Interview mit Moshe Ingel:
Courage to refuse
Ramon Schack
Freier Journalist, Berlin
Moshe Ingel ist einer von 550 israelischen
Reservesoldaten, die Ihren Dienst in den besetzten Gebieten
verweigert haben. Der 37 jährige ist eines der Gründungsmitglieder
von "Courage to refuse", also Mut zur Verweigerung, so der Name der
Organisation dieser Soldaten in Israel. Viele der Mitglieder wurden
und werden in Israel strafrechtlich verfolgt.
Die Mitglieder von "Courage to Refuse"
argumentieren, sie würden die Grundwerte der israelischen
Gesellschaft verteidigen und sie bezeichnen sich selbst als
Verteidiger des Zionismus. Moshe Ingel war kürzlich, auf Einladung
der Friedrich-Ebert Stiftung und der Deutsch-Israelischen
Gesellschaft in Berlin.
Mit Ihm sprach Ramon Schack.
Herr Ingel wie schätzen Sie die Akzeptanz von
"Courage to Refuse", innerhalb der israelischen Gesellschaft ein?
Das ist eine schwierige Frage, wie Sie wissen ist die
Gesellschaft Israels tief gespalten und von einer starken Diversität
geprägt. Wir bekommen allerdings viele positive Reaktionen von
Menschen die Begreifen, daß die Besetzung der Westbank und von Gaza
unbedingt beendet werden müssen, auch im Interesse der Sicherheit
und Stabilität Israels.
Es ist ist sicherlich nicht verwunderlich das Sie
im Umfeld der Friedensbewegung Zuspruch erhalten, allerdings
bezeichnen Sie sich selbst als Repräsentanten der ganzen
israelischen Gesellschaft. Sie persönlich haben des Öfteren die
europäische Herkunft Ihrer Eltern betont. Ist "Courage to Refuse",
also ein Mosaik das die Vielfalt der Gesellschaft Israels
widerspiegelt, oder lediglich eine Spielwiese für die Söhne und
Töchter des askhenasischen Establishments?
(schmunzelnd) Sie haben Recht. Bedauerlicherweise
entspricht die Zusammensetzung der Mitglieder unserer Gruppe nicht
dem ethnischen Mosaik der israelischen Gesellschaft. Dieses Problem
besteht ja leider nicht nur bei "Courage to Refuse", auch die
Friedensbewegung ist hauptsächlich ashkenaschisch geprägt. Wir sind
uns dessen allerdings bewusst und versuchen diesen Sachverhalt zu
verändern.
"Courage to Refuse" bezeichnet sich als
Zionistische und Patriotische Gruppierung, gibt es eigentlich eine
politische Partei die Sie aktiv unterstützt?
Ja wir werden von Hadasch aktiv unterstützt.
Hadasch, die arabisch-kommunistische Partei, ist
es nicht erstaunlich das Sie als Zionisten und Patrioten von einer
dezidiert anti-zionistischen Partei unterstützt werden?
Ich hätte dieses wahrscheinlich nicht erwähnen
sollen, aber ich möchte betonen das meine Begriffe von Patriotismus
und Zionismus wahrscheinlich anders definiert sind als die von der
politischen Rechten propagiert werden. Die jetzige Regierung unseres
Landes halte ich beispielsweise für gefährlicher für die Zukunft
Israels als die Auswirkungen der Intifada.
Was entgegnen Sie eigentlich dem Vorwurf des
Landesverrats?
Die Mitglieder unserer Vereinigung, sowie ich selbst
werden nicht müde zu betonen das wir immer bereitstehen zur
Verteidigung Israels, wenn es ein konkretes Bedrohungsszenario geben
sollte. Die Jahrzehnte lange Besetzung der Territorien hat Israels
Sicherheit nicht verstärkt, das Gegenteil ist der Fall, außerdem
werden dort massive Menschenrechtsverletzungen begangen, welche
nicht im Einklang stehen mit den Gründungswerten unserer Nation,
also ein Verrat an zionistischen Idealen darstellen.
Israel ist heute militärisch stark genug, seine
staatliche Existenz gesichert, unsere nächste Aufgabe wird es sein,
die Unabhängigkeit Palästinas nachbarschaftlich und solidarisch zu
begleiten.
Ihre schönen Worte und Gedanken stehen im starken
Widerspruch zu aktuellen Realität, sind Sie optimistisch angesichts
der eskalierenden Gewalt im Nahen Osten?
Ich bin natürlich tief betroffen und besorgt, Israel
ist meine Heimat ich liebe dieses Land. Man kann nur hoffen, dass
letztendlich die Vernunft siegen wird auf allen Seiten.
Moshe Ingel vielen Dank für dieses Gespräch.
hagalil.com
29-09-2003 |