Druck aus den eigenen Reihen:
Scharons Kabinett bröckelt
Unter massiven
Sicherheitsvorkehrungen fand gestern Abend in Tel Aviv eine große
Demonstration auf dem Rabin-Platz statt. Doch nicht die gewohnten
Peace-Now-Schilder waren zu sehen. "Arafat, unser Nachbar aus der Hölle"
und "Beendet die arabisch-faschistische Besetzung Israels" stand auf den
Schildern. Die israelische Rechte kam zur größten Demonstration dieser
Art seit vielen Monaten zusammen.
Etwa 100.000 Menschen waren dem
Aufruf des Rates der jüdischen Gemeinden in Judäa, Samaria und dem
Gazastreifen gefolgt, um einen nationalen Konsensus gegen Terror und
Konzessionen an die Palästinensische Autonomiebehörde zum Ausdruck zu
bringen. Premierminister Ariel Sharon wurde kritisiert, nicht hart genug
gegen die Terroristen vorzugehen.
Auch innerhalb der Regierung war
es gestern zu einem offenen Streit über das weitere Vorgehen gekommen.
In einem Treffen mit den Likudministern mußte Scharon seine
Entscheidung, auf einen siebentägigen Waffenstillstand vor Aufnahme
neuer Gespräche zu verzichten, heftig verteidigen. Uzi Landau, Limor
Livnat und Dan Naveh sagten nach dem Treffen, Scharon würde den Kopf
verlieren, weil es die jüngsten Umfrageergebnisse gehört habe. Zuvor war
bereits die siebenköpfige Fraktion der National Union - Israel Beiteinu
aus der Koalition ausgetreten.
In dem Treffen ging es hart zur
Sache. Landau sagte, er verstehe nicht, wohin Scharon sie führen wolle:
"Mit welchen Experten beraten Sie sich und warum beraten Sie sich nicht
mit uns?" Scharon forderte Landau und die übrigen Minister auf, die
Gründung eines palästinensischen Staates als Fait Accompli anzunehmen.
Er werde Israel nicht in den Krieg führen.
Offensichtlich ist Scharon klar geworden, daß die Geduld der
US-Vermittler ein Ende hat. Gleichzeitig braucht der Premier die
diplomatische Rückendeckung, um die Armee weiter in den besetzten
Gebieten operieren zu lassen. Das Zugeständnis auf die Waffenruhe zu
verzichten und Arafat wieder reisen zu lassen, ermöglicht Scharon, die
militärischen Maßnahmen zumindest bis zur Ankunft der US-Vermittler
weiterzuführen.
aue / haGalil onLine 12-03-2002 |