Meinungsfreiheit auch in schwierigen Zeiten:
Kritik ist auch an einer Einheits-
regierung notwendig und legitim
Der Sprecher der israelischen
Botschaft in Rom kritisierte Gideon Levi, den haArez-Berichterstatter
für die besetzten Gebiete. Levi hatte kürzlich bei einem Medienkongress
in Italien zusammen mit dem palästinensischen Menschenrechtsaktivisten
Bassem Id an einer Podiumsdiskussion teilgenommen und die israelische
Politik heftig angriff. Auch die haArez-Reporterin
Amira Hass wurde im Außenministerium kritisiert.
In Leitartikeln verteidigten in den letzten Tagen
mehrere Kommentatoren das Recht auf freie Meinungsäußerung und Kritik -
auch an der Einheitsregierung.
S. Plotzker (Jedioth) meint, dass es auf Dauer nicht
möglich ist die öffentliche Diskussion umstrittener Fragen zu
unterdrücken. Als Beispiel dafür zieht er den Widerstand gegen den
Libanonkrieg heran und fährt fort: "Auch der Konflikt mit den
Palästinensern ist reich an solchen umstrittenen Fragen - um nur eine zu
nennen: die Siedlungen.
Immer mehr Gewalt bringt uns
kein mehr an Sicherheit
Man ist sich auch hier nicht darüber
einig, was jetzt zu tun ist: Die Sprecher der Rechten wollen alle
Brücken abbrechen und nur angreifen. Die Linke mahnt, dass neben der
Peitsche auch das Zuckerbrot winken muss, weil ohne einen politischen
Plan die militärischen Angriffe uns nur immer tiefer in einen endlosen
Teufelskreis der Gewalt stürzen, der uns - und das ist noch schlimmer -
nicht einmal Sicherheit verspricht.
Israel erhebt den Anspruch darauf,
die einzige Demokratie im Nahen Osten zu sein, und im rechten Lager gibt
es solche, die den Arabern kein Zugeständnis machen wollen, solange sie
keine demokratischen Regime in ihren Ländern einführen.
Die ständige
Beleidigung
und Delegitimierung der Linken
Doch im eigenen Haus mehren sich die
Anzeichen dafür, dass eben diese Leute noch nicht begriffen haben, was
Demokratie ist. Genannt sei z. B. Minister Lieberman, der über den Mord
der Jungen in Tekoa sagte, Israelis, die eine Erhöhung der Budgets für
die Siedlungen ablehnten, seien ebenso schuld an dem Verbrechen wie die
Täter. Ein anderes Beispiel ist der MdK Kleiner, der nicht nur Arafat
und seine Leute Nazis nennt, sondern auch linke Politiker mit jenen
Juden vergleicht, die mit den Nazis kooperierten.
Eine derart krasse Ausdrucksweise
ist absolut fehl am Platz: Israels Kraft liegt gerade darin, dass es
eine Demokratie ist, und die Aufrechterhaltung einer Kommunikation mit
den Palästinensern ist lebenswichtig. Die Auseinandersetzung kann man
nicht unterdrücken. Auch das Friedenslager hat das Recht, seine Meinung
zum Ausdruck zu bringen - im Inland und im Ausland.
Scharon - ein
Linker?
Auf der anderen Seite mehrt sich die
Kritik des national-religiösen Lagers an der Politik der
Scharon-Peres-Regierung. Hier mehren sich in letzter Zeit Parolen die
auch Scharon vorwerfen Verrat an den "heiligen Idealen der
Siedlungspolitik" zu betreiben. Gegen Scharon wurde der berüchtigte
Todesfluch "Getilgt sei sein Name und sein Gedenken ausgerottet" zwar
noch nicht geschleudert, es mehren sich aber die Anzeichen, dass auch
Scharon in die Schusslinie der Radikalen geraten könnte.
haGalil onLine 14-05-2001
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