Keine
Gleichberechtigung für alle Staatsbürger
Scharons
Regierung will araberfreie Zonen
Von Susanne Knaul
Israels Justizminister Meir
Schitrit hat sicher Recht, wenn er sagt, dass es Gruppen im Land gibt,
die gern unter sich bleiben würden. Das Beispiel der Beduinen, das
Schitrit anführt, hinkt jedoch. Dass kein jüdischer Israeli freiwillig
in die unterentwickelte Wüste Negev zieht, wo die ehemaligen Nomaden
heute leben, liegt nicht daran, dass er dort nicht freundlich
aufgenommen würde. Umgekehrt wählt kaum ein israelischer Araber -
allerdings eher aus ideologischen Gründen - einen Kibbuz zu seinem Heim.
Entscheidend ist, dass beide Seiten die Möglichkeit dazu haben sollten.
Von staatlicher Seite zu
bestimmen, wer wo leben soll - wie es nun ein Beschluss des israelischen
Kabinetts vorsieht - ist nichts anderes als Rassismus. Nicht um
Vorschriften für beide in Israel lebenden Völker geht es, sondern um
eine Beschränkung nur für Araber. Die Regierung befürwortet die
Einrichtung von araberfreien Zonen - nicht mehr und nicht weniger. Dabei
darf man sich nicht von Assoziationen in die Irre führen lassen: Es geht
hier weder um eine geplante Umsiedlung noch gar um Völkermord. Dennoch
würde, sollte das Gesetz vom Parlament ratifiziert werden, die ohnehin
benachteiligte Minderheit, die heute ein Fünftel der Bevölkerung
ausmacht, weiter diskriminiert.
Das Vorhaben steht nicht allein.
Besonders schmerzlich traf die arabische Bevölkerung das erst im Mai
verabschiedete Gesetz, das kinderreichen Familien, deren Väter nicht in
der Armee dienen, die staatlichen Zuwendungen kürzt. Eine Reform, die
auch das ungleich hohe Bevölkerungswachstum unter den Arabern aufhalten
soll. Bis zum Jahr 2020, so warnen Demografen, würde bei
gleichbleibender Geburtenrate die arabische Bevölkerung auf ein Drittel
angewachsen sein. Aber die Vermischung religiöser und politischer Ziele
zeigt sich auch bei ganz banalen Angelegenheiten, in dieser Woche etwa
bei der Verkürzung der Sommerzeit um drei Wochen aus nur einem Grund:
den frommen Juden im Land die Fastenzeit am Jom Kippur um eine Stunde
täglich zu verkürzen.
Die Frage, ob der Staat jüdisch
oder demokratisch sein soll, wird immer deutlicher gestellt. Die
Regierenden scheinen ihre Antwort darauf bereits gefunden zu haben.
taz muss sein: Was ist Ihnen
die Internetausgabe der taz wert? Sie helfen uns, wenn Sie diesen Betrag
überweisen auf: taz-Verlag Berlin, Postbank Berlin (BLZ 100 100 10),
Konto-Nr. 39316-106
Für Österreich: TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH, Konto-Nr.: 92.134.506,
Österr. Postsparkasse (P.S.K.)
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags
haGalil onLine 09-07-2002 |