"Griechische-Insel-Affäre":
Generalstaatsanwalt spricht Scharon von jeglichem
Verdacht frei
Auszüge aus einem Nachrichtenartikel von Yuval
Yoaz, Ha'aretz, 16.06.2004
Übersetzung Daniela Marcus
Generalstaatsanwalt Menachem Mazuz entschied
gestern, Premierminister Ariel Scharon in der so genannten
"Griechische-Insel-Affäre" aus Mangel an Beweisen nicht anzuklagen.
Mazuz äußerte sich darüber hinaus sehr kritisch über die
Staatsanwaltschaft, angeführt von Edna Arbel.
Mazuz entschied, auch Ariel Scharons Sohn Gilad in
diesem Fall nicht anzuklagen. Dieser Fall beinhaltet einen
angeblichen Versuch des Bauunternehmers und einflussreichen
Likudpolitikers David Appel, durch die Beschäftigung von Gilad
Scharon und durch die Bezahlung eines überdurchschnittlich hohen
Gehaltes an diesen, Ariel Scharon zu bestechen.
"Die in diesem Fall vorliegenden Beweise führen
uns nicht zu der Schlussfolgerung, dass es irgendeine Grundlage für
eine Anklage gibt", sagte Mazuz. "Die Fälle Ariel Scharon und Gilad
Scharon werden aus Mangel an Beweisen geschlossen."
Mazuz bestand darauf, dass er Scharon keine
besondere Behandlung habe zukommen lassen.
"Meine Entscheidung wurde in dem Glauben
getroffen, dass im Hinblick auf die Beweise, die nötig sind, um
jemanden anzuklagen, für den Premierminister und jeden anderen
Bürger das gleiche Gesetz gilt", schrieb er in seinem 76seitigen
Dokument. "Meine Entscheidung in diesem Fall basiert nicht auf Milde
gegenüber dem Premierminister. Sondern die Beweislast war schwach
und konnte nicht zu einem soliden Fall führen."
Mazuz sagte, die Beweislast für beide Elemente des
angeblichen Verbrechens –das auf Tatsachen beruhende Element und das
psychologische Element (i. e. die Frage über Scharons Bewusstwerden,
dass eine Bestechung beabsichtigt war)- sei schwach gewesen "und
führt nicht zu einer Konstruktion, die auf eigenen Beinen stehen
kann. Die Beweislast in diesem Fall führt uns nicht einmal in die
Nähe der berechtigten Chance einer Verurteilung. In jedem Element
der Grundlagen des Verbrechens, das wir bis ins Detail untersuchten
und analysierten, gab es berechtigte Zweifel und manches Mal sogar
mehr als das."
Die gesamte angebliche Beweislast, fuhr er fort,
war "indirekt und beruhte auf Indizien". Außerdem, sagte er,
erschien das Timing seltsam: So erhielt Appel einen der "Vorteile",
die er angeblich von Ariel Scharon erhalten hat, bereits im Jahr
1997, also eineinhalb Jahre vor der Einstellung von Gilad Scharon.
Mazuz sagte, seine Entscheidung habe Rückhalt bei
jedem Mitglied des professionellen Teams, das ihn bei diesem Fall
unterstützt hat, gefunden. Sie wurde jedoch nicht von der früheren
Staatsanwältin (und jetzigen Richterin am Obersten Gerichtshof),
Edna Arbel, geteilt, die nicht nur eine Anklage gegen Scharon
favorisiert, sondern selbst die Anklageschrift entworfen hatte.
Mazuz ging auf die Gründe Arbels nicht näher ein.
"Der Entscheidungstreffende Prozess innerhalb der
Anwaltschaft und der Umgang mit diesem Fall waren inakzeptabel",
schrieb er. "Die Anwälte, die diesen Fall in seiner Anfangsphase
bearbeiteten, schoben ihn nicht einmal in den Vordergrund. Das
Untersuchungsteam hatte einen einzigen unmissverständlichen
Standpunkt – dass es keine Beweise gäbe. Im Dezember 2003 wurde von
der Anwaltschaft ein detaillierter Bericht entworfen, dessen Aussage
war, dass es nicht genügend Beweise gäbe, um Scharon anzuklagen" –
und Arbel selbst hatte diese Entscheidung unterstützt, sagte er.
Jedoch stellte Arbel später ein neues Team
zusammen, sagte er. Und dieses Team "setzte sich selbst das Ziel,
zusätzlich Leute hinzuzuziehen, um seinen eigenen Stand zu
unterstützen und zu stärken… Vom Teamleiter (i. e. Arbel) wurde ein
Standpunkt eingenommen und dieser beeinflusste das gesamte Team."
Er fügte hinzu: "Ich akzeptiere nicht den Vorstoß…
nach dem ein Anwalt, wenn er Zweifel hat, ob es genügend Beweise für
eine Anklage gegen jemanden gibt, eine Annklageschrift übermittelt
und dem Gericht die Arbeit überlässt."
Bezüglich Gilad Scharon sagte Mazuz: "Es gibt
keine Beweisgrundlage dafür anzunehmen, dass Gilad in fiktive
Geschäfte verwickelt war."
(…)
Mazuz' Entscheidung ist noch nicht das letzte Wort
der Geschichte, da es wahrscheinlich ist, besonders hinsichtlich
Arbels gegensätzlicher Empfehlung, den Obersten Gerichtshof in
dieser Sache anzurufen. Die Knessetmitglieder Yossi Sarid
(Yahad-Meretz) und Eitan Cabel (Avodah) hatten zuvor erklärt, sie
würden vor den Obersten Gerichtshof ziehen, wenn Mazuz sich gegen
eine Anklage Scharons entscheiden würde. Die Intervention des
Obersten Gerichtshofes in solchen Fällen ist jedoch sehr selten. (…)
hagalil.com
16-06-2004 |