Jeckes-Maimuna:
Sehnsucht nach Schlagsahne
Von Rubik Rosenthal, Maariv, 14. Mai
2004
Vor einer Woche ging die große
Jeckes-Konferenz in Mishkenot Sha'ananim in Jerusalem zu Ende, und
danach wurden die statistischen Angaben abgeändert, die nun lauten: die
Jeckes vermehren sich. Die Säle waren bis auf den letzten Platz gefüllt,
und einige ehrenwerte Jeckes mussten sogar auf den Treppen Platz nehmen.
Als Angehöriger der zweiten Generation
mit stolzer jeckischer Identität nahm ich an der Konferenz teil, und da
ich auch ein Buch zu dem Thema veröffentlichte, wurde ich im letzten
Jahr mit einer ziemlich großen Gruppe von Jeckes konfrontiert. All
denen, die mit "Bitteschön" und "Dankeschön" groß wurden, die während
der "Schlafstunde" ihrer Eltern auf Zehenspitzen durchs Haus liefen und
mit Genuss Kaffee mit Schlagsahne schlürften.
Einige Kinder von Jeckes riefen mich an
oder schrieben mir, dass sie sich bis heute ein wenig ausgestoßen und
benachteiligt fühlen: "Keiner betrachtet uns als besondere Gruppe,
keiner respektiert unsere Tradition". Einer schlug begeistert vor:
"Lasst uns ein jeckisches Maimuna—Fest (Fest der Marokkaner)
veranstalten." Ich fragte mich ernsthaft, was wir bei diesem Fest
anbieten könnten. Vielleicht Schweinebraten mit Knödel, mit Begleitung
einer Bach-Sonate? Ich zweifle, dass viele Politiker uns besuchen
würden, die ja die Jeckes noch nie besonders mochten und auch schon kaum
noch zur Maimuna kommen.
Irgend etwas liegt in der Luft. Letzte
Woche nahm ich an einer Diskussion über die Position der Ashkenasen und
der ashkenasischen Tradition teil, und es stellte sich heraus, dass es
Gruppen junger Leute gibt, die sich ernsthaft mit einer Wiederbelebung
der ashkenasischen Geschichte befassen. Was soll das heißen? Darüber
wird noch heftig diskutiert. Vielleicht die jiddische Sprache beleben?
Dieses etwas amüsante Thema hat jedoch
auch ernsthafte Aspekte. Zunächst handelt es sich hier wohl um einen
Aufstand gegen die Kontrolle der orientalischen Kultur in Israel, vor
allem auf den Bereichen Musik und Standup-Comedy. Und vielleicht kommt
damit auch ein wenig der Überdruss von "Israelismus" zum Ausdruck.
Vielleicht hat man das Gefühl, dass der Versuch, hier eine israelische
Kultur zu schaffen, fehlgeschlagen ist.
Es ist also durchaus romantisch, sich
nach der jeckischen Kultur zu sehnen, und nach dem Atlas-Gebirge oder
nach dem polnischen Städtchen in der Nähe von Lodz. Aber Romantik
entsteht immer aus Verzweiflung oder Enttäuschung, und wenn man sich
begeistert nach der Vergangenheit sehnt, dann sagt das doch einiges über
das Hier und Heute aus.
hagalil.com
18-05-2004 |