Wenn Dubi Condi trifft:
Dov Weissglas hat die Regel vergessen
Kommentar von Yoel Marcus, Ha'aretz, 12.10.2004
Übersetzung Daniela Marcus
Im Hinterhof eines Mehrfamilienhauses war ein
rolliger Kater, der die Nachbarschaft durch sein allnächtliches
Miauen wach hielt. Schließlich brachten die Nachbarn ihn zum
Tierarzt und ließen ihn kastrieren. Doch zu ihrem Erstaunen schrie
der Kater nun lauter und länger als jemals zuvor. "Du bist nicht
mehr rollig", sagte einer der Nachbarn zu ihm. "Was soll also all
das Geschrei?" "Nun, jetzt bin ich Berater", erwiderte der Kater.
Nun, da Dov Weisglass vom Leiter des Büros des Premierministers zum
Teilzeit-Berater des Premierministers gewechselt hat, gibt er gern
damit an, dass er Sharons rechte und linke Hand war und sein
persönlicher Emissär fürs Weiße Haus und sein heimlicher
Vollzeitberater in Angelegenheiten, die das Schicksal des Staates
bestimmten. Eine Art Kissinger Plus.
Weisglass hat die Regel vergessen, nach der
diejenigen, die Außenminister, Verteidigungsminister,
Kabinettsmitglieder und Botschafter übergehen und direkt im Namen
der Regierung sprechen, verpflichtet sind, diskret zu sein. So wie
Simcha Dinitz und Ya'akov Herzog in den Zeiten von Golda Me'ir. Um
ein altes Sprichwort frei zu zitieren: Wenn ein Berater einen Stein
in einen Teich wirft, sind nicht einmal eintausend
Public-Relations-Berater fähig, ihn wieder herauszuholen. Indem er
Ari Shavit in einem Ha'aretz-Interview (Ha'aretz-Friday-Magazine vom
8. Oktober) sagte, der Abkoppelungsplan sei eine Art, den
politischen Prozess einzufrieren und die Gründung eines
palästinensischen Staates zu verhindern, stellte Weisglass Sharon
letzten Endes als einen Betrüger und Lügner hin und zog das Land in
einen Wirbelsturm von Dementis und Entschuldigungen.
Dov, oder Dubi, wie ihn seine Freunde nennen,
bekam den Job als Sharons Bürochef, Duplikat und Kumpel völlig
überraschend und Dank einer lange währenden persönlichen
Freundschaft. Er imitierte Sharon besser als der Komiker Eli
Yatzpan. Bis zu seiner Ernennung drehte sich die Beziehung
hauptsächlich um juristische Beratung. Es war Weisglass, der Sharon
empfahl, Ha'aretz-Mitarbeiter Uzi Benziman und Ha'aretz wegen ihrer
Andeutungen hinsichtlich Sharons Aktionen im Libanon zu verklagen –
ein Fall, den er vor jedem Gericht verlor. Weisglass' Stärke als
Sharons Bürochef liegt nicht in politischem Know-how, sondern in
seinem Geschick, Freundschaften zu schließen, wofür er seinen Sinn
für Humor benutzt.
Auf die gleiche Art, auf die auch David Levy in
seiner Amtszeit als Außenminister gewohnt war zu prahlen, dass er
und US-Außenminister James Baker per Du waren, prahlte auch
Weisglass gegenüber Shavit damit, dass Condoleezza Rice ihn "Dubi"
nennt und er sie "Condi". Er beschreibt sie als fabelhafte Frau:
intelligent, ehrlich, gebildet und unglaublich nett. Das einzige,
was er nicht erwähnte, war, ob sie auch kochen und backen kann. Doch
vor allem kann er nicht genug bewundern, wie nah sie sich sind. Zu
manchen Zeiten telefonieren sie täglich, und sonst gewiss einmal pro
Woche. Einmal im Monat treffen sie sich –laut der letzten Rechnung
unternahm er zwanzig Reisen- und sitzen wenigstens eineinhalb
Stunden zusammen. Wer kann eine Beziehung wie diese übertreffen?
"Fragen Sie Marit, die für eine ganze Menge Premierminister
gearbeitet hat", sagt er. "Für die Amerikaner ist es praktisch,
jemanden am Rachen des Premierministers sitzen zu haben." Eine
merkwürdige Art zu beschreiben, wo er als Leiter des Büros sitzt
(oder steht), wahrscheinlich jedoch ist dieser Teil immer noch
besser als irgendein anderer Teil von Sharons Körper.
Wie Dan Ben Amotz, der israelische Autor, der es
gewohnt war, die Namen berühmter Persönlichkeiten in die
Unterhaltung mit einfließen zu lassen und dann hinzufügte "Sie mögen
mich sehr", kann auch Weisglass nicht darüber hinweg kommen, wie er
behandelt wird. Er läuft durch das Weiße Haus und jeder kennt ihn,
vom Marineinfanteriesoldaten an der Tür bis zu den Sekretärinnen in
den Büros. Auf die Frage von Shavit, ob er jemals auf Bush gestoßen
sei, antwortet Weisglass diskret: "Ja, doch ich sollte besser nicht
darüber reden. Ich kann jedoch sagen, dass der Präsident ein sehr
charmanter Zeitgenosse ist, der einen guten Sinn für Humor besitzt."
Auf diesem Gebiet kennt sich Weisglass aus. Er erzählt nicht nur
Witze, wie er sagt, sondern die Leute erzählen sie auch noch weiter.
Die Frage ist, ob die Botschaft richtig ankommt.
Eine der Bemerkungen, die den Leuten den Kragen
zuschnürte, war Weisglass' Bezug auf die chemische Lösung
Formaldehyd. Für diejenigen, die es nicht wissen, sei gesagt, dass
dies eine Lösung ist, in der Leichen und Körperteile aufbewahrt
werden. Weisglass beschrieb die Abkoppelung als Formaldehyd, in das
der Plan des Präsidenten eingetaucht wird, um den politischen
Prozess mit den Palästinensern am Fortgang zu hindern. Bush lachte
also über seine Witze. Doch das Hauptthema ist Weisglass' Erfindung
zur Einfrierung des politischen Prozesses, um die Entstehung eines
palästinensischen Staates zu verhindern. "Die Siedler sollten einen
Reigentanz um das Büro des Premierministers tanzen", sagte Weisglass
zu Recht.
Wenn die Palästinenser schließlich zu aufgeklärten
Finnländern geworden sind, können wir sicher sein, dass der Messias
erschienen ist. Und wer sonst wird sein Berater auf Erden sein wenn
nicht der Erfinder, der Freund von Condi?!
hagalil.com
12-10-2004 |