktritt ein.
Für Schalom Yerushalmi (M'ariw) ist eines sicher:
"Scharon will keine Wahlen, doch wenn nicht doch noch irgendwie eine
Einigung zu Stande kommt, wird er anfangen, eine Kleine Koalition
aufzubauen, denn nur so kann er noch ein paar Monate an der
Regierung bleiben. Er will
Mofaz als Verteidigungs- und Olmert als Außenminister und damit eine
Equipe vorstellen, die es in der innerparteilichen Arena mit
Netanyahu aufnehmen kann. Ben-Eliezer wird sich derweil seinen
internen Problemen zuwenden. Die Schlüsselfrage ist, ob sein
Ausscheiden aus der Regierung, sofern er bei diesem Entschluss
bleibt, ihn bis zu den Primaries in drei Wochen als Sprungbrett
trägt. Er ist davon überzeugt. Seine Gegner sagen, dass Ben-Eliezer
als simpler Abgeordneter eine bequeme Zielscheibe für Ramon und
Mitzna sein wird. Wir werden in wenigen Tagen wissen, wer Recht
hat".
Ben Kaspit (M'ariw) glaubt nicht, dass Scharon sich über den Ernst
der Lage im Klaren ist: "Sharon vergoss ein Tränchen und machte sich
mit seinem üblichen Elan gleich daran, eine Alternative zu finden.
Er hat keine Angst vor seinen Rivalen, von Netanyahu über Fuad bis
Mitzna. Auch eine Salve von Kassem-Raketen wird ihn nicht
abschrecken. Er hat einen Staat zu regieren, mit einer schlimmen
Wirtschaftskrise, einer abgrundtiefen Rezession, einer drohenden
Konfrontation im Norden und Terror im Zentrum des Landes. Inmitten
dieser Situation kündigt ihm Fuad wegen einer halben Milliarde
Schekel die Partnerschaft auf, klar ist Scharon wütend, sogar sehr
wütend, doch er schluckt seinen Zorn herunter und bemäntelt ihn mit
seinen typischen Scherzchen. Ja, er genießt es immer noch in vollen
Zügen, Regierungschef zu sein, hofft, dass er es für immer bleiben
kann, bereitet sich aber gleichzeitig auf den großen Showdown vor.
Und wo bleibt Peres? In Fuads Büro kursierten gestern Gerüchte,
Peres habe eine Überraschung vor und plane einen Schritt, wie Dayan
ihn 1977 zu Begin getan hat, nämlich in Scharons Lager
überzuwechseln, das Außenministerium einfach zu behalten und auf
alle zu pfeifen. Er scheint immer noch eine heimliche Hoffnung zu
hegen, und vielleicht weiß er etwas, was wir noch nicht wissen.
Der zurückgetretene Verteidigungsminister und 'Awodah-Chef Fuad
Ben-Eli'eser hat sich gestern schon mal verschmitzt lächelnd bei
seinen Mitarbeitern erkundigt, was für einen Wagen man denn als
Oppositionsführer bekomme.
Den Gipfel des Zynismus erreicht aber Sima Kadmon in Jedioth: "Die
Auflösung macht rapide Fortschritte, die Regierung steuert auf einen
Bruch zu. Wenn in den nächsten Tage nicht etwas Außergewöhnliches
passiert, wie ein Mega-Anschlag oder irgendeine kolossale
Katastrophe, steuern wir auf Neuwahlen zu“.
dg /
hagalil.com
30-10-02 |