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Wie sich Israel auf einen möglichen Angriff Bagdads vorbereitet:
Gasmasken und Jod für den Fall der Fälle

Professionell und ohne Panik wappnet sich das Land für einen Vergeltungsschlag des irakischen Despoten

Von Thorsten Schmitz

Tel Aviv - Sharon Levy steht mit ihrer Einkaufsliste in der Hand vor den Toren einer Schule im Zentrum Tel Avivs und streicht die Sachen durch, die sie bereits besorgt hat. Ihre dreijährige Tochter knuddelt den Teddybären im Kinderwagen und brabbelt von Pudding, während Frau Levy das Gemüse und den Gang zur Post von der Liste streicht. Als nächstes steht auf der Liste "Gasmasken". Deshalb hat sich Sharon Levy zusammen mit ihrer Tochter Dana an diesem Mittwochmorgen in die Schlange eingereiht.

Die vier Gasmasken der Familie Levy stammen noch von 1991, als der Irak die israelische Küstenregion um Tel Aviv mit 39 Scud-Raketen angriff. Sie sind längst überholt und müssen ausgetauscht werden. Vor Frau Levy stützt sich eine alte Dame auf den Krückstock, die vor den Nazis nach Palästina geflüchtet war; ein Professor von der Tel Aviver Universität telefoniert mit seiner Sekretärin, ein junges Mädchen lässt in bauchnabelfreiem T-Shirt ihre Kaugummiblasen platzen. Für alle in der Schlange, die von drei ausnahmslos freundlichen Soldaten im Austausch von Filtern und im Anlegen der Gasmasken unterwiesen werden, ist die Vorbereitung auf einen möglichen Militärschlag der USA gegen Bagdad Teil eines Alltags, in den ohnehin wegen der Intifada Vorsichtsmaßnahmen eingewebt sind. So wie der Professor manche Cafes meidet, "ist es für mich wie Zahncreme kaufen, dass ich mir eine neue Gasmaske geben lasse".

Zeltstadt für den Tag X

In Israel geht man davon aus, dass die USA spätestens Ende November das Diktatorenregime Saddam Husseins bekriegen werden. Als sicher gilt, dass Irak als Vergeltung Israel angreifen werde, wie im Golfkrieg von 1991. Dagegen wappnet sich Israel – gelassen und in aller Ruhe. Panik ist im Lande nicht auszumachen, wohl aber eine professionelle Form der Vorbereitung für den Tag X. Das TelAviver Einzugsgebiet gilt – neben dem Atomreaktor in Dimona im Süden der Negev-Wüste und der Hafenstadt Haifa mit den Ölraffinerien – als potentieller Einschlagsort für Scud-Raketen aus Bagdad. Auch weil in Tel Aviv das Verteidigungsministerium seinen Sitz hat.

Die Abteilung "Heimatfront" der israelischen Armee hat seit mehreren Wochen landesweit dreißig Verteilerzentren eröffnet, an denen täglich bis zu 5000 Israelis ihre alten Gasmasken gegen neue austauschen, neue Filter besorgen oder sich Informationen holen über einen möglichen Giftgasangriff des Irak.

Jodtabletten werden verteilt, die vor atomarer Verstrahlung bei radioaktivem Scud-Regen schützen sollen, die Supermärkte melden ein Umsatzplus von bis zu 30 Prozent bei Wasser und Dosennahrung. Und der Bürgermeister von Ramat Gan, einer Stadt vor den Toren Tel Avivs, möchte nun seine 100000 Bewohner dafür erwärmen, im Falle eines Angriffs die Stadt ganz zu verlassen, in Richtung Süden. Nahe der Stadt Beer Schewa soll in einem Wald nach dem Willen Zvi Bars eine Zeltstadt zumindest für die Mütter und Kinder Ramat Gans errichtet werden, denn ohnehin würden die Bewohner ihre Häuser und Wohnungen verlassen wie schon im Golfkrieg, als Tel Aviv und seine Satellitenstädte verwaisten. Damals strömten die Menschen aus der Küstenregion vornehmlich nach Jerusalem, weil sie sich sicher waren, dass Saddam Hussein niemals die auch Muslimen heilige Stadt angreifen würde. Um Staus zu vermeiden und hohe Hotelkosten in Jerusalem, will der Bürgermeister seine Zeltstadt für umsonst anbieten. Er spekuliert auf ein Versprechen, das Bush Scharon gemacht haben soll: Dass Israel 48 Stunden vor einem Militärschlag informiert werde.

