Mobile Abwehrmöglichkeit:
Warnung an die Nachbarn
Die Veröffentlichung von
Israels neuen nuklearen Möglichkeiten zielt vor allem gegen Iran
Von Thorsten Schmitz
Irgendwann ist die Lage für Israel zu
bedrohlich geworden. Seit Beginn der neunziger Jahre hat es
mitansehen müssen, wie Iran und andere Staaten des Nahen Ostens an
der Reichweite ihrer Raketen tüftelten und sie immer weiter
steigerten. Israel wurde angreifbar, vor allem die landgestützten
Atomwaffen schienen verwundbar zu sein. Also suchte es nach einem
Ausweg, nach einer mobilen Abwehrmöglichkeit.
Die strategische Alternative, so sagt der
amerikanische Rüstungsexperte Robert Norris, sei die Beschaffung von
U-Booten, die mit atomaren Waffen bestückt werden könnten.
Ausgerechnet deutsche U-Boote sollen der israelischen Armee zu der
Fähigkeit verholfen haben, wie die Los Angeles Times am Wochenende
berichtete.
Die drei U-Boote der Dolphin-Klasse, welche die
Bundesregierung Israel 1999 und 2000 geliefert hat, waren von Israel
mit dem erklärten Ziel erworben worden, seine Marine auf die
"Herausforderungen des 21. Jahrhunderts im Mittelmeer"
vorzubereiten. Dazu gehört also offenbar auch der Umbau der
amerikanischen Anti-Schiffsrakete Harpoon. Israel will jedoch nach
eigenen Angaben die Waffen nie für einen Erstschlag einsetzen, nur
zur Verteidigung. Die israelische Regierung und die USA behaupten
seit geraumer Zeit, dass Iran an der Entwicklung von Atomwaffen
arbeite und gewillt sei, diese gegen den jüdischen Staat
einzusetzen. In Jerusalem hieß es, die U-Boote seien aufgerüstet
worden, um auch im Fall eines Angriffs auf die landgestützten
Militärbasen noch einen Gegenschlag ausführen zu können. Vor der
Küstenstadt Haifa tauche ständig eines der U-Boote – stets
einsatzbereit.
Der Spiegel meldet in seiner heutigen Ausgabe, der
israelische Auslandsgeheimdienst Mossad arbeite derzeit an einem
Plan zur Zerstörung von drei iranischer Atomanlagen. Nach
israelischen Erkenntnissen sei Iran bereits im Endstadium, um Uran
waffenfähig machen zu können. Bereits im Juni 1981 hatten
israelische Kampfflugzeuge binnen einer halben Stunde den noch im
Bau befindlichen irakischen Atomreaktor Osirak in Schutt und Asche
gelegt.
Die für je 300 Millionen Dollar auf der Kieler
HDW-Werft gebauten und von den Thyssen Nordseewerken ausgerüsteten
Dolphins wurden von Deutschland und Israel gemeinsam finanziert. Die
Tauchboote, die länger als vier Wochen und etwa 15000 Kilometer
fahren können, werden mit 16 Torpedos und Harpoons bestückt. Für die
Raketen mit nuklearem Sprengkopf mussten die Torpedorohre eigens von
533 auf 650 Millimeter erweitert werden. Ein Umstand, der bereits in
den neunziger Jahren zu einer parlamentarischen Anfrage im Bundestag
führte. Damals hieß es aus dem Verteidigungsministerium, die
Bundesregierung könne eine Bestückung mit atomaren Sprengköpfen
nicht ausschließen. Laut Los Angeles Times soll Israel bereits vor
drei Jahren die entsprechend umgerüsteten Unterseeboote im Indischen
Ozean getestet haben.
Öffentlich gibt Israel nicht zu, dass es
Atom-Macht ist. Eine strenge Militärzensur verhindert die
Berichterstattung über das Thema. Generell müssen alle Berichte
einem Zensor vorgelegt werden; die Los Angeles Times hielt sich
offenbar nicht daran. Jerusalem begründet sein Schweigen damit, dass
durch ein Eingeständnis, Atomwaffen zu besitzen, auch Israels Feinde
verstärkt aufrüsten würden. Israel hat den Atomwaffensperrvertrag
bisher nicht unterzeichnet und lässt keine Kontrolle seines
Atomreaktors Dimona in der Negev-Wüste zu. Die amerikanische
"Vereinigung von unabhängigen Wissenschaftlern" (FAS) schreibt, in
Dimona könnten pro Jahr bis zu zehn Atomsprengköpfe hergestellt
werden.
hagalil.com
13-10-03 |