
Qualifikation:
Loyal gegenüber Scharon
Der neue israelische
Außenminister Silvan Schalom verfügt über keine Erfahrung auf dem
internationalen Parkett
Von Susanne Knaul
Ein Problem hat Ariel Scharon seinem
neuen Außenminister vom Hals geschafft: Die Konfrontation mit seiner
Frau. Judi Schalom-Nir-Moses, die hochgewachsene, rothaarige,
charismatische Talk-Show-Moderatorin, an deren Seite Silvan Schalom
immer etwas unscheinbar wirkt, hatte nämlich bereits im Vorfeld der
Ämterverteilung öffentlich verkündet, alles zu unternehmen, damit
ihr Mann nicht noch einmal Finanzminister wird. Sie war die
Demonstrationen ihrer Kollegen vom Fernsehen, der Schauspieler,
Liedermacher und anderer Künstler, die infolge der staatlichen
Kürzungen ihre Jobs eingebüßt hatten und nun regelmäßig und immer
forscher ihre Plakate vor dem Küchenfenster der Schaloms
hochhielten, gründlich satt. Um ihrer Kinder willen müsse Silvan
seine Karriere opfern, meinte sie. Bis schließlich die für alle
Beteiligten überraschende Lösung kam.
Die Motive für Ariel Scharons
Ämtertausch - der bisherige Finanzminister Schalom ins Außenamt und
der bisherige Außenminister Benjamin Netanjahu ins Finanzministerium
- sind nebulös. Beobachter vermuteten zunächst, dass Scharon darauf
hoffte, Netanjahu würde jedes andere Amt als das Außenministerium
ablehnen und er, Scharon, könne sich so elegant seines ärgsten
parteiinternen Gegners entledigen. Auch die Vermutung, Scharon wolle
über die Außenpolitik möglichst große Kontrolle behalten, mag Grund
für seine Entscheidung sein. Vielleicht wollte der Premierminister,
der sich zunehmend der Kritik ausgesetzt sah, er wolle ein rein
aschkenasisches und von europäischen und osteuropäischen Juden
beherrschtes Kabinett zusammenstellen, den hohen Posten aber auch
nur mit einem orientalischen Feigenblatt besetzen. Fest steht, dass
mit dem in Tunesien geborenen Silvan Schalom ein gänzlich neuer Wind
im Außenamt wehen wird.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger verfügt
Schalom über keinerlei Erfahrungen auf internationalem Parkett und
spricht zudem eher lückenhaft englisch. Auch wenn er in seinem
bisherigen Amt nicht sehr erfolgreich war, so ist er doch ein Mann
der Zahlen, der bei seinen bisherigen Auslandsauftritten eher
unbeholfen das israelische Mantra wiederkaute: Arafat sei kein
Partner. Damit konnte er weder Sympathie für Israel noch für sich
selbst ernten.
Man muss sich überhaupt fragen, wie es
dieser Politiker der jungen Garde mit seinen knapp 45 Jahren schon
so weit gebracht hat. 1992 gelang ihm der Sprung in die Knesset. Bis
dahin verdiente er als Journalist seinen Lebensunterhalt. Als
Finanzminister, der sich wiederholt mit dramatischen
Fehleinschätzungen entblößte, steht sein Name in Verbindung mit der
schlimmsten Wirtschaftskrise seit fünf Jahrzehnten. Im vergangenen
Oktober zwang der von ihm als "undiskutierbar" vorgestellte
Haushaltsplan schließlich die Koalition in die Knie.
Was Scharon für ihn einnimmt, ist
Schaloms Loyalität ihm gegenüber, obschon er aus seinen Ambitionen
auf das höchste Regierungsamt kein Hehl macht. Politisch steht er
eher rechts von seinem Chef. Er plädierte schon kurz nach Beginn der
Zweiten Intifada für die Zwangsexilierung Jassir Arafats und die
Umleitung der von Israel eingefrorenen palästinensischen
Steuergelder in den eigenen Verteidigungshaushalt, was aber an
interner Kritik scheiterte.
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04-03-2003 |