Der Rückzugsplan von Ministerpräsident Scharon:
20 Siedlungen innerhalb von ein oder zwei Jahren
Auszüge aus einem Nachrichtenartikel von Yoel
Marcus, Ha'aretz, 03.02.2004
Übersetzung Daniela Marcus
"Dieses Vakuum, für das die Palästinenser
verantwortlich sind, kann nicht ewig andauern. Deshalb befahl ich
als Teil des Lösungsplans eine Evakuierung –Entschuldigung, eine
Verlegung- von 17 Siedlungen mit 7.500 Bewohnern vom Gazastreifen in
israelisches Gebiet", sagte Ministerpräsident Ariel Scharon am
Montagmorgen gegenüber Ha'aretz während eines umfangreichen
Interviews in Jerusalem.
"Das Ziel ist es, Siedlungen von Orten zu
entfernen, wo sie uns Probleme bereiten oder von Orten, wo wir
aufgrund eines permanenten Abkommens sowieso nicht bleiben können.
Nicht nur Siedlungen im Gazastreifen. Es gibt auch drei
problematische Siedlungen in Samaria", sagte er.
Er machte einen entspannten Eindruck, wie jemand,
der eine Entscheidung getroffen hat und damit zufrieden ist. Er
sagte, er habe den Befehl für die Verlegung gegeben, "die nicht
einfach ist und nicht über Nacht vonstatten gehen kann. Wir sprechen
über 7.500 Menschen. Das ist keine einfache Sache. Wir sprechen über
Tausende von Quadratkilometern an Treibhäusern, Fabriken und
Pflanzen. Teilweise leben die Menschen dort bereits in der dritten
Generation", sagte er.
"Zunächst muss entschieden werden, wohin diese
Menschen umziehen, wer aufs Land und wer in Industriegebiete geht."
"Es wird nötig sein, ein Abkommen mit den
Bewohnern zu erzielen, wieder aufzubauen was zerstört wird, Tausende
von Quadratkilometern an Treibhäusern und Bildungseinrichtungen und
Tausende von Fahrzeugen an andere Orte zu verlegen. Das geht nicht
so schnell vonstatten, insbesondere dann nicht, wenn es unter
Beschuss vorgenommen werden muss."
Scharon sagte, dass bereits verschiedene Stellen
unter seinem Befehl an dem Plan arbeiten, "um sicher zu stellen,
dass die meisten der Siedlungen reibungslos verlegt werden können".
Er sagte, der Prozess werde ein oder zwei Jahre dauern.
Auf jeden Fall werden nach dem Abkommen keine
Juden mehr im Gazastreifen zurückbleiben, während in Samaria einige
Siedlungen bestehen bleiben werden. Er machte den Eindruck, als habe
er zum ersten Mal offen über die Verlegung von Westbank-Siedlungen
gesprochen.
"Diese Schritte sollten nicht als das Ende des
Prozesses betrachtet werden. Dies ist es, was ich vorhabe. Wenn die
Palästinenser mit uns zusammensitzen wollen, werden wir uns mit
ihnen zusammensetzen und mit ihnen darüber diskutieren."
Auf die Frage, ob er den Evakuierungsplan auch mit
nach Washington nehmen wird, um ihm beim anstehenden Treffen dem
amerikanischen Präsidenten George W. Bush vorzulegen, erwiderte
Scharon: "Auf jeden Fall muss dies mit Amerikas Zustimmung und
Unterstützung getan werden. Wir werden keine Schritte unternehmen,
die entgegen der Position Amerikas sind. Wir brauchen sowohl für das
Thema "Evakuierung" wie für das Thema "Zaun" die Übereinstimmung mit
Amerika. Es ist wichtig, dass alles, was wir tun, Teil von Bushs
Vision ist und ins amerikanische Konzept passt."
In der Annahme, dass die Verlegung von Siedlungen
Milliarden kostet: Gibt es eine Möglichkeit, dass die Regierung sie
finanzieren wird?
Die Antwort des Ministerpräsidenten lässt darauf
schließen, dass er um finanzielle Hilfe bitten wird. "Bisher habe
ich die finanzielle Hilfe nicht diskutiert, doch wir werden sie auf
jeden Fall mit ihnen diskutieren müssen. Seit 1967", sagte er mit
einem Lächeln", waren sie gegen den Bau der Siedlungen. Nun können
sie sagen "Wir haben euch gewarnt", doch die Amerikaner verlassen
sich auf uns und was sich hier in dieser Region als Teil von
Präsident Bushs Vision entwickeln wird.... Wir und sie teilen die
gleichen Interessen."
Scharon ist sich der Möglichkeit bewusst, dass der
Schritt ernsthafte innenpolitische Probleme hervorrufen kann. Doch
er betrachtet das Überleben der gegenwärtigen Regierung als sehr
wichtig. "In den einzelnen Institutionen des Likud wird es nicht
einfach werden. Doch wenn man eine Umfrage unter allen
Likudmitgliedern macht, sieht das Bild sicher anders aus", sagte er.
"Was kann getan werden? Es ist unmöglich, die
Situation, die geschaffen wurde, so zu lassen wie sie ist, ohne sich
darum zu kümmern. Unter der Perspektive der Sicherheit ist es
wichtig und lebensnotwendig und es muss getan werden."
hagalil.com
03-02-2004 |