Vorsorglich hat die israelische Armee an mehreren Stellen entlang der Küste ihr Raketenabwehrsystem Arrow-2 in Stellung gebracht. Die USA, heißt es, würden Israel demnächst mit neuen Boden-Luft-Raketen vom Typ Patriot versorgen. In diesen Tagen wurde mit der prophylaktischen Impfung von 15000 Rettungssanitätern und Krankenhausangestellten gegen Pocken begonnen. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums versichert, innerhalb von vier Tagen könnte die gesamte israelische Bevölkerung gegen Pocken geimpft werden. Und selbst wenn alle rund sechs Millionen Israelis geimpft würden, verfügte Israel über Impfstoff für noch einmal zwei Millionen Menschen. Davon könnten dann etwa auch die rund 100000 Gastarbeiter aus dem Fernen Osten in Israel profitieren, die im Golfkrieg nur 24 Stunden vor dem Irak-Angriff Gasmasken zur Verfügung gestellt bekamen.

Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser und Generalstabschef Mosche Jaalon versichern bei jeder Gelegenheit, Israel sei "bestens" auf einen Irak- Schlag vorbereitet. Israelische Armee-Experten gehen davon aus, dass Saddam Hussein sogar unbemannte Flugzeuge nach Israel senden werde, die sich nach Art der Attentäter vom 11. September in Tel Aviver Hochhäuser bohren oder startende und landende Flugzeuge auf dem Flughafen Ben-Gurion bei Tel Aviv zum Absturz bringen werden. In manchen Szenarien wird dabei von Flugzeugbomben gesprochen, die mit radioaktivem Material oder mit Giftgasen gefüllt sein würden. Die Massenblätter Maariv und Jediot Achronot trommelten auf ihren Titelseiten mit Schlagzeilen wie "Auf dem Weg zum Krieg" oder "Kriegserklärung", als US-Präsident George Bush in seiner Rede vor den UN die Welt von einem zwingenden Machtwechsel in Bagdad überzeugen wollte. Mit Fotos und Symptombeschreibungen befassen sich die Medien mit den Themen Pocken, Milzbrand, Ebola und radioaktiver Gefahr.

Nach jüngsten Umfragen sind knapp 70 Prozent der Bevölkerung überzeugt, dass Israel bei einem Angriff Iraks nicht wie im Golfkrieg auf Vergeltung verzichten solle. Der 1991 amtierende israelische Premier Itzchak Schamir hatte dem US-Wunsch nachgegeben und auf eine israelische Reaktion nach dem Einschlag von 39 Scud-Raketen verzichtet. Die Raketen hatten etwa 7000 Wohnungen, Häuser und Geschäfte beschädigt und einen Israeli getötet. Er war vor Aufregung einem Herzinfarkt erlegen. Die USA wollten ihre Allianz, der auch arabische Staaten angehörten, nicht gefährden.

Pocken oder Anthrax

Regierungschef Ariel Scharon indes hat in den vergangenen Wochen mehrfach klar gemacht, dass Israel einen Irak-Angriff vergelten werde, womöglich auch mit atomaren Waffen. Israel könne den Irak innerhalb weniger Stunden "auslöschen", zitieren die Medien Armee-Offiziere. Den USA gefällt die Entschlossenheit überhaupt nicht, mit der Israel einem Irak-Angriff zu trotzen gewillt ist. Es mehren sich Berichte, wonach die USA versuchten, Scharon von seinem Rachekurs abzubringen. Die links-liberale Tageszeitung Haaretz spekuliert, dass Scharon im Schatten eines Irak-Krieges die Intifada mit aller Gewalt beenden werde. Als Vorwand könne ihm dann dienen, dass Saddam Hussein die Familien von Selbstmordattentätern mit jeweils 25000 US-Dollar entschädigt und die Palästinenserorganisation "Arab Liberation Front" alimentiert, die vornehmlich im Gaza-Streifen operiert. Auch hat der militärische Geheimdienst Aman in den vergangenen Monaten irakische Waffenlieferungen über den Grenzübergang Allenby an der jordanischen Grenze in das Westjordanland vereitelt.

Der Irak-Spezialist und Professor für Nahost-Geschichte an der Universität Haifa, Amatzia Baram, sieht einem möglichen Irak-Angriff "sehr gelassen entgegen". Nach seinen Angaben verfügt der Irak nur über 20 Scud-Raketen, von denen zehn mit biologischen Stoffen wie Pocken oder Anthrax und zehn mit chemischen Waffen gefüllt seien. Niemand könne sagen, wie einsatztüchtig die Raketen seien. Er bezweifelt aber, dass die Waffen auf den neuesten Stand gebracht sind: "Ich zittere nicht vor Saddam Husseins Waffen. Er kann uns Schaden zufügen, aber vernichten kann er uns nicht."

Ansichten aus Israel

hagalil.com 26-09-02

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