Aufstieg und Niedergang der israelischen Linken:
Die messianische Versuchung
Von Karl Pfeifer
Unter
diesem Titel publizierte "Am Oved" ein Buch des 28jährigen
Politologen Golan Lahat über das Jahrzehnt 1993 – 2003. Lahats
Diagnose zeigt die Gründe auf, weshalb die zionistischen linken
Parteien – auf die sich seine Arbeit beschränkt – ihren einst
hegemonialen Einfluss verloren haben, warum sie von vielen
ehemaligen Wählern nicht mehr in die Knesseth gewählt werden.
Den Politikern, die den Gang nach Oslo und die
Vereinbarung mit der PLO befürwortet haben, setzt der Autor den
Spiegel vor das Gesicht. Er zitiert sie ausgiebig und beweist ihren
Realitätsverlust und messianischen Glauben, dass mit einem Schlag
der einhundertjährige Konflikt zwischen Arabern und Juden beendet
werden könnte. Die Träume von einem "Neuen Nahen Osten" sind
ausgeträumt.
Lahat schreibt: "Genau eine Woche nach der Unterschrift unter der
Prinzipienerklärung in Washington, forderte der alte Journalist Uri
Avnery, die Unterscheidung zwischen den "Dinosauriern" der Rechten
und den "Menschen Ende des 20en Jahrhunderts" der Linken." (Maariv,
19.9.93).
Die Forderung die Gesellschaft aufzuteilen, in die "gestrigen
Menschen" und "die Menschen von Morgen", d.h. zwischen den
langsamen, die ohne das erforderte Verständnisses sind, die noch
immer im Glauben und den Identitäten der Vergangenheit "stecken",
und denen mit schneller Auffassungsgabe, die treu den Idealen der
Zukunft ergeben sind. Das ist eine der ersten Eigenschaften der
messianischen Auffassungen.
Nach dem Anschlag in Ramat Gan 1995 erklärte Jossi Sarid, damals
Mitglied der Regierung, deren Standpunkt zum Terror: "Nehmen wir an,
wir hätten den Ratschlag akzeptiert und die Verhandlungen [mit der
PA ] unterbrochen... würde das die Lage verbessern?... Man muss
jetzt der Zusammenarbeit mehr Kredit geben... Ihre Aussichten für
Erfolg sind gut, es ist verboten so schnell darauf zu verzichten...
Jetzt, nachdem endlich eine neue viel versprechende Realität sich
abzeichnet, gerade jetzt sollen wir die Hoffnung verlieren und
verzweifeln?" (Maariv, 25.7.95)
Als Reaktion auf das erste Selbstmordattentat auf einen Autobus der
Linie 18 in Jerusalem im Februar 1996 schilderte der damalige
Regierungschef Shimon Peres, das Gefühl eines Teils der
Gesellschaft: "Sehr viele Israelis wissen, dass der Frieden einen
Preis fordert, auch an Menschenleben."
Mit diesen und ähnlichen Zitaten beweist Lahat, wie ein Teil der
Gesellschaft, der sich selbst als an humanistischen-laizistischen
Wertvorstellungen festhaltend sah, zu einer "religiösen"
Befürworterin des Ideals eines messianischen Friedens wurde, der
nah, sicher und schnell da sein würde.
Der Verfasser erklärt: "Die israelische Linke hat den Terror als
einen schrecklichen, schmerzenden aber auch notwendigen Preis
bestimmt, den man bezahlen muss, um zur gewünschten Zukunft zu
gelangen. Kein Zufall, dass sie den Oxymoron geprägt haben "die
Opfer des Friedens", als ob die Todesopfer der verschiedenen
Terroranschläge ihr Leben für ein hohes Ideal geopfert hätten. Das
ist nicht weniger dumm, als die frühere zionistische Phrase "Es ist
gut für unser Land zu sterben", die Teile der Linken in Israel so
lieben zu kritisieren, natürlich zu recht."
Die Enttäuschung kam nach dem gescheiterten Versuch Ehud Baraks
einen endgültigen Frieden mit den palästinensischen Nachbarn zu
erreichen mit großer Wucht und es ist fraglich, ob die israelischen
Linken in der Lage sind bald die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.
ISBN
965-13-1678-0, empfohlener Preis 64 NIS.
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02-11-2004 |