Versammlung der Arbeitspartei:
Ein Pseudo-Ereignis
Kommentar von Yoel Marcus, Ha'aretz, 30.11.2004
Übersetzung Daniela Marcus
Pnina Rosenblooms anstehende Hochzeit und die
Enthüllungen von Prinzessin Diana, nach denen sie nur selten mit
Prinz Charles ins Heu gegangen ist, hatten in den
Nachmittagszeitungen größere Überschriften als die Berichte, wonach
die Avodah heute eine Entscheidung darüber treffen will, ob sie
vorzeitige Wahlen für den Parteivorstand abhalten soll oder ob
nicht. Das anstehende Thema lautet, ob die Wahlen im November 2005
abgehalten werden sollen –was Shimon Peres passen würde- oder im
April –was Ehud Barak passen würde-.
Der Streit um diese beiden Termine ist an das Ego der beiden
Hauptakteure der heutigen Avodah geknüpft. Das Peres-Datum könnte
erlauben, einer Einheitsregierung beizutreten, wenn der
Abkoppelungsplan durchgeführt wird. Das Barak-Datum basiert auf der
Annahme, dass Scharon niemals fähig sein wird, den Plan
durchzuführen und das Land in der ersten Hälfte des kommenden Jahres
wieder an die Wahlurnen gehen muss. Wir sind so sehr daran gewöhnt,
die Avodah als schlappes, kraftloses Körperteil zu sehen, dass uns
nun das Auftreten von Peres und Barak wie eine Menge heißer Luft
erscheint, um nicht zu sagen wie ein Pseudo-Ereignis – nach dem
Begriff, der vom amerikanischen Soziologen Daniel Bornstein geprägt
wurde.
Sowieso wird die Avodah die Regierung nicht stürzen. Denn es ist
Scharon, der entscheidet –durch gute und durch schlechte Taten-, ob
die Regierung fällt oder nicht und ob das Land erneut zu den
Wahlurnen gehen wird. Die Avodah ist heutzutage nicht relevant. Sie
ist kein Kandidat für die Regierung und funktioniert nicht im
eigentlichen Sinn des Wortes als Opposition. Fuad Ben Eliezer
vereitelte auf Grund der sozial-ökonomischen Politik eine mögliche
Koalition mit dem Likud. Und nun, da der Likud 1,4 Millionen Arme
produziert hat, stirbt die Avodah beinahe, um der Regierung
beizutreten. Das Warten auf ein mögliches Wunder hat die Avodah
davon abgehalten, gegen die miserable Politik der Regierung im
sozial-ökonomischen Bereich anzutreten. Die Tatsache, dass Scharons
wahre Opposition und die einzige Macht, die ihn wirklich seines
Amtes entheben kann, in seinem eigenen Hinterhof sitzt, ist –ganz
gleich wie man es betrachtet- in jedem Fall beunruhigend.
Worauf wir uns bei der heutigen Avodah-Versammlung freuen können,
ist das, was die Partei am besten kann: internes Machtgerangel. Wenn
sich der Kampf bisher auf Peres gegen die Partei und auf die Partei
gegen Peres konzentriert hat –obwohl Peres in den Umfragen immer
noch gut aussieht-, so ist Barak nun bereit, den Ring zu betreten.
Im Gegensatz zu Netanyahu, der als einfacher Soldat zurückkehrte, in
der Hoffnung, die Herrschaft zu ergreifen, wenn die Zeit reif ist,
sieht sich Barak erneut als ein Retter, der vom Himmel geschickt
ist.
Viele Leute in der Partei und in den Medien regen sich über Barak
auf. Man beschuldigt ihn, das Land inmitten der Intifada und die
Avodah in ihrer Stunde der Not verlassen zu haben, um eine Stange
Geld zu verdienen. Kritiker schätzen sein finanzielles Vermögen
höher ein als sein Vermögen als Premierminister. Auf jeden Fall ist
es keine Frage, dass er von Beginn an bis zum schmachvollen Ende ein
totaler Reinfall war.
Überzeugt von sich selbst und von seinem IQ legte er sich mit jedem
an und demütigte all diejenigen um ihn herum, die begierig darauf
warteten, dass er ihnen einen Knochen zuwarf. Aggressiv, zornig,
nachtragend und großspurig erreichte er keines der Ziele, die er
sich selbst gesetzt hatte. Er genehmigte Scharons Besuch auf dem
Tempelberg, wodurch die Intifada ausgelöst wurde – der längste und
grausamste Krieg, den Israel je gekannt hat. Er hat Arafat die Maske
vom Gesicht gezogen. Doch was hat uns das an Gutem gebracht?
Wie Netanyahu so sagt auch Barak, er habe aus den Fehlern als
Premierminister gelernt und er vergleicht sich selbst mit Rabin, der
auch an die Macht zurückgekehrt war, nachdem seine erste Amtszeit
schlecht geendet hatte. Der Unterschied ist jedoch, dass Rabin
niemals weggelaufen war. Er blieb in der Partei. Er kämpfte von
innen heraus. Er diente seiner Partei und wurde erst 15 Jahre später
Premierminister.
Barak wird die Führungsrolle in der heutigen Parteiversammlung
übernehmen. Er verlässt sich auf die Vorstellung, dass Peres’ Zeit
vorbei ist. Er wird versuchen, die Theorie zu vermarkten, dass er
die Antwort für die zukünftigen Wähler ist, dass er geeignet ist,
als Kandidat gegen den Likud anzutreten. Die Avodah hat eine magere
Auswahl an Kandidaten hervorgebracht, und auch die Qualität ist
schlecht. Barak bietet sich als Alternative für alle an. Ob er
Erfolg haben wird oder nicht, weiß der Himmel. Aber sicherlich wird
niemand den roten Teppich ausrollen.
Ich weiß nicht, ob sich Barak tatsächlich geändert hat oder ob die
Avodah in den kommenden Jahren wieder relevant werden wird. Doch was
ich Barak nicht entgegen halte, ist die Tatsache, dass er sich
zurückzog, um eine Stange Geld zu verdienen, während wir hier saßen
und Blut, Schweiß und Tränen vergossen. Was ist daran falsch?
Immerhin wird er keine Griechische-Insel-Affäre oder Leute wie Cyril
Kern benötigen, um gewählt zu werden.
hagalil.com
30-11-2004 |