Kommentar:
Arbeitspartei in Trümmern
Von Thorsten Schmitz
Die israelische Arbeitspartei "Awoda"
kommt aus ihrem Tief nicht heraus. Amram Mitzna ist nach Ehud Barak
und Benjamin Ben-Elieser der dritte Ex-General, der den
Führungsposten vorzeitig aufgibt – und die Partei in Trümmern
hinterlässt. Mitznas Versuch, der Partei eine Ruhephase zu gönnen
und auf der Oppositionsbank zurück zu ihren Wurzeln zu finden, wird
durch seinen Rücktritt jäh gestoppt.
Schon werden die Rufe laut, schnell
einen neuen Vorsitzenden zu wählen sowie das Angebot von
Premierminister Ariel Scharon zur Teilhabe an der Koalition
anzunehmen – und dazu wird es wohl auch kommen. Nach dem Ende des
Irak-Krieges und der Aushändigung des Nahost-Friedensfahrplanes
sieht die Partei der Tauben große Chancen, dass Scharon zu
Konzessionen gezwungen sein werde, zu denen er in seiner ersten
Amtszeit nicht bereit war. Schließlich spricht der Premier selbst
schon von der möglichen Räumung jüdischer Siedlungen, und schon in
der nächsten Woche will er sich mit dem neuen palästinensischen
Ministerpräsidenten Machmud Abbas treffen.
Bei aller Gier auf Regierungsbeteiligung
jedoch übersieht die Arbeitspartei leicht, dass Scharons Worte
(noch) reine Friedensrhetorik sind. Den Siedlungsrückzug hat er auf
den Sanktnimmerleinstag verschoben. Zudem wiederholt er stets,
Israel werde erst dann mit der Umsetzung der ersten Phase des
Friedensfahrplans beginnen, wenn die Palästinenser alle Forderungen
der ersten Phase erfüllt hätten. Mitznas Rücktritt dient also vor
allem Scharon: Er wird die Arbeitspartei in seine Koalition
einverleiben – und so die größte Oppositionskraft im israelischen
Parlament ausschalten.
hagalil.com
05-05-03 